0103 - Ich - der Mörder Jerry Cotton
kann, Ich zweifle nicht im leisesten an Ihnen, Jerry. So, und nun erzählen Sie mir mal, wie das mit der Rossly wirklich vor sich ging, damit ich mir ein Bild machen kann. Hinterher werden wir dann überlegen, wie diese blödsinnige Anzeige wirkungsvoll erledigt werden kann.«
Die Kollegen sahen mich erwartungsvoll an. Nur Phil hielt jetzt den Kopf gesenkt. Während die anderen erwarteten, daß ich die Beschuldigungen Forests spielend entkräf tigen könnte, wußte er ja, was ich zu sagen gezwungen war. Ich zuckte die Achseln.
»Tja, Chef«, sagte ich. »Das läßt sich alles in einem Satz ausdrücken: Ich schoß auf die Rossly, weil sie mit einer Pistole auf mich zielte. Ich traf sie tödlich.«
Mister High nickte ernst.
»Das ist sehr bedauerlich, aber daraus kann Ihnen kein Mensch einen Strick drehen. Jeder Mensch hat das Recht der Notwehr. Ein G-man genauso gut wie jeder andere Bürger.«
»Ja, sicher«, murmelte ich. »Nur konnten wir die Pistole der Rossly nicht finden.«
Ruckartig flogen die Köpfe der beiden Kollegen hoch. Mister High fuhr in seinem Stuhl hoch.
»Was sagen Sie da?« fragte er hastig. »Es ist so, Chef«, sagte ich, und ich fühlte mich so jämmerlich wie noch nie in meinem Leben. »Wir konnten die Pistole nicht finden, mit der sie auf mich gezielt hat.«
Mister High ließ sich in seinen Stuhl zurückfallen.
»Um Himmels willen!« stöhnte er. »Das erhärtet ja Forests Anzeige!«
Er schüttelte stumm den Kopf, dann bat er:
»Erzählen-Sie mal ausführlich, Jerry!« Ich tat es. Ich berichtete von unserem langen Warten, von dem Handtuch-Signal von unserem Vorgehen. Ich erzählte, wie ich die Feuerleiter hinangeklettert war und dann plötzlich der Rossly gegenüberstand, nur durch ein paar Stufen von ihr getrennt.
Als ich fertig war, ließ der Chef den Winkeladvokaten wieder hereinrufen.
»Mr. Forest«, sagte er mit seiner ruhigen, ernsten Stimme. »Ich habe keinen Anlaß, im Ernst zu glauben, daß einer meiner Beamten ein Mörder wäre. Trotzdem wird Ihre Anzeige natürlich ebenso bearbeitet werden wie jede hier eingehende Anzeige. Ich werde selbst die Leitung der Ermittlungen übernehmen. Der G-man Jerry Cotton ist bis zur- restlosen Aufklärung dieser Angelegenheit vom Dienst beurlaubt. Damit unsere Ermittlungen auch durchgeführt werden können, muß ich Sie bitten, uns zu sagen, woher Sie Ihre Informationen haben? Irgend jemand muß Ihnen doch von der Geschichte erzählt haben? Denn nach dem Bericht meiner Beamten waren Sie nicht als Augenzeuge am Tatort.«
Forest grinste und ließ lächelnd die Katze aus dem Sack:
»Neben dem Hof, in dem sich die Geschichte abspielte«, sagte er, »liegt die kleine Bar ›Sunny Rose‹ in der neunten Etage des Nachbargebäudes. Mein Vertrauensmann befand sich zufällig in diesem Lokal und beobachtete die schändliche Tat durch ein Fenster. Er ist bereit, seine Aussagen zu beschwören.«
»Was?« fragte Mister High mit ziemlich scharfer Stimme. »Was will er beschwören?«
»Daß die Frau ohne Waffen war, als sie von Cotton erschossen wurde! Er hat es genau gesehen.. Deswegen lautet meine Anzeige ja nicht auf fahrlässige-Tötung, sondern auf Mord!«
Mister High senkte den Kopf. Er preßte die Spitzen seiner schlanken Finger gegeneinander. Ich sah, daß sie zitterten.
»Und wer…«, fragte er mühsam, »wer ist dieser Zeuge?«
Ich sah Forest genau an. Auf meiner Stirn stand kalter Schweiß. Tödliche Stille hing drückend im Raum.
»Mein Vertrauensmann heißt Rocky Borty«, sagte Forest. »Borty wurde Augenzeuge, wie ein G-man kaltblütig eine wehrlose Frau ermordete.«
***
Für einen Augenblick sahen wir alle den Winkeladvokaten ungläubig an. Das war doch wohl nicht sein Ernst? Derselbe Borty, der einen FBI-Kameraden ermordet und später einen jungen Studenten erschossen hatte, derselbe, der durch Forests unbeweisbare Machenschaften zweimal von einem Schwurgericht freigesprochen worden war, der wollte jetzt Augenzeuge gegen mich, also gegen einen anderen G-man, sein?
Mister High räusperte sich.
»Ich möchte klarstellen«, sagte er mit entschlossener Miene, »daß wir die Glaubwürdigkeit eines solchen Zeugen von vornherein in Zweifel ziehen werden.«
»Das steht Ihnen frei. Zum Glück haben ja nicht Sie über den Ausgang dieser ganzen Geschichte zu entscheiden. Das wird vor einem Schwurgericht stattfinden. Denn ich werde nicht ruhen, bevor der G-man Cotton nicht unter Mordanklage vor einem ordentlichen Gericht steht. Ein
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