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010 - Die Bestie mit den Bluthänden

010 - Die Bestie mit den Bluthänden

Titel: 010 - Die Bestie mit den Bluthänden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
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über ihre Schultern erhaschen.
    Er sah einen breit ausladenden Schreibtisch, dahinter eine bis zur Decke
reichende vollgestopfte Bücherwand – ein Büroraum.
    Nicole Forcier legte nur die Akte dort ab, kam gleich wieder zurück und
verließ das Haupthaus. Sie ging in das Längsgebäude, das etwas zurückgebaut
stand. Dort sprach sie zunächst mit Schwester Rita, die den Auftrag hatte,
Madame Feydeau nach ihrem Tobsuchtsanfall zu beobachten. Mireille Feydeau
schlief nicht mehr. Sie saß in ihrem ausgesprochen luxuriös eingerichteten
Zimmer vor dem Spiegel und bürstete sich die langen, schwarzen Haare.
    Obwohl Nicole Forcier zweimal angeklopft hatte, war dies von Mireille
Feydeau nicht bemerkt worden.
    »Madame«, sagte die gutaussehende Blondine von der Tür her. Ein wenig
erschrocken wandte die Patientin den Kopf. Sie liebte es, stundenlang vor dem
Spiegel zu sitzen und sich zu betrachten. Es war, als wolle sie peinlichst genau
beobachten, ob und wie sie altere.
    »Entschuldigen Sie, Madame! Ich hatte angeklopft, Sie haben mich nicht
gehört«, bemerkte Nicole Forcier mit leiser Stimme.
    Mireille Feydeau machte einen recht guten Eindruck. Der Zwischenfall mit
dem Brief schien überstanden. Offenbar hatte sie sich nun Gedanken darüber
gemacht und war zu dem Schluss gekommen, dass alles gar nicht so schlimm
gewesen war. Und das dachte sich auch Nicole, die diesen Brief gelesen hatte.
Eine normale Frau dachte sich dabei gar nichts. Aber ein falsch gewähltes Wort,
eine Bemerkung, die gegen Madame Feydeaus Gefühl ging, und sie wurde wütend und
sah darin Dinge, die ein Außenstehender trotz aller Bemühungen vergeblich
suchte.
    In ihrer Angst, alt zu werden, ihrem Mann keine attraktive Lebenspartnerin
mehr zu sein, tendierte sie zu manisch-depressiven Gefühlsausbrüchen.
    Nicole Forcier hatte Bilder von Mireille Feydeau gesehen, als diese zwanzig
gewesen war. Sie war eine einmalig schöne, rassige Frau gewesen – und sie war
es noch heute.
    Ihre Figur war tadellos, sie bewegte sich mit einer bewundernswerten Grazie
und war alles in allem eine gepflegte Erscheinung und begehrenswerte Frau.
    Nicole fand sie wunderschön. Noch jetzt. Sie hatte herrliches, langes Haar.
Dicht und schwarz. Ihre vornehme Blässe stand ihr gut zu Gesicht. Wenn sie nur
ein wenig Make-up auftrug, setzte sie Lichter, die ihre Schönheit noch
unterstrichen.
    Sie hatte viel zu verlieren, das stimmte. Aber sie hatte es noch nicht
verloren, ihre Schönheit nämlich, ihre Anziehungskraft auf die Männer.
    »Schon gut, Nicole«, erwiderte Mireille Feydeau auf die Bemerkung der
Blondine. »Ich habe geträumt. Träumen ist manchmal etwas sehr Schönes.«
    »O ja, Madame. Aber man braucht nicht nur zu träumen.« Nicole wählte ihre
Worte sehr behutsam. »Es gibt Dinge im Leben, die sind schöner. Weil sie
wirklich sind, weil man sie greifen kann. Da ist jemand angekommen, der mit
Ihnen sprechen möchte. Jemand – so scheint es – , über dessen Besuch Sie sich
sehr freuen werden.«
    Mireille Feydeau hielt in der Bewegung inne und ließ das Haar weich und
lose auf die nackten Schultern fallen. »Armand!« stieß sie hervor und sprang
auf.
    Ihr Liebhaber? Das war Nicoles erster Gedanke. Na also, was wollte sie
mehr? Wenn sie glaubte, dass der eigene Mann nicht mehr genug hinter ihr her
war, dann gab es bestimmt viele andere, die ihr zu Füßen lagen.
    Armand Dupont machte zwar nicht den Eindruck eines leidenschaftlichen
Liebhabers, aber das konnte täuschen.
    »Wo ist er?«
    »Er erwartet Sie vorn im Haupthaus.«
    Mireille Feydeau hatte nur in einem hauchdünnen, knapp bis zu den Hüften
reichenden, seidenen Hemd vor dem Spiegel gesessen und darunter nichts weiter
an als einen winzigen Schlüpfer. Einen BH trug sie grundsätzlich nicht. Welche
Frau in ihrem Alter konnte sich dies noch erlauben, ohne ihrer Figur etwas
Abträgliches zu leisten?
    Im Handumdrehen war Mireille Feydeau in ein Kleid geschlüpft, hatte mit
zwei, drei geübten Handgriffen ihre Haare zusammengesteckt und warf einen
letzten prüfenden Blick in den Spiegel, als gelte es, einen Liebhaber zu
empfangen.
    Sie wirkte sehr jugendlich, und man schätzte sie wahrhaftig zehn Jahre
jünger, als sie in Wirklichkeit war.
    Der Besuch von Armand Dupont versetzte sie in eine merkwürdige Art von
Erregung.
    Fast so etwas wie Glück glaubte Nicole Forcier auf den Gesichtszügen der
Patientin zu erkennen, und sie nahm sich vor, diese Beobachtung Dr. Manuel
Sandos mitzuteilen.
    Gemeinsam gingen

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