010 - Skandal in Waverly Hall
elender herzloser Bastard!" Das war der schlimmste Kraftausdruck, der ihr einfiel.
Dominick zuckte zusammen und wurde blaß. „Solche Beleidigungen habe ich nicht verdient, Anne. Ich bin gekommen, um dir alles zu erklären."
Sie schüttelte den Kopf. „Ich will keine Erklärung von dir. Mich interessiert nicht, was du zu sagen hast. Ich habe genügend Lügen gehört." Sie rieb mit dem Handrücken über die Augen, doch die Tränen wollten nicht aufhören. Es war, als wäre plötzlich ein Damm gebrochen. „Ich hasse dich", stieß sie hervor und wußte genau, daß es nicht stimmte. „Meine Güte, wie ich dich hasse."
Dominicks Gesicht war weiß wie Wachs, und sein Blick war undurchschaubar. „Ich habe die Absicht, dir alles zu erklären, Anne. Ob du es hören willst oder nicht."
„Leugnest du etwa, daß du mich verführt hast, um einen Erben zu zeugen? Damit du Waverly Hall zurückbekommst?" rief Anne.
Er schwieg einen Moment. „Ja, ich leugne es", antwortete er mit grimmiger Miene.
Anne kehrte ihm den Rücken zu. Sie ballte die Hände zu Fäusten und keuchte vor Schmerz und Zorn.
Dominick legte ihr sanft die Hände auf die Schultern. „Bitte, weine nicht, Anne. Ich weiß, daß ich dir bisher kaum Veranlassung gegeben habe, mir zu trauen. Trotzdem bitte ich dich jetzt darum."
Anne fuhr herum und schlug ihm mit aller Kraft ins Gesicht. Der Schlag hallte in dem großen Raum wider. Dominick taumelte von der Wucht des Angriffs zurück.
Wie versteinert blieb sie stehen, entsetzt über die eigene Heftigkeit.
Dominick feuchtete sich die Lippen an und berührte seine schmerzende Wange.
Anne stellte plötzlich fest, daß seine rechte Hand dick bandagiert war. Seine Augen waren vor Zorn fast schwarz. „Meine Güte, Anne. Du hast mir noch nicht einmal zugehört. "
„Das stimmt", zischte sie durch die zusammengebissenen Zähne. „Es ist genug gesagt worden. Geh, bevor ich restlos die Beherrschung verliere und mich noch stärker entwürdige."
Er ließ sie nicht aus den Augen. „Als Rutherford mir die Bedingungen für den Treuhandfonds nannte, war ich zutiefst entsetzt. Ich hatte die Absicht, Waverly Hall - und dich - sofort zu verlassen."
Anne richtete sich ein wenig auf. „Aber du tatest es nicht."
„Nein."
Sie sahen sich eindringlich an.
„Ich brachte es nicht fertig", fuhr Dominick ungerührt fort. „Deinetwegen konnte ich es nicht, Anne."
„Das stimmt nicht", antwortete sie. „Du bist nicht gegangen, weil du wußtest, daß du mich mühelos verführen und einen Erben für dich und Rutherford zeugen konntest."
„Nein!" erklärte Dominick scharf. „Ich bin nicht abgereist, weil du mir nicht aus dem Kopf gingst... Weil ich dich unwahrscheinlich begehrte ... Und weil ich mich in dich verliebt hatte und längst bereute, was ich dir vor vier Jahren angetan hatte."
Endlich konnte Anne wieder klar denken. „Du hast mein Vertrauen zum letzten Mal mißbraucht, Dominick."
„Du weigerst dich, mir zu glauben, trotz der Leidenschaft und des Glücks, das uns in Tavalon Castle zusammengeführt hat?""
„Ja."
Hilflosigkeit und Verzweiflung spiegelten sich in Domi-nicks Gesicht. „Dann ist dies das Ende?"
„Ja."
Er antwortete nicht sofort. „Hast du die Absicht, dich von mir scheiden zu lassen?"
fragte er endlich kühl.
Anne konnte kaum sprechen. „Nein, so etwas würde ich niemals tun", stieß sie mühsam hervor.
Dominick atmete erleichtert auf. „Gut. Darauf würde ich mich nämlich nicht einlassen."
Sie holte tief Luft. „Es geht mir um die Familie und nicht um die Tatsache, daß es für eine Frau beinahe unmöglich ist, die Scheidung von ihrem Ehemann zu beantragen."
Er sah sie so lange an, daß die Stille allmählich peinlich wurde. „Das ist nicht der Grund, Anne", sagte er endlich. „Ich glaube, daß du tief im Innern immer noch etwas für mich empfindest."
Anne wischte ihre Tränen fort. „Ja, du hast recht, du gemeiner Kerl. Du hast recht.
Aber das ändert nichts an meinem Entschluß."
Dominick wandte sich ab, und seine Schultern sanken ein wenig nach vorn. , Anne preßte die Hand vor den Mund, um ihn nicht zurückzurufen.
An der Tür blieb er noch einmal stehen. Seine Augen waren verdächtig feucht. „Ich weiß, daß du mir nicht glaubst, Anne. Aber ich versichere dir, daß ich dich immer noch liebe."
Sie keuchte und hielt die Hand weiter vor den Mund.
Für den Bruchteil einer Sekunde sah er sie fest an. Anne kam es wie eine Ewigkeit vor. Dominick wartete darauf, daß
Weitere Kostenlose Bücher