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01 - Tage der Sehnsucht

01 - Tage der Sehnsucht

Titel: 01 - Tage der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
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Ankleiden fertig, hatte
einen schwarzen Mantel und seidene Kniehosen angelegt und Schuhe mit
Diamantschnallen angezogen, als sein Freund Toby Masters hereinspaziert kam.
    »Prächtig wie ein
Pfau«, sagte Mr. Masters grinsend, während er die glanzvolle Aufmachung des
Lords in Augenschein nahm. »Geschieht das zu Ehren von Miß Sinclair?«
    »Ich zweifle ob sie
es merken würde, wenn ich im Adamskostüm erschiene, so zerstreut und verträumt
wie sie ist«, sagte der Earl. »Deshalb habe ich sie schon einmal aus tödlicher
Gefahr retten müssen.«
    »Wann war das?«
    »Vor ein paar
Tagen. Sie. stand gerade auf dem Hanover Square, bewegungslos wie eine Statue,
als ein kleiner Mann ihr das Handtäschchen zu entreißen suchte. Ich bewirtete
sie dann mit Wein und sprach ihr Trost zu.«
    »Du Glückspilz! Du
bist uns allen zuvorgekommen.«
    »Mitnichten. Miß
Fiona gähnte mir ins Gesicht.«
    »Ein seltsames
Mädchen ... Neulich abends traf ich bei den Cunninghams zwei höchst merkwürdige
weibliche Geschöpfe Miß Plumtree und Miß Giles-Denton. Sie behaupteten,
sie kennen dich sehr gut.«
    »Sie waren beide
auf Pardons Abendgesellschaft. Zwei einfältige junge Dinger.«
    »Du bist zu streng.
Miß Plumtree war ganz nett. Ein Mann von meiner Leibesfülle und meinem Aussehen
muss sich notgedrungen unter den bescheidensten Blumen umsehen.«
    »Du bist ein
gutsituierter und liebenswerter Mann«, tröstete ihn der Earl, »und das sollte
für eine Dame von Geist und kritischem Urteil Empfehlung genug sein.«
    »Vielleicht erweist
sich Miß Fiona als eine solche Frau.«
    »Vielleicht.
Obgleich ich denke, dass sie die meiste Zeit schläft.«
    »Sie spielt ein
gewagtes Spiel, habe ich mir sagen lassen«, sagte Mr. Masters, während er mit
einem Anflug von Neid beobachtete, wie sich der Earl mit einer geschmeidigen
Bewegung niederbeugte, um eine Fluse von seinem seidenen Strumpf zu entfernen. »Es
scheint, dass sie in den Spielhöllen der Damen denen das Fell über die Ohren
zieht, die sonst die anderen schröpfen.«
    »Sie war, glaube
ich, bei Lady Disher«, meinte der Earl, verzichtete aber darauf zu erwähnen, dass
die schöne Fiona beim Kartenspiel die anderen betrogen hatte. Eigentlich habe
ich doch gar keinen Grund, gegen meinen Freund verschwiegen zu sein, dachte er.
Toby tratschte mit niemandem außer ihm. Doch die Rücksichtnahme auf Fiona war
stärker, wenn es ihn auch ärgerte, dass er selbst bei seinem engsten Freund
ihren Ruf schonte. So sagte er nur: »Ich vermute sogar, dass der geheimnisvolle
Angreifer einer von Lady Dishers Dienern war.« Er beugte sich vor und
überprüfte die komplizierten Schleifen seiner Krawatte im Spiegel.
    »Beeil dich«, sagte
Mr. Masters ungeduldig. »Du könntest mich dieser reizenden Schönen vorstellen.«

    Das Stadthaus von Lord und Lady Bascombe
war hell erleuchtet, als sie sich ihm in der Dämmerung näherten. Die beiden
Männer hatten nämlich beschlossen, die kurze Strecke zwischen dem Hanover
Square und der Green Street zu Fuß zurückzulegen.
    Vor dem Gebäude
kämpften unter Schreien und Fluchen die Kutscher um die Standplätze, und auf
der überfüllten Treppe zu den oberen Räumen herrschte ein fürchterliches Gestoße
und Gedränge. Denn es war Sitte, zu solchen Abendgesellschaften viel mehr Gäste
einzuladen, als das Haus bequem aufnehmen konnte.
    Der Earl und Mr.
Masters hielten Hut, Handschuhe und Spazierstock fest umklammert, um sie dann
hinter irgendeinem Vorhang im ersten Stock zu verbergen. Hatte sie doch
langjährige Erfahrung auf solchen Gesellschaften gelehrt, dass andere Herren
dazu neigten, fremde Utensilien an sich zu nehmen, wenn sie teurer als die
eigenen aussahen.
    Tatsächlich legte
die gesamte, durch und durch scheinheilige Gesellschaft nur Lippenbekenntnisse
zu den zehn Geboten ab und beging im übrigen Ehebruch, stahl und betrog beim
Kartenspiel.
Nur
das elfte Gebot zählte: »Du sollst dich nicht erwischen lassen.« Entdeckt zu
werden war eine abscheuliche Sünde.
    Mr. Masters
brauchte den Earl nicht erst zu bitten, ihn auf Miß Sinclair aufmerksam zu
machen.
    Die strahlende
Schönheit, die von dem berühmten Dandy George Brummell mit Beschlag belegt
wurde, konnte niemand anders sein als Fiona. Selbst der Earl, der geglaubt
hatte, dass ihn ihr gutes Aussehen nicht mehr berühren könne, hielt den Atem
an.
    Ihr glänzendes
schwarzes Haar war im neuesten griechischen Stil frisiert und ohne jeden
Schmuck. Dazu passte vorzüglich ein scheinbar einfaches

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