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01-Unsterblich wie die Nacht-redigiert-25.10.12

01-Unsterblich wie die Nacht-redigiert-25.10.12

Titel: 01-Unsterblich wie die Nacht-redigiert-25.10.12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mina Hepsen
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am Oberkopf schon ein wenig schütter wurde, richtete er sich hastig auf und strich mit einer pummeligen Hand die fünf Haare über der glänzenden Stelle glatt. Dann strahlte er zu seinem Gegenüber auf, ein Lächeln, das aufgrund der Schokoladenschmiere, die auf seinen weit auseinanderstehenden Vorderzähnen klebte, ein wenig an Charme verlor.
    »Was für eine Ehre, eine Ehre, Sie hier auf meinem Ball begrüßen zu dürfen, mein lieber, lieber Prinz Alexander! Meine Frau ist außer sich vor Freude, yes, yes, yes. Und wenn sie außer sich vor Freude ist, kriegen wir hier immer die schönsten … hach …«
    Das Männchen starrte einen Moment lang mit glasigen Augen ins Leere. Seine pummeligen Wurstfinger, an denen zahlreiche Diamantringe funkelten, zuckten erregt.
    Alexander fühlte sich ausgesprochen unwohl unter den lächelnden Blicken der Umstehenden. Worüber freute sich dieser Mann nur so? Er musste nicht lange warten, um es herauszufinden.
    »Torten und Pasteten und exotische Früchte, yes, yes, yes!« Lord Higgins’ Stimme war bei diesen Worten die Oktavleiter hinaufgeklettert, bis er zeitgleich mit den ›exotischen Früchten‹ den obersten Ton erreicht hatte. Einige Tanzpaare gerieten ins Stolpern und blickten herüber, um zu sehen, wer diesen Spektakel veranstaltete.
    Der kleine Lord jedoch nahm nichts davon wahr. Er fuchtelte mit den behandschuhten Händen herum und stieß dabei Laute aus, die man für Gelächter hätte halten können, wären sie weniger schrill gewesen. » Zwei  russische Prinzen auf meinem Ball. Zwei auf einen Streich! Meine Frau wird mir Kuchen dafür backen, yes, yes, yes. Und Schokolade! Mein Gott, sie wird die köstlichsten Pralinen servieren.« Lord Higgins verfiel in ehrfürchtiges Schweigen, den Blick, wie es schien, auf ein unsichtbares Schlaraffenland gerichtet.
    Dann, als er merkte, dass sein Arm noch in der Luft hing, kam er mit einem Ruck zu sich und legte die Hände auf seinen kugelrunden Bauch.
    Alexander wusste beim besten Willen nicht, was für eine Antwort der Mann von ihm erwartete. Er hatte wirklich keine Zeit für diesen Unfug, aber den Gastgeber abzuwimmeln ging ja wohl schlecht. Er war einen Moment lang versucht, einen Gedanken in sein Hirn zu pflanzen, der ihn dazu veranlasste, das Weite zu suchen, verwarf ihn jedoch wieder. Lord Higgins machte ohnehin keinen allzu stabilen Eindruck, und er wollte seinem Verstand keinen Schaden zufügen. Oder besser gesagt: noch mehr Schaden zufügen.
    »Noch ein russischer Prinz, sagen Sie?« Alexander heuchelte Interesse. »Dann muss ich ihn sogleich aufsuchen. Sie entschuldigen mich?« Aber Alexander hatte erst zwei Schritte gemacht, als ihn die Stimme seines Gastgebers zurückpfiff.
    »Warten Sie, hier ist er doch schon!« Lord Higgins katapultierte sich wie ein Gummiball ins Getümmel. Alexander blickte ihm mit kaum verhohlener Gereiztheit nach.
    Er schloss die Augen und presste Zeigefinger und Daumen auf seinen Nasenrücken. Was für ein verdammt langer Abend!
    »Mein lieber Prinz, hier ist er: Prinz Mikhail Belanow.« Lord Higgins zerrte einen gequält dreinblickenden jungen Mann hinter sich her. »Prinz Belanow, Prinz Kourakin«, rief er mit einer weiteren ausladenden Verbeugung, die abrupt abgebrochen wurde, dann verschwand er und ließ die zwei Männer allein.
    Sehr zur Erleichterung der beiden.
    »Unglaublich, dass ein so ein kleiner Mann einen so großen Wirbel verursachen kann«, brummte Mikhail und blickte dem temperamentvollen Lord hinterher, der soeben mit flatternden Armen eine andere Gästegruppe heimsuchte.
    Alexander durchsuchte rasch Mikhails Gedanken nach Spuren von Sergej und nickte dann zustimmend. »Er sollte stolz darauf sein, uns einander vorgestellt zu haben. Zweifellos wird seine Frau ihn mit Extrarationen Schokolade für seine Großtat belohnen.« Dieser trockene Kommentar war ihm herausgerutscht, bevor er es verhindern konnte. Alexander, der äußerlich keine Miene verzog, war verblüfft: Wann hatte er zum letzten Mal einen Scherz gemacht?
    Mikhail bot ihm grinsend die Hand. »Yes, yes, yes, viel, viel Schokolade.«
    Alexanders Mundwinkel zuckten, während er dem jungen Russen die Hand drückte. Es war ihm bisher zwar nicht bewusst gewesen, aber es musste Jahre her sein, seit er zuletzt gelächelt hatte. Sollte er wirklich seinen Sinn für Humor wiedergefunden haben? Kaum zu glauben, aber warum nicht?
    Alles andere fühlte er ja auch.
    Und im Gegensatz zu dem Aufwallen von Begierde, das er beim

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