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01 - Tage der Sehnsucht

01 - Tage der Sehnsucht

Titel: 01 - Tage der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
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einer
Stufe mit Rainbird, und so ließen ihn Alice und Jenny schon deshalb kalt, weil
sie als einfaches Hausmädchen beziehungsweise als Zofe seiner Ansicht nach weit
unter ihm standen.
    Nach zwei Stunden
sagte Luke seufzend, dass er jetzt wieder nach Hause müsse, denn er habe noch
das Speisezimmer für ein spätes Nachtmahl herzurichten.
    Auf dem Heimweg
klammerte sich Joseph leicht torkelnd an Lukes Arm. Der anhaltende Genuß von
heißem Wacholder schnaps hatte ihn in eine angenehme Stimmung versetzt, ihn
aber auch seiner Kräfte beraubt.
    Die Hitze des Tages
hatte sich gelegt, und in der Luft lag jener für London im Frühling typische
Geruch, gemischt aus Pferdeäpfeln, schlechter Kanalisation, Blütenduft, jungen
Blättern, Patschull und Wein.
    »Diese Miß Nancy
von den Brewers«, sagte Joseph, der den Schluckauf hatte, »ginge sicher gern
mit dir, wenn du sie nur fragen würdest.«
    »Vielleicht«,
erwiderte Luke. »Aber klammere dich nicht so fest an mich. Du brichst mir
beinahe den Arm.«
    Joseph ließ ihn los
und sah sich strahlend um. Er liebte die ganze Welt. Es gefiel ihm, ein Lakai
zu sein. Selbst die Pflastersteine auf der Straße waren ihm sympathisch.
    Luke blieb vor
Nummer 67 stehen. »Am besten gehe ich gleich weiter«, sagte er, »sonst bekomme
ich es noch mit dem alten Blenkinsop zu tun.« Er hatte sich schon halb
abgewandt, als er auf einmal stehen blieb und mit offenem Mund die Außentreppe
hinunterblickte. Alice, das Hausmädchen, hatte ihr Häubchen abgenommen, saß
verträumt in halber Höhe der Treppe und kämmt gerade ihre langen blonden
Locken.
    »Wer ist das?«
fragte Luke.
    »Das ist unsere
Alice. Du kennst doch Alice?« erklärte Joseph ärgerlich.
    »Kann mich nicht
erinnern«, sagte Luke. Dann rief er mit lauter Stimme: »'n Abend, Miß Alice.«
    Die Angerufene
legte die Bürste beiseite. Sie blickte auf und lächelte Luke freundlich an.
Dann erhob sie sich und kam langsam die Treppe herauf. »Du bist Luke, nicht
wahr?« erkundigte sie sich.
    »Stimmt«, erwiderte
Luke eifrig. »Sie haben schönes Haar, Miß Alice.«
    Alice warf den Kopf
hin und her, und eine blonde Strähne streifte Lukes Gesicht. Er griff nach ihr,
wickelte sie sich um die Finger und blickte Alice lächelnd in die Augen.
    Joseph war
entsetzt. Er vermeinte noch nie eine derart empörende Szene gesehen zu haben.
Hatte Luke nicht erst im Jahr zuvor mit ihm das traurige Verhalten von Lord
Chumleys erstem Lakaien heftig bedauert, der so tief gesunken war, sich in eine
Dienstmagd zu verlieben? Gott hatte jeden an einen bestimmten Platz gestellt,
und wer diese strenge Ordnung nach oben oder unten zu durchbrechen suchte,
würde in die Hölle kommen. Zutiefst schockiert stapfte er die Stufen hinunter.
Die aufheiternde Wirkung des Schnapses ließ nach und machte einem bitteren
Groll gegen die ganze Welt Platz. Die erste Person, die ihm beim Eintritt in
die Gesindestube vor Augen kam, war Lizzie.
    »Nun, gnädige
Frau«, sagte er und stolperte vorwärts. »Sie wünschten mir Übles, und das ist
auch eingetroffen, Sie Luder.«
    Rainbird und
MacGregor sprangen gleichzeitig auf.
    Draußen lauschte
Luke wie gebannt auf Alices leise Stimme. Keiner von beiden achtete auf das
Wehklagen, das von unten heraufdrang, als der Koch und der Butler Josephs Kopf
unter die Pumpe in der Spülküche hielten.

    Während Fiona weiterhin, in den Häusern der
habgierigen Spielerinnen Londons bedeutende Summen gewann, verbrachte der Earl
of Harrington die Tage vor dem Empfang bei den Bascombes vorwiegend mit dem
Versuch, nicht an Miß Fiona Sinclair zu denken. Er hatte gehört, sie werde an
der Abendgesellschaft teilnehmen. Wer wußte das nicht? Er, redete sich ein,
pure Neugier habe ihn auf dem Postweg um Auskunft über die Sinclairs nachsuchen
lassen. Immer wieder musste er daran denken, dass er wahrscheinlich schon in
einer Woche Genaueres wissen würde, da die Post wenig mehr als fünfundvierzig
Stunden bis Edinburgh brauchte.
    Als er sich
schließlich für den Empfang bei den Bascombes in deren Villa in der Green
Street ankleidete, konnte er sich nicht länger verhehlen, dass er sich darauf
freute, die ungewöhnliche Miß Sinclair wiederzusehen. Eine Frau, die sich dafür
interessierte, was im In- und Ausland geschah, wich sicherlich vom
Durchschnitt ab. Dennoch war er überzeugt, dass sie sich bei einer weiteren
Begegnung als genauso nichtssagend und uninteressant erweisen werde wie die
anderen Damen der Gesellschaft. .Er war gerade mit dem

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