01 - Suche bissigen Vampir furs Leben
imitieren. „Ich fürchte, Lil ist, ahm, gerade nicht im Haus. Hier ist ihre persönliche Assistentin.“
„Wie bitte?“
„Evie. Mein Name ist Evie Dalton.“
„Hier spricht Jacqueline Marchette. Lillianas Mutter.“
„Was Sie nicht sagen. Es ist solch eine Ehre, endlich einmal mit Ihnen zu sprechen. Lil hat schon so viel Wunderbares von Ihnen erzählt.“
Meine Mutter zögerte, als wenn sie es mir nicht abkaufte. „Ach wirklich?“
„Natürlich! Es tut mir furchtbar leid, dass Sie sie verpasst haben, aber ich bin sicher, dass sie Sie gern zurückruft, sobald sie wieder hier ist.“
Das reichte. Auf gar keinen Fall würde ich das Wort „gern“ benutzen, wenn es darum ging, meine Mutter zurückzurufen.
„Sagen Sie ihr, sie soll mich so bald wie möglich anrufen. Es ist unbedingt notwendig, dass ich auf der Stelle mit ihr rede.“
„Wird erledigt. Ich möchte Ihnen nur noch sagen, was für eine wunderbare Tochter Sie haben.“
„Nun, äh, vielen Dank.“
„Das meine ich ernst. Sie ist wirklich umwerfend.“ „Sie war schon immer eine Schönheit.“ „Und brillant.“
„Na ja, sie kommt halt ganz nach mir.“
„Offensichtlich. Machen Sie's gut. Es war wirklich schön, mit Ihnen zu plaudern.“ Ich ignorierte einen kurzen Anfall von Schuldbewusstsein, schob das Telefon wieder in die Ladestation und blickte auf, wobei ich Tys Blick begegnete, der mich kritisch musterte. „Ich konnte ihr doch nicht sagen, dass ich zu beschäftigt bin, um mit ihr zu reden. Das hätte ihre Gefühle verletzt.“
„Ich wäre gern kurz vor die Tür gegangen, damit Sie den Anruf entgegennehmen können.“
„Das sagen Sie mir jetzt?“ Ich bemühte mich, verärgert auszusehen, als ich mich nun in meinem Stuhl zurücklehnte und ihn mit einer Geste aufforderte, mir gegenüber Platz zu nehmen . „Also, was haben diese Entführungen mit mir zu tun?“
„Nichts.“ Er beugte sich vor und stützte die Ellbogen auf die Knie. „Noch nicht.“
„Sie arbeiten also für ein Kautionsbüro?“ Ich musterte Ty.
Auch wenn ich nicht viel fernsah, so fand ich doch Zeit zu lesen - zwischen meinen Pediküren. Ich liebte Janet Evanovichs Romane mit der Protagonistin Stephanie Plum.
„Ab und zu.“ Er zuckte mit den Schultern. „Meist arbeite ich allein. Das FBI zahlt ziemlich gut, wenn man ihnen einen von ihrer Most-Wanted-Liste vorbeibringt.“
Ich bemerkte die TAG Heuer aus Edelstahl an seinem Handgelenk. Ich kannte nur einen einzigen Menschen, der einen ähnlichen Beruf wie er ausübte: eine Hundefängerin, die ich mal durch meinen jüngsten Bruder Jack kennengelernt hatte (er war mit ihr ausgegangen und sie hatte ihn angebetet - richtig schlimm). Sie hatte immer einen weißen Overall an und roch nach Flohpuder.
Außerdem trug sie eine sabberfeste Timex. „Sie müssen wirklich gut in Ihrem Beruf sein.“
Er zuckte mit den Schultern. „Ich komme zurecht.“
Mir kam der Gedanke, dass ich vielleicht meine Berufswahl noch einmal überdenken und ernsthaft in Betracht ziehen sollte, selbst mal ein paar Bösewichter aufzuspüren. Nicht dass ich auch nur die geringste Ahnung hatte, wo ich anfangen sollte. Aber das könnte ich ja von, sagen wir mal, Ty lernen. Er wäre der harte Kerl und Hauptkopfgeldjäger und ich könnte seine Gehilfin sein. Zusammen würden wir dann auf der ganzen Welt böse Buben ihrer gerechten Bestrafung entgegenführen. Er könnte mir alle Tricks und Kniffe (vielleicht auch mit dem Lasso .. ) beibringen. Und ein paar davon mal an mir ausprobieren.
4
„Handschellen.“ „Wie bitte?“
„Er fesselt seine Opfer nicht mit einem Lasso. Er legt ihnen Handschellen an.
Die Entführungen haben in Los Angeles begonnen“, fuhr er fort, bevor ich auf die Tatsache hinweisen konnte, dass er soeben meine Gedanken gelesen hatte.
Aber es war verdammt noch mal vollkommen unmöglich, dass er meine Gedanken lesen konnte.
Vampire waren nicht dazu in der Lage, die Gedanken anderer Vampire zu lesen. Sie konnten Gedanken projizieren, und falls der Adressat offen dafür war, kamen sie in die Lage, ohne Worte zu kommunizieren - in Grenzen. Aber jemandes Gedanken lesen ...
Das war unmöglich. Oder?
Doch. Nein.
Oder vielleicht war das ein Einzelfall. Vielleicht konnte er aus irgendeinem verrückten Grund ausgerechnet meine Gedanken lesen. Nur meine.
Und aus welchem Grund sollte das der Fall sein?
Ich wusste es nicht. Vielleicht waren wir auf kosmische Art und Weise miteinander verbunden. Vielleicht lagen wir
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