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0104 - Wir und das Wachsfigurenkabinett

0104 - Wir und das Wachsfigurenkabinett

Titel: 0104 - Wir und das Wachsfigurenkabinett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Ernst Fackenheim
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ein feiner Kerl, ein viel besserer Mensch als ich. Ich bin ein Luder, und wenn ich daran denke, dass ich die Schuld tragen könnte, dass…«
    In diesem Augenblick hörte ich es. Ich registrierte das mir so bekannte Geräusch im Unterbewusstsein. Jemand, den ich nicht sehen konnte, spannte den Hahn des Revolvers.
    Ich packte Milly und warf mich zusammen mit ihr auf den harten Beton.
    Über uns hinweg knallten vier Schüsse. Es hörte sich fast wie einer an. Ich griff nach meiner Smith & Wesson und zog… Noch zwei Kugeln schlugen gerade vor uns auf den Boden und sirrten als Querschläger davon. Ich hatte kein Mündungsfeuer gesehen und nicht einmal den Schatten eines Menschen. Dann hörte ich Schritte, die eilig sich entfernten. Fluchend sprang ich auf, aber ich konnte niemand mehr entdecken.
    Als ich Milly auf die Beine half, war ich darauf gefasst, dass sie weinen oder jammern würde, aber sie gab keinen Laut von sich. Ihre roten Lippen waren zu einem schmalen Strich zusammengepresst.
    »Auch eine blöde Art, einen zu überraschen«, versuchte ich krampfhaft zu scherzen. Dann sah ich es in ihrer Hand blitzen.
    Ich sah genauer hin und griff danach. Es war ein 22er Derringer mit elfenbeinernem Griff.
    »Tragen Sie das immer mit sich herum?«, fragte ich bestürzt. Was tat das Mädel mit einem Revolver, wenn er auch noch so klein war?
    »Eine alte Angewohnheit.« Sie lächelte schon wieder. »Pete schenkte ihn mir einmal, damit ich nicht schutzlos durch die Gegend renne.«
    »Pete?«, sagte ich ungläubig.
    »Haben Sie gesehen, wer das war?«, fragte sie ablenkend.
    »Keine Ahnung. Was ich wissen möchte ist nur, wem die Schüsse gegolten haben, Ihnen, mir oder vielleicht uns beiden?«
    »Wer sollte mir etwas tun wollen?«, murmelte sie. »Oh Gott. Ich habe meine Tasche fallen lassen.«
    Gemeinsam suchten wir, und dann bückte ich mich, um das Zeug aufzuheben, das herausgefallen war. Es waren die üblichen Kleinigkeiten, die eine Frau herumträgt, und dann noch ein paar handgerollte Zigaretten. Ich hätte sie liegen gelassen, aber Milly fing an sie aufzusammeln. Ich war leicht erstaunt, aber half ihr.
    Ich schnupperte. Der Tabak roch süß, so süß, das sich sofort an Marihuana dachte. Natürlich konnte ich das nicht behaupten, aber ich machte mir kein Gewissen daraus, eine verschwinden zu lassen und in die Tasche zu stecken. Ich wollte sie untersuchen lassen. Vielleicht war es das, was Pete mir hatte sagen wollen. Vielleicht machte er sich deshalb Sorgen um seine Schwester.
    Dann kam die unvermeidliche City Police, und hinterher die noch unvermeidlicheren Neugierigen. Den Cops zeigte ich meinen Ausweis und sorgte dafür, dass sie das herumstehende Volk zerstreuten. Nur Phil, der im Galopp und mit gezücktem Schießeisen herbeigelaufen war, gab ich einen kurzen Bericht. Er war sichtlich erleichtert, als er uns beide frisch und munter sah, aber trotzdem war uns allen die Lust vergangen. Wir verzogen uns, ohne uns von Hunt, seiner Partnerin und Mr. Brix verabschiedet zu haben.
    Wir brachten Milly nach Hause, und dann lud ich Phil ab. Es war ein Uhr, als ich zu Bett ging.
    Sogar im Traum sah ich die Kleine aus Puerto Rico. Ihre braune, noch im Tod zarte Haut, ihre schwarzen Locken, die geschlossenen Augen und die scheußliche Wunde.
    Ich fuhr hoch. Ich saß im Bett und wusste nicht was das bedeuten sollte.
    Was wollte Carmen Rodriguez von mir? Man hätte meinen können, sie versucht verzweifelt, mich an etwas zu erinnern, aber ich wusste nicht, an was.
    Ich grübelte und schlief darüber ein.
    Am Morgen ließe ich als Erstes die Zigarette aus Millys Tasche im Laboratorium untersuchen.
    Es war Marihuana.
    Milly hatte Reefers, wie man das Zeug nennt, und sie trug einen Derringer bei sich/Milly war bei mir gewesen, als man auf uns schoss und Milly war die vertraute Sekretärin des Mr. Hunt und angeblich auch die der Mrs. Hall. Letzteres wagte ich zu bezweifeln. Ich hätte mär vorstellen können, das Mrs. Hall sich nur durch ihre geschäftliche Tüchtigkeit und ihren persönlichen Charme zu der Position hochgearbeitet hatte, die sie heute einnahm. Ich konnte mir sogar denken, dass sie und Milly spinnefeind waren, ohne das zu zeigen.
    Die Sache stank bis zur Spitze des Empire Building hinauf. Das war meine feste Meinung, aber eine Meinung ist etwas anderes als ein Beweis oder eine Überzeugung. Eine Meinung kann man auf Grund seines Instinkts haben, eine Überzeugung nur, wenn man seiner Sache todsicher ist.
    Mein Weg

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