Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
01 - Tage der Sehnsucht

01 - Tage der Sehnsucht

Titel: 01 - Tage der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
Vom Netzwerk:
abzuwenden, da
bemerkte er mit seinen scharfen Augen, wie ein knorriger kleiner Mann in einem
einfachen Barchentmantel und in Kniehosen sich an Fiona heranmachte. Gerade
konnte er noch sehen, dass der Mann den oberen Teil seines Gesichtes mit dem
Hut verdeckt hatte und den unteren mit einem breiten Schal, als er versuchte,
Fiona die Handtasche zu entreißen.
    Fiona umklammerte
ihr Eigentum mit festem Griff.
    Seamus - denn
um ihn handelte es sich - hob die Faust, um auf Fiona einzuschlagen, aber
Joseph packte ihn am Kragen. Der andere drehte sich herum und verpasste ihm
einen derben Schlag auf die Nase. Joseph brach in Tränen aus, bedeckte sein
Gesicht und jammerte laut. Das alles war eine Sache von Sekunden. Beim erneuten
Versuch, Fiona die Tasche zu entreißen, hörte Seamus plötzlich Schritte und
sah, wie Lord Harrington auf ihn zustürzte. Seamus warf nur einen angstvollen
Blick in die vor Wut funkelnden Augen Lord Harringtons, auf seine geballten
Fäuste und seine breiten Schultern und lief, so schnell ihn die Beine trugen,
vom Ort seiner Schandtat weg. Er hörte Lord Harrington hinter sich herlaufen
und floh in eine Taverne in der Oxford Street. Dort brach er sich Bahn zu den
hinteren Räumen, die er dann durch die Tür zum Hof verließ. Er überstieg eine
Mauer und eilte durch ein Netz verzweigter Gassen. Erst als er nicht mehr den
Verfolgerschritt hinter sich hörte, blieb er stehen, um Atem zu schöpfen.
    Lord Harrington,
der Seamus' Spur verloren hatte, begab sich fast ebenso schnell zum Hanover
Square zurück. Joseph lehnte gegen ein Geländer, und Fiona versuchte
vergeblich, das Blut, das aus der Nase des Lakaien floss, mit einem winzigen
Spitzentaschentuch zu stillen.
    »Ich verstehe
nicht, warum die Damen so lächerlich kleine Dinger bei sich haben«, meinte Lord
Harrington.
    »Es ist nicht mein Taschentuch«,
sagte Fiona und griff nach dem größeren, das ihr Lord Harrington darbot. »Es
gehört Joseph.«
    »Oh, ich sterbe«,
jammerte Joseph.
    »Kommen Sie mit«,
sagte der Earl scharf. »Meine Diener werden Sie säubern. Los, Mann, oder ich
gebe Ihnen einen Tritt in den Hintern!«
    Joseph folgte Fiona
und dem Earl.
    »Und Sie, Miß
Sinclair«, sagte dieser, »könnten so lange bei mir eine Erfrischung zu sich
nehmen, bis Ihr Diener fähig ist, Sie nach Hause zu begleiten.«
    »Seien Sie nicht so
streng zu Joseph«, bat Fiona. »Oh, mein Korb!«
    Der Earl drehte
sich um und sah den zurückgelassenen Korb unter dem Fliederbusch stehen. Es
schien einfacher, ihn selbst zu holen, als den schlappen Joseph dazu
aufzufordern.
    Im Hause des Earl
begab sich Joseph schluchzend die Treppe hinab in die Küche, während sich Fiona
mit Interesse umblickte. Das Haus war viel größer als Clarges Street 67 und
hatte Räume zu beiden Seiten des prächtigen Treppenhauses. Es war in der Tat
ungewöhnlich groß. Denn den meisten Aristokraten widerstrebte es immer noch,
viel für eine Bleibe in London auszugeben, da ihr ganzes Interesse ihren
Herrenhäusern und ihrem Grundbesitz auf dem Land galt.
    Der Earl ging durch
die dämmerige Halle voraus, die mit schwarzweiß polierten Fliesen ausgelegt
war, und führte Fiona in die Bibliothek. Das war ein großer, düsterer, von
Büchern umsäumter Raum. Zwei Porträts von Herren mit ausgeprägten Nasen und
gepuderten Perücken hingen in der dunkelsten Ecke der Bibliothek, als wären sie
gleichsam in Ungnade gefallen. Am Ende des Raumes blickten schmale Fenster auf
einen verwilderten Garten hinaus.
    Der Earl läutete
beim Kamin mit einer Glocke, und als ein dicker Butler erschien, sagte der Earl
kurzangebunden: »Holen Sie Mrs. Grimes!«
    Mit einer
Verbeugung zog sich der Butler zurück. In kürzester Zeit erschien eine
Haushälterin, deren Gewand vor Stärke knisterte.
    »Nehmen Sie an der
Tür Platz, Mrs. Grimes!« befahl der Earl und sagte zu dem herumstehenden
Butler: »Holen Sie Wein und Gebäck! - Jetzt haben wir die richtige
Aufsicht«, fuhr er ohne eine Spur von Humor fort. »Bitte nehmen Sie Platz, Miß
Sinclair!«
    Fiona lächelte
unbestimmt und setzte sich hin.
    »Es tut mir leid, dass
ich den Mann, der Sie attackiert hat, nicht erwischt habe. Es ist ungewöhnlich,
dass eine Dame in diesem Stadtteil am helllichten Tag angegriffen wird«, meinte
der Earl. »Sie hatten doch sicher keinen Schmuck oder Geld bei sich?«
    »Ich habe sehr viel
Geld bei mir«, erwiderte Fiona.
    »Darf ich fragen,
wie das kommt?« erkundigte sich Lord Harrington.
    »Ich habe den Betrag
beim

Weitere Kostenlose Bücher