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01 - Tage der Sehnsucht

01 - Tage der Sehnsucht

Titel: 01 - Tage der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
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ungeschultes Auge erkannte, dass es
sich um eine vorzüglich gearbeitete und exquisit geschnittene Robe handelte.
Sie war aus duftigem geblümten Musselin. Darüber trug Fiona ein kurzes
Jäckchen, dessen aufgestellter Kragen ihr Gesicht vorteilhaft umrahmte. Rosen
in Altgold verzierten ihren Strohhut und passten vorzüglich zu der goldenen
Blumenstickerei des Kleides.
    »Du hast eine neue
Haube«, bemerkte Mr. Sinclair schließlich.
    »Es ist dieselbe
Haube, die ich schon im Park- getragen habe«, erwiderte Fiona. »Ich habe
nur den Rand gerade gebogen und sie etwas verschönert.«
    »So viel Geld, dass
du die Seide für all die Rosen kaufen konntest, habe ich dir sicher nicht
gegeben.«
    »Nein.« Fiona
gähnte und blickte prüfend in ihr Handtäschchen, das ebenfalls aus goldfarbener
Seide bestand.
    »Woher hast du sie
dann?« wollte Mr. Sinclair ungeduldig wissen.
    Eine schmale Falte
beeinträchtigte die makellose Schönheit von Fionas Stirn. »Ich habe
beschlossen, den Earl of Harrington zu heiraten«, war ihre Antwort.
    »Du hast nicht mehr
alle Tassen im Schrank, Mädchen«, fauchte Mr. Sinclair und vergaß vor lauter
Verblüffung die Rosen. Seine Nerven waren überreizt. Er fühlte sich in London
überflüssig und fremd. Er hatte Sehnsucht nach Schottland und vermisste die
Schenken von Edinburgh. Auch der weiche schottische Akzent und das schottische
Bier fehlten ihm. Außerdem mochte er die Engländer nicht und merkte jetzt, dass
er sie eigentlich nie gemocht hatte. Man wußte nie, wie man mit ihnen dran war.
Hatte ein Schotte jemanden gern, so galt es fürs ganze Leben. Ein Engländer
hingegen, so schien es ihm, legte auf eine Freundschaft nur so lange Wert, wie
man etwas Zu
vergeben
hatte, sei es nun Geld, eine Stellung oder ein Titel.
    Mr. Sinclair holte
tief Luft. »Ich habe von Harrington gehört. Er ist in den Dreißigern, unverheiratet
und sagt ganz offen, dass er nicht heiraten will, solange er nicht eine ihm
gleichwertige Frau findet, die ihm gesunde Söhne schenkt. Man hat ihn oft sagen
hören, es sei beschämend, dass die Menschen bei der Aufzucht von Hunden und
Pferden so viel Zeit und Mühe auf einen guten Stammbaum verwenden, aber bei
ihren eigenen Kindern nicht so verfahren. Bei Pardon hat er nicht das geringste
Interesse für dich gezeigt. Er wird sich eine Aristokratin mit abweisendem
Gesicht und breiten, gebärfähigen Hüften sowie einem stattlichen Vermögen
suchen. Verdreh lieber einem Mitglied des Landadels so den Kopf, dass es ihm
nichts ausmacht wenn er schließlich von deiner Armut erfährt. Und beeile dich
etwas damit! Wir hatten achthundert Guineen, bevor wir Edinburgh verließen,
genug, um uns in Schottland damit längere Zeit über Wasser zu halten.«
    »Ja, Papa«, sagte
Fiona gelassen. »Aber ich möchte wirklich lieber den Earl haben.«
    »Mag sein, doch das
kannst du nicht. Warum willst du ihn überhaupt? Du hast bisher nicht das geringste
Interesse an einem Mann gezeigt, der dir begegnet ist.«
    »Ich mag seine
Augen«, sagte Fiona verträumt. »Er hat sehr schöne Augen.«
    »Gebe Gott, dass
mir nicht die Geduld ausgeht!« Mr. Sinclairs Miene wurde etwas milder, als er
die leichte Verwirrung in Fionas Augen sah, die sie noch reizender erscheinen
ließ. »Du bist nur ein einfaches Mädchen aus Edinburgh«, sagte er, »und
brauchst meine Führung. Also, das Thema Harrington ist für uns erledigt. Durch
einige unserer neuen Freunde bin ich genau über ihn informiert. Er ist nichts
für dich. Wenn du auch vielleicht nicht die Intelligenteste bist, so hast du
doch auch deine Vorzüge. Du kannst zum Beispiel sehr geschickt mit der Nadel
umgehen. Haben sie dir das im Waisenhaus beigebracht?«
    »0 nein. Ihr Bruder
hat extra eine Näherin eingestellt. Und eine Gouvernante.«
    »Das sieht ihm gar
nicht ähnlich. Er muss sich dabei etwas gedacht haben.«
    »Das glaube ich
nicht«, erwiderte Fiona völlig verblüfft. »Er sagte, es gebe viele
Möglichkeiten, wie ich ihn belohnen könne, wenn er eine Dame aus mir mache.«
    »Da kann ich nicht
mitreden«, meinte Mr. Sinclair trocken.
    »Jetzt musst du
aber gehen, und nimm Joseph mit! Dieser Lackaffe soll bei Lady Disher warten
und dich wieder nach Hause bringen.«
    Joseph war
entzückt, ihr gefällig sein zu können. jetzt, da Miß Sinclair nicht länger in
einen Mantel vermummt war, würden sie, wie er wußte, im Zentrum der
Aufmerksamkeit stehen.
    Mr. Sinclair trat
ans Fenster, um ihnen nachzusehen, wie sie die Straße hinuntergingen.

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