01 - Wie Feuer im Blut
Bonnie sah nicht einmal eine Skizze von ihrem Hochzeitskleid, und
niemand wollte ihr etwas anderes sagen als: »Du wirst angenehm überrascht
sein.«
Doch
die schönste Überraschung für sie war die Verwandlung, die sie an Damian
bemerkte. Er machte ihr doch tatsächlich den Hof. Er brachte ihr jeden Abend
Blumen, Pralinen und kleine Geschenke. Und an warmen, sonnigen Tagen fuhr er
mit ihr, Kate und William stundenlang durch den Hyde Park.
Alles
war so wunderbar, dass Bonnie es kaum fassen konnte. Seit Damiens Rückkehr aus
Yorkshire wurde sie nicht mehr von Alpträumen geplagt, und sie musste ihre Identität
nicht mehr vor ihm geheimhalten.
Er
hatte ihr erzählt, dass er in der Kirche von Gunnerside ihren Geburtsschein
geholt und mit niemanden sonst gesprochen hatte. Er wollte sie nicht
beunruhigen und sprach auch nicht mehr von ihren Träumen oder von ihrem Vater.
Aber
manchmal hatte Bonnie das Gefühl, dass ihn irgend etwas bedrückte, obwohl er
sich ihr gegenüber so liebevoll benahm und versuchte, Zuversicht auszustrahlen.
Vielleicht beschäftigte er sich in Gedanken mit der schlimmen Lage in Amerika
und machte sich Sorgen um seinen Besitz, der ihm so viel bedeutete. Aber als
sie ihn auf seine Plantage in Vicksburg ansprach, antwortete er ihr nur mit
einem Achselzucken: »Mein Aufseher ist ein fähiger Mann, und ich bin
überzeugt, dass er die richtigen Entscheidungen trifft.«
»Voreheliches
Lampenfieber«, war Williams Erklärung für Damiens bedrückte Stimmung.
Bonnie
tat alles, um Damiens Sorgen zu zerstreuen. Sie liebten sich, das war alles,
was zählte, und sie würden bald nach Yorkshire zurückkehren.
Als
Bonnie kräftiger wurde, ließen ihr die Tee-Einladungen und Parties, die
sie und Damien als Ehrengäste besuchen mussten, keine Zeit mehr, sich
irgendwelchen trüben Gedanken hinzugeben. Bonnie beobachtete ihre tüchtigen
Gastgeberinnen und staunte, wie mühelos und charmant sie ihren Pflichten
nachkamen. Plötzlich erkannte sie bestürzt, dass man von ihr dasselbe erwarten
würde, wenn sie Damiens Frau war. Aber wie sollte sie das bewältigen? Sie hatte
ja jetzt schon Mühe, sich wie eine Lady zu benehmen.
Als sie
am Tag vor ihrer Hochzeit erwachte, wurde ihr schlagartig klar, dass sie
versagen würde, und sie gestand Kate und Marianne: »Ich kann nicht! Ich kann
ihn nicht heiraten. Ich bin nicht die richtige Frau für einen Lord.« Sie
schluchzte. »Ich kann ja kaum eine Menükarte lesen, geschweige denn
eine schreiben. Was soll ich denn machen, wenn ein Herzog oder eine Herzogin
zum ersten Mal zu uns zum Tee kommen möchte oder eine Woche bei uns verbringen
will?«
»Vielleicht
sollte ich Damien holen, damit er dich zur Vernunft bringt«, jammerte Kate und
lief aus dem Zimmer.
Marianne
lächelte, setzte sich in einen Sessel und faltete die Hände, während Bonnie im
Zimmer auf und ab lief. »Du bist nervös, mein Liebes«, stellte Marianne fest.
»Das ist eine ganz normale Erscheinung am Vortrag der Hochzeit, und schon gar
nicht verwunderlich bei einer Frau, deren Leben sich grundlegend verändert.«
Bonnie
sah Marianne stirnrunzelnd an.
»Und
überdies erwartest du ein Kind. Viele Frauen neigen während der Schwangerschaft
zu Depressionen.«
Bonnie
blickte auf ihren gerundeten Leib und brach in Tränen aus. »Was werden die
Leute von mir denken? Sie glauben bestimmt, dass ich ihn hereingelegt habe.
Sie werden ihn bemitleiden, weil er mich heiraten muss ... «
Marianne
sprang auf und baute sich vor Bonnie auf. »Du müsstest eigentlich wissen«,
sagte sie gereizt, »dass ein Mann in Warwicks Position zu nichts gezwungen
werden kann, was er nicht will. Glaube mir, die Welt ist voll von unverheirateten
Müttern, die eine kleine monatliche Apanage von einem hochgestellten Herrn erhalten.
Denk nur an Miles' Mutter. Wie bequemer wäre es für Damien gewesen, dir eine
Wohnung einzurichten 'oder dich nach Caldbergh zurückzuschicken. Und, glaube
mir, niemand hätte ihm das übelgenommen. Aber er hat es nicht getan. Er liebt
dich und ist stolz auf dich.«
»Ich
habe Angst!« schluchzte Bonnie.
»Wovor?«
»Ihn zu
blamieren!«
Marianne
lächelte und entspannte sich wieder. »Mein Liebes, du musst nicht erst einen
Grafen heiraten, um solche Ängste zu haben. Jede Braut steht vor ihrer Hochzeit
dasselbe aus. Glaubst du, es wäre für den Bräutigam leichter? Ist dir nie der
Gedanke gekommen, dass auch Damien wach im Bett liegt und sich fragt, ob er
deine Erwartungen erfüllen und dich
Weitere Kostenlose Bücher