01 - Suche bissigen Vampir furs Leben
Reifröcke verschlafen.
Bis heute.
Ich hatte zwar versucht, die Augen zu schließen, aber jedes Mal habe ich dann in das Gesicht des vermissten Mädchens sehen müssen.
Schon gut, vielleicht nicht jedes Mal. Ein paarmal (ziemlich häufig, zugegebenermaßen) hatte ich Ty vor mir gesehen. Und seine Fingerspitzen auf meiner Wange gespürt. Und mir vorgestellt, wie seine Berührung über meinen ganzen Körper nach unten wandert, über meine Brüste, zwischen meine Beine und -
„Geht es Ihnen wirklich gut?“, unterbrach Evies Stimme meine Gedankengänge.
Gut gemacht, Evie.
„Mir geht's gut. Ich bin nur ein bisschen müde.“
„Sie brauchen das wohl nötiger als ich.“ Sie gab mir den Becher mit dem Kaffee zurück und sprang auf. „Jeanine Booker ist in Raum A - sie ist eine von denen, die Ihre Visitenkarte letztens in der Bibliothek bekommen haben - und Connie Laramie müsste jetzt jede Minute kommen, um einen Fragebogen auszufüllen. Sie kennt uns auch durch die Aktion in der Bibliothek. Mit den beiden ergibt das dann insgesamt zwölf neue Kunden heute, und die verdanken wir sämtlich der Bibliothek, bis auf einen oder zwei, die durch Moe's auf uns aufmerksam geworden sind. Und nicht ein Einziger von denen ist nur wegen des Gratis-Profils gekommen. Sie bezahlen tatsächlich für unsere Dienste!“ Sie überreichte mir einen kleinen Stapel Schecks.
„Anzahlungen für diverse Pakete.“
„Ist nicht wahr!“
Sie grinste. „Und ob! Natürlich sind ein paar auch nur wegen des kostenlosen Kaffees und der Kekse hier gewesen.“
„Was denn für kostenloser Kaffee und was für Kekse?“
„Der kostenlose Kaffee und die Kekse, die ich in der Annonce erwähnt habe, die Sie in allen regionalen Single-Magazinen aufgegeben haben.“ Ein Anflug von Beunruhigung huschte über ihr Gesicht. „Ich hoffe, das macht Ihnen nichts aus. Als Sie mir den Text rüberschickten, sah er so ein bisschen nichtssagend aus. Da fehlte noch etwas Würze. Irgendein Anreiz, damit die Leute herkommen und sich ansehen, was wir so zu bieten haben. Ich hatte zuerst darüber nachgedacht, kostenlose Kondome zu verteilen - eine Freundin von mir arbeitet drüben bei The Pleasure Chest auf der Siebten und würde sie uns zum Selbstkostenpreis überlassen. Aber dann dachte ich doch, dass das vielleicht nicht ganz die richtige Botschaft rüberbringt. Schließlich geht es bei uns darum, den Traumpartner fürs Leben zu finden. Und nicht nur jemanden, bei dem der Traum schon nach einer Nacht ausgeträumt ist.“
„Gut mitgedacht.“
Evie lächelte und griff nach einem weiteren Stapel. „Sie haben zwölf Nachrichten.“
Mein Gesicht leuchtete auf. „Noch mehr Kunden?“
„Acht sind von Ihrer Mutter. Esther Crutch hat angerufen. Und dann war da noch eine Dame, die Ihnen eine Lebensversicherung verkaufen wollte. Und Melissa hat zweimal angerufen, um uns wegen der Hochzeit ihrer Schwester auf den neuesten Stand zu bringen.“ Sie lächelte. „Wir haben einen Lauf, Sie sollten sich freuen.“
„Was ist mit Francis? Irgendwelche Anrufe?“ Gestern hatte ich auf dem Weg zur Jagd ein paarmal versucht, ihn zu erreichen, hatte aber immer nur seinen Anrufbeantworter drangehabt.
„Nein.“
Okay, so langsam begann ich mir Sorgen zu machen. Zwei Anrufe von Melissa, kein einziger von Francis. Vermutlich war sie inzwischen ziemlich sauer auf mich - und er spielte Verstecken mit mir.
„Soll ich ihn für Sie anrufen?“
„Ich versuch's selbst noch mal. Ich bin dann in meinem Büro.“ Aber zuerst steckte ich meinen Kopf in Raum A und stellte mich Jeanine vor - das ist der Code für „Ich habe meine Vampirkräfte benutzt, um sie abzuchecken und mich zu vergewissern, dass sie nicht der mutmaßliche Mörder im Transenfummel war.“ Sie saß dort, aß Kekse und trank kostenlosen Kaffee.
Dann ließ ich mich auf meinen Stuhl sinken, atmete den Duft des Mokka Latte ein und ließ das Aroma ein paar der Spinnennetze verjagen, die mir den Kopf verkleisterten. Schließlich widmete ich mich den Schecks, die ich innerhalb von weniger als sechzig Sekunden fertig gemacht hatte, und füllte einen Einzahlungsschein aus. Danach rief ich Evie, die gleich darauf zu mir ins Büro kam.
„Können Sie die auf Ihrem Heimweg in den Nachttresor der Bank einwerfen?“
„Sind Sie schon damit fertig?“
„Was soll ich sagen? Das ist alles ganz schön spannend.“ Sie warf mir einen neugierigen Blick zu, den ich aber ignorierte. Stattdessen schnappte ich mir den Stapel
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