0101 - Drei Lastwagen voll Rauschgift
aufdecken. Erst am späten Mittag hatten wir ihn restlos ausgequetscht und machten uns daran, unseren Kollegen in San Francisco ein langes Fernschreiben zu senden, dessen Inhalt ihnen die Möglichkeit lieferte, einen großen Schlag gegen den Rauschgiftring zu unternehmen, den Satcho Gomez in Süden aufgezogen hatte.
»Schön«, sagte Phil, als das Fernschreiben abgegangen war. »Unseren Jungen in Frisco haben wir die Arbeit abgenommen, aber in unserer Angelegenheit sind wir kaum einen Schritt weiter.«
Ich griff nach meinem Hut.
»Reden wir später darüber. Ich empfinde ein dringendes Bedürfnis nach dem Anblick eines hübscheren Gesichtes, als eine Gangstervisage mir bieten kann.«
»Viel Spaß«, grinste Phil, der meine Vorliebe für Nelly mit einem Gefühl freundlicher Nachsicht betrachtete.
Ich kam noch rechtzeitig auf der 5. Avenue an, um Nelly während ihrer Mittagspause im Drugstore zu finden. Vor dem Eingang stand nach wie vor einer unserer Überwachungsleute.
Nelly saß bei einer Tasse Kaffee. Um sie quirlten die hungrigen Clerks, Stenotypistinnen aus den Büros und Geschäften der 5. Avenue.
»Hallo, Polizist«, begrüßte mich Nelly. An ihrem Tisch stand ein Mann auf und machte mir einen Platz frei.
»Schreck überstanden?« erkundigte ich mich.
»Nur den einen Schreck, Darling. Der Schreck, daß du ein Polizist bist, steckt mir noch tief in den Knochen.«
»Magst du keine Polizisten?«
»Nein, Darling. Seitdem ich einmal wegen zu schnellen Fahrens zehn Dollar Strafe zahlen mußte, kann ich keine Cop-Uniform mehr sehen, ohne Haß zu empfinden.«
»Aber ich trage keine Uniform.«
»Einerlei«, erklärte sie mit großartiger weiblicher Logik.
»Also, du haßt mich!«
»O nein, ich finde dich zauberhaft.« Die Logik wurde immer großartiger »Wirst du bald wieder mit mir ausgehen. Jerry?«
»Ich möchte schon, aber…«
Sie klatschte in die Hände wie ein Kind.
»Fein! Wird dann wieder eine so aufregende Geschichte passieren?«
»Wegen dieser aufregenden Geschichte werde ich nicht mit dir ausgehen.«
Sie machte einen Schmollmund.
»Ich komme aus anderen Gründen. Nelly. Höre zu, ich schicke dir heute nachmittag einen Nerzmantel.«
Ihre Augen nahmen die Größe von Autorädern an.
»Einen… was?«
»Einen Nerzmantel.«
»Für mich?«
»Ja, zeige dich möglichst oft mit ihm, und wenn du gefragt wirst, erkläre, daß ihn dir dein Freund geschenkt hat.«
Es verschlug ihr endgültig die Sprache. Sie saß so reglos wie eine Kleiderpuppe und starrte mich an.
»Geh sorgfältig mit dem Ding um«?, fuhr ich fort. »Er ist nur geliehen, und wir würden beim Zurückgeben Schwierigkeiten bekommen, falls er Flecken oder so etwas hat.«
»Geliehen…« stammelte sie.
»Hast du schon einmal die Frau oder die Freundin eines Polizisten in einem Nerzmantel gesehen? Solches Ding liegt einfach oberhalb unserer Einkommensgrenze.« Ihre Begeisterung schlug in Empörung um.
»Ich trage keine geliehenen Kleider.«
»Darling, es handelt sich um einer Pelzmantel.«
»Einerlei!«
Es blieb mir nichts anderes über, als ihr zu erklären, daß sie die Rolle meiner teueren Freundin zu spielen habe, die mich finanziell an den Rand des Ruins treibt. Seitdem ich es nicht mehr riskieren wollte, mit Nelly auszugehen, wollte ich es auf andere Weise deutlich machen, daß sie mich weiterhin Geld kostete.
Die Pelzmantel-Sache war mit Mr. High abgesprochen, und der Chef hatte mit einem Pelzhaus vereinbart, daß die Firma uns gewissermaßen gegen Staatsgarantie einen 5000-Dollar-Mantel zur Verfügung stellte. Eine fingierte Anzahlungsquittung hatte' ich bereits in der Tasche, außerdem eine Teilzahlungsverpflichtung.
»Schön«, sagte Nelly schließlich hoheitsvoll. »Wenn ich dir damit helfen kann, so will ich dieses Opfer auf mich nehmen.«
Es war bestimmt das erste Mal, daß es eine Frau als Opfer bezeichnete, einen Pelzmantel zu tragen.
Ihre Mittagspause war um. Ich brachte Nelly zu ihrem Parfümladen und fuhr ins Hauptquartier zurück. Noch lag keine Meldung vor, daß Freeman, Razzoni und Dexter irgendwo gesehen worden wären.
***
Pen Freeman saß, gedeckt von einer Zeitung, auf einer Bank im Central-Park. Er war froh, daß die Dämmerung herabzusinken begann. Seit er heute morgen seinen Namen auf einem Steckbrief gelesen hatte, wußte er, daß seine Schwierigkeiten größer waren, als er zuerst vermutet hatte.
Aldo Razzoni kam von einer Telefonzelle und setzte sich neben Freeman.
»Cols tobt, daß wir
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