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010 - Skandal in Waverly Hall

010 - Skandal in Waverly Hall

Titel: 010 - Skandal in Waverly Hall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Joyce
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Gedächtnis verdrängt hatte. Er hatte genügend andere Probleme und brauchte dieses nicht zusätzlich. Doch seit er nach Waverly Hall zurückgekehrt war, konnte er der Wirklichkeit nicht länger ausweichen.
    Seine Schläfen pochten.
    „Ich muß etwas mit dir besprechen, Mutter", begann er.
    Clarisse hob den Kopf und wandte sich rasch wieder ab.
    „Es ist ein sehr heikles, ziemlich unangenehmes Thema. Mein Vater ..."
    Clarisse sagte immer noch nichts.
    „Er verabscheute mich", fuhr Dominick fort. „Und er verabscheute dich ebenfalls. Im Grunde verabscheute er die ganze Familie."
    Ja." Und weshalb?"
    Clarisse lächelte gequält. „Kannst du es dir nicht denken?"
    „Doch, das kann ich."
    Clarisse drückte ihre Katze fester an sich. Das Tier miaute protestierend. „Verbrenn es, Dominick. Es enthält nur das Gestammel eines schwachen, gekränkten Mannes."
    „Mutter ..." Dominick hielt inne. Bin ich überhaupt sein Sohn? hätte er gern gefragt.
    Clarisse stand auf. Ihre Lippen zitterten. Es sah aus, als könnte sie jeden Moment in Tränen ausbrechen. Dominick unterdrückte seine Frage. Die Antwort spielte keine Rolle. Er würde das Tagebuch unverzüglich verbrennen. Kein Mensch würde jemals ahnen, daß ihm Zweifel gekommen waren.
    Clarisse sah ihn mit großen Augen besorgt an.
    Dominick wußte, was er zu tun hatte. Er mußte seine Mutter unbedingt schützen.
    Entschlossen ging er zum Nachttisch neben seinem Bett, öffnete die Schublade und holte das Tagebuch heraus. Kurz darauf schleuderte er es in den Kamin. Die Flammen begannen sofort an dem roten Ledereinband zu lek-ken.
    Ciarisse sah zu, wie die Seiten Feuer fingen. Das Tagebuch - Dominicks einziges Erbe - wurde schwarz, schrumpfte zusammen und zerfiel.
    Als es unwiederbringlich zerstört war, drehte Dominick sich zu seiner Mutter um. Er war erleichtert und dennoch tief enttäuscht. Er würde die Wahrheit niemals erfahren. Aber so war es für alle Beteiligten am besten.

    „Danke, Dominick", flüsterte Ciarisse.
    Er lächelte gequält.
    Dominick hatte seine Vorbereitungen für die Reise nach London beinahe abgeschlossen. Es wurde schon dunkel, und er würde bis tief in die Nacht unterwegs sein. Doch er war ungeduldig und wollte mit seiner Abreise nicht bis zum Morgen warten. Er mußte Anne unbedingt alles so schnell wie möglich erklären. Wenn er Glück hatte und seinen Stolz und seinen Schmerz überwand, konnte er sich in einigen Stunden wieder mit ihr versöhnt haben.
    Entschlossen verließ er das Haus. Er überquerte die Einfahrt, wo die Kutsche schon bereitstand, und ging zu den Ställen. Drinnen brannte ein trübes Licht. Er lief an den schläfrigen Pferden vorüber und erreichte die Treppe am Ende des Ganges. Rasch stieg er die Stufen hinauf und klopfte an die Tür auf dem Treppenabsatz.
    Willie öffnete sofort. „Mylord", sagte er ein wenig überrascht.
    „Darf ich hereinkommen? Es dauert bestimmt nicht lange."
    Willie war ziemlich nervös. Er wich zurück und ließ Dominick eintreten. „Worum ... worum handelt es sich, Mylord?"
    „Was hast du herausgefunden?"
    Der Pferdeknecht entspannte sich, als hätte er etwas anderes erwartet, vielleicht einen Vorwurf. Dominick fragte sich, was der Mann vor ihm verbarg. „Lady Reed war an jenem Morgen nicht in den Ställen, Mylord."
    „Bist du sicher?" fragte Dominick barsch.
    „Wäre sie hiergewesen, hätte man sie gesehen. Eine Frau wie sie kann nicht unbemerkt kommen und gehen."
    Willie hatte recht, vorausgesetzt, Felicity war nicht verkleidet gewesen. Andererseits hätte sie nicht genügend Zeit gehabt, zweimal die Kleider zu wechseln, um Annes Pferd zu vergiften und gleich darauf an der Haustür zu erscheinen. Und selbst wenn, hätte sie Hilfe benötigt. „Wer war an jenem Morgen sonst noch im Stall?"
    „Seine Gnaden ist ausgeritten."
    Dominick winkte ab. Sein Großvater war frei von jedem Verdacht. Rutherford liebte Anne aufrichtig. „Weiter."
    „Ihre Mutter machte ebenfalls einen frühen Morgenritt."
    Dominick erschrak. Er wußte, wie tief Ciarisse Anne verabscheute.
    „Die Dowager Marchioness reitet dreimal pro Woche morgens um acht Uhr aus", fuhr Willie fort. „Sie behauptet, es wäre gut für ihre Gesundheit. Sie hält schon so viele Jahre an diesen Zeitplan fest, daß ich mich nicht einmal erinnere, wann sie damit begonnen hat."
    Dominick entspannte sich wieder. Seine Mutter war nicht einmal in der Lage, einer Fliege etwas zuleide zu tun. Sie wollte Anne gewiß nicht schaden.
    „Es

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