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010 - Skandal in Waverly Hall

010 - Skandal in Waverly Hall

Titel: 010 - Skandal in Waverly Hall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Joyce
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Kerze und stieg die Treppe wieder hinab.
    Sein Großvater und Blake hatten sich schon zurückgezogen. Im Erdgeschoß war alles still, und die meisten Lichter waren gelöscht. In der Bibliothek stellte er die Kerze ab und zündete eine Gaslampe an. Anschließend goß er sich ein großes Glas Whisky ein.
    Er setzte sich auf das Sofa und blickte in den Kamin, wo wegen der nächtlichen Kühle ein Feuer brannte. Verzweifelt versuchte er, nicht mehr an Anne zu denken und ruhiger zu werden, damit er nach oben gehen und endlich Schlaf finden konnte.
    Die Flammen warfen lange flackernde Schatten über sein Gesicht.
    „Dominick?"
    Dominick zuckte zusammen und hätte beinahe seinen Whisky verschüttet. Er stand auf. „Mutter, hast du mich erschreckt. Ich hatte dich nicht kommen hören."
    Ciarisse lächelte einen Moment. Sie stand auf der Türschwelle, eingehüllt in einen langen weißen Seidenmantel, und hielt eine Wachskerze in die Höhe. Zwei weiße Katzen strichen um ihre Fersen. „Ja, das habe ich bemerkt. Du warst in Gedanken weit fort." Ein Buch lag in ihrer Hand, das in rotes Leder gebunden war. Sie streckte es ihm hin. „Ich hoffe, du nimmst es mir nicht übel. Ich habe mir das Tagebuch deines Vaters ausgeliehen und es gelesen."
    Dominick blickte auf den dicken Band. „Ich hatte es schon vermißt und glaubte, ich hätte es verlegt", antwortete er. Das war eine glatte Lüge. Er war sicher gewesen, daß er das Päckchen auf dem Nachttisch liegenlassen hatte. Jemand mußte es an sich genommen haben. Allerdings hatte er sich nicht vorstellen können, um wen es sich handelte.
    „Ich hatte keine Ahnung, daß du es genommen hast", fuhr er fort.
    „Ich hätte es dir sagen sollen."
    Dominick nahm das Tagebuch an sich. „Es spielt keine Rolle. Du hast jedes Recht, es zu lesen."
    „Ebenso wie du." Ciarisse ließ ihren Sohn nicht aus den Augen.
    „War es eine angenehme Lektüre?" fragte er endlich.
    „Nein, nicht unbedingt. Gute Nacht, Dominick." Sie wandte sich ab und verließ die Bibliothek.
    Dominick trank sein Glas beinahe in einem Zug aus. Doch das vertraute Brennen in seinem Hals beruhigte ihn diesmal nicht. Nachdenklich betrachtete er den roten Lederband. Es war zum Verzweifeln. Erst Anne und nun das Tagebuch. Jetzt würde er erst recht keine Ruhe finden. Die Neugier darüber, was es enthielt, würde ihn die ganze Nacht wach halten.
    Dann lies es sofort, forderte ihn eine innere Stimme auf. Du hast doch nicht etwa Angst vor den Worten eines Toten?
    Dominick verzog das Gesicht. Er schlug das Tagebuch aufs Geratewohl auf und landete irgendwo in der Mitte. Flüchtig überflog er die Seite und entdeckte die Worte „Mein Sohn." Langsam begann er die Eintragung zu lesen. Sie enthielt kein Datum.
    Mein Sohn ist nach Hause gekommen, und wie üblich hat er es nicht für nötig gehalten, uns vorher von seinen Plänen zu verständigen. Ciarisse und ich legen unser bestes Benehmen an den Tag. Erneut verwünsche ich Rutherford. Wie gern wäre ich diese Heuchelei los.
    Dominick klappte das Tagebuch zu und blickte verblüfft drein. Er stand unter einem richtigen Schock. Zwar hätte er nicht sagen können, was er von der Lektüre erwartet hatte. So etwas aber gewiß nicht.
    Hatte sein Vater ihn gehaßt? Hatte er auch Rutherford gehaßt? Weshalb hatten Philip und Ciarisse ihr bestes Benehmen an den Tag gelegt, weil ihr Sohn nach Hause zurückgekehrt war? Auf welche Heuchelei spielte Philip an?
    Dominick merkte, daß er immer nervöser wurde. Energisch stand er auf, ging zur Kredenz und schenkte sich einen weiteren Whisky ein. Er trank einen großen Schluck und beruhigte sich allmählich.
    Nachdenklich blickte er auf die alte Standuhr in der Ecke der Bibliothek. Es war beinahe Mitternacht.
    Endlich faßte er einen Entschluß. Er kehrte zum Sofa zurück, nahm das Tagebuch und schlug die erste Seite auf. Diesmal stand ein Datum über der Eintragung.
    Dominicks Magen zog sich schmerzlich zusammen. Es war der Tag seiner Geburt.
    11. Februar 1828
    Ich habe große Angst. Ciarisse versucht schon einen ganzen Tag, unser Kind auf die Welt zu bringen. Ich weiß nicht, was ich tun soll, und bin völlig hilflos. Gut, daß es Vater gibt. Er ist immer stark wie ein Fels, auf den ich mich stützen kann. Doch ich habe den Eindruck, daß er ebenfalls besorgt ist.
    Dominick sah erstaunt auf. Philips Ton hatte sich im Laufe der Jahre erheblich verändert. Hier klang er noch wie ein besorgter Ehemann, der sehr an seinem Vater hing. Er las

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