01 - Wie Feuer im Blut
Marianne, die sich rechts neben Damien aufgebaut hatte, skeptisch
an.
»Sind
Sie Lady Warwick?« fragte Smythe.
»Das
bin ich nicht«, erwiderte sie in einem ungewöhnlich hochmütigen Ton.
»Alles,
was Sie mir zu sagen haben, können Sie ebenso gut uns beiden sagen«, erklärte
Damien.
»Wie
Sie wünschen, Mylord.« Die Hände auf dem Rücken verschränkt, postierte sich
Smythe vor dem Schreibtisch.
»Mylord
... das Mädchen hat mich von dem ruchlosen Verbrechen unterrichtet, das Sie an
dem Kind begangen haben.«
Damien
runzelte die Stirn. »Was sagten Sie da eben?«
»Ich muss
gestehen, Mylord, dass ich Ihnen niemals eine so schändliche Tat zugetraut
hätte.«
Damien
lehnte sich zurück, während sein Blick zu Bonnie wanderte. Ihr Gesicht sah
erschreckend blass aus. Ihre Unterlippe zitterte heftig. Sie machte einen sehr
verängstigten Eindruck. »Bonnie«, fragte er im ruhigen Ton, »was hat das zu
bedeuten?«
»Was es
zu bedeuten hat«, mischte sich Smythe ein, »wissen Sie doch sehr genau. Es geht
um diese kleine Vergewaltigung.«
Vergewaltigung!
Damien
zuckte nicht mit der Wimper, während er versuchte, diese Eröffnung mit
irgendwelchen Tatsachen in Verbindung zu bringen. Er starrte Smythe ins Gesicht
und sagte mit schneidender Stimme: »Soll das heißen, dass Sie mich
beschuldigen, dieses Mädchen vergewaltigt zu haben, Mr. Smythe?«
»Sie
hat sie beschuldigt, nicht ich, Mylord.«
Damien
saß noch ein paar Sekunden regungslos da. Er war mit einem Mal stocknüchtern.
Dann erhob er sich langsam, wischte Maris Hand von seinem Arm und ging um
seinen Schreibtisch herum und wandte sich Bonnie zu.
Er
stand über ihr wie eine dunkle, drohende Wolke, aus der jeden Moment ein Blitz
herniederzucken konnte. Sie fühlte sich schwindlig, nicht nur vor Angst,
sondern auch von den Schmerzen und Entbehrungen der letzten Tage. Sie merkte,
dass sie schwankte, und die Erinnerung daran, wie er sie in jener Nacht am
Fenster auf seinem Schoß gehalten hatte, vermischte sich mit der Gegenwart. Sie
hob den Blick und suchte verzweifelt in seinem Gesicht nach etwas Güte, dem
Mitleid und der Verständnisbereitschaft von damals vergeblich. Als er die Hand
hob und sie unter das Kinn fasste, bohrten sich seine Finger schmerzhaft in
ihre Wangen, während er ihren Kopf in den Nacken schob und sie zwang, ihm direkt
in die Augen zu sehen. In diesem Moment wäre sie am liebsten gestorben.
»Und
was verlangen Sie jetzt von mir?« fragte Warwick Worte, die zwar Smythe zu
gelten schienen, die aber offensichtlich auch an Bonnie gerichtet waren. Und
dabei sah er ihr immerfort in die Augen wie einer ekelhaften, schleimigen
Kreatur, die unvermutet unter irgendeinem Stein hervorgekrochen war.
Smythe
sagte: »Sie genießen offenbar hohes Ansehen in Middleham, Mylord, und haben
einen nicht minder guten Ruf in London zu verteidigen. Ich frage mich, was die
Gesellschaft wohl sagen würde, wenn sie davon Kenntnis erlangen, dass Sie sich
an diesem armen, hilflosen Kind vergriffen haben.«
Ein
kaltes Lächeln zuckte um Warwicks Mundwinkel, als er mit seidenweicher Stimme
fragte: »Versuchen Sie etwa, mich zu erpressen, Mr. Smythe?«
»Erpressen
klingt so grob, Mylord.«
»Wieviel?«
Schweigen.
»Wieviel!«
rief Damien mit Donnerstimme.
»Fünfhundert
Pfund?«
»Einverstanden.«
Damien nahm die Hand von Bonnies Gesicht und drehte sich zu seinem Schreibtisch
um. Er riss die oberste Schublade auf, warf ein Kontobuch auf die Tischplatte,
tauchte eine Feder in ein Tintenfass und verfasste eine Absichtserklärung. »Ich
werde das Geld morgen Mittag durch Boten nach Caldbergh bringen lassen -
unter einer Bedingung.«
»Und
wie lautet diese?«
Damien
fixierte Smythe mit seinem grünen Augen und sagte mit einer leisen, wutbebenden
Stimme: »Die Göre bleibt bei mir. Und falls Sie es wagen sollten, mich noch einmal
in dieser Angelegenheit anzusprechen, werde ich dafür sorgen, dass Sie und
dieses teiggesichtige Subjekt dort so tief unter ihrem Haus in Caldbergh
verscharrt werden, dass alle Bergleute in Yorkshire ein Jahr lang Tag und Nacht
graben müssten, um Sie wieder ans Licht zu befördern. Haben wir uns
verstanden?«
»Aye«,
sagte Smythe, der die Zahlungsverpflichtung an-, starrte, die Damien ihm
über den Tisch zuschob.
»Und
jetzt sehen Sie zu, dass Sie mir so rasch wie möglich aus den Augen kommen«,
befahl Damien, »bevor ich mich anders besinne und das, was Sie jetzt in der
Hand halten, wieder zerreiße.«
Smythe
und Timothy
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