Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0104 - Wir und das Wachsfigurenkabinett

0104 - Wir und das Wachsfigurenkabinett

Titel: 0104 - Wir und das Wachsfigurenkabinett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Ernst Fackenheim
Vom Netzwerk:
bedanken und abzuziehen. Alles schien sich gegen uns verschworen zu haben.
    Im Office erwarteten uns zwei Nachrichten. Der Salat aus der Küche des »Venetia« war einwandfrei. Er enthielt nichts was nicht hineingehörte; Der italienische Junge, der angefahren worden war, war wirklich Alfredo Caramelli. Es ging ihm besser. Er hatte bereits eine Aussage zu Protokoll geben, in der er behauptete, der Wagen habe direkt auf ihn zugehalten. Das Gleiche beteuerten zwei Zeugen, und diese machten die präzise Angabe, es sei ein dunkelbrauner Chevrolet gewesen, an dessen Steuer ein einzelner Mann ohne Hut gesessen habe. Eine genaue Beschreibung konnten sie natürlich nicht geben. Dazu war alles zu schnell gegangen. Das Einzige, was die erkannt haben wollten, war die Haarfarbe, aber auch das nützte nichts, denn der eine bezeichnete sie als blond und der zweite als braun. Für mich war vor allem eine Tatsache wichtig, dass Alfredo angefahren worden war, damit man einen anderen an seine Stelle setzen konnte, und dieser andere musste unterwegs den Salat vergiftet haben.
    Auch das war zweifellos Gangsterarbeit. Um derartige Dinge einzufädeln, brauchte man Sachkenntnis, Erfahrung und Beziehungen.
    Der Nachmittag verlief ohne besondere Ereignisse. Ich will damit nicht sagen, dass ich keine Beschäftigung hatte, aber es war nichts, was besonders aufregend hätte sein können.
    Phil hatte sich verdrückt, ich wusste nicht, wohin. Um fünf Uhr überfiel mich Quinn vom »Herald«. Signora Luciano hatte es nicht lassen können, ihn telefonisch zu informieren. Ich behauptete von nichts zu wissen, und verwies ihn an die City Police.
    Es wurde sechs Uhr, und Phil war noch gar nicht wieder eingelaufen. Gott mochte wissen, wo er sich herumtrieb. Um halb sieben war ich zu Hause. Ich setzte mich nochmals mit dem Office in Verbindung und bat darum, man möge mich anrufen, wenn More sich meldete. Ich nahm mir das Schachbrett und die Figuren heraus und spielte eine Partie gegen mich selbst, aber ich war nicht bei der Sache.
    Um zehn packte ich alles wieder weg und überlegte, ob ich schlafen gehen sollte, aber obwohl ich müde war, ging mir zu viel im Kopf herum, als dass ich mich hätte ins Bett packen mögen. More hatte noch nichts hören lassen, und es würde auch wohl dabei bleiben.
    Ich hatte keine Ruhe, und auch die Whiskyflasche war leer. Es würde am klügsten sein, wenn ich noch etwas Luft schnappte und mir einen Schlaftrunk kaufte.
    Ich kletterte in meinen Jaguar und nahm Richtung auf Greenwich-Village. Dort im Studenten- und Künstlerviertel mit seinen vergnügten italienischen Kneipen und französischen Cafés würde ich auf andere Gedanken kommen. Langsam trudelte ich die Avenue of the Americans hinauf, die früher 6th Avenue hieß und diesen Namen im Volksmund immer behalten würde, als hinter mir die Rasselklingeln der Feuerwehr und die gellenden Signale der Polizeiwagen ertönten.
    Ich fuhr links heran und ließ die Fahrzeuge passieren. Jetzt sah ich auch den roten Schein im Westen und eine hell angestrahlte Rauchwolke über den Docks. Irgendwo am Hudson musste ein Großfeuer sein. Ich überquerte Canalstreet und bog nach Westen ein. Von überall her rasten die Löschwagen heran.
    Harrison Street war abgesperrt. Jetzt konnte ich schon die Flammen auflodern sehen und die Hitze des Brandes spüren. Ich parkte meinen Wagen, zückte den FBI-Ausweis und wurde durchgelassen. In Harrison Street lagen armdicke, prall gefüllte und unter dem Druck des Wassers zuckende Schläuche umher. Hundert Meter voraus brannten ein paar Schuppen. Je näher ich kam, umso größer wurde die Hitze. Funken stoben durch die Nacht. Ich hörte das Heulen der lodernden Glut und das Krachen der zusammenbrechenden Dächer und berstender Mauern.
    »Wem haben sie denn da die Bude angesteckt?«, fragte ich einen vorübereilenden Feuerwehrmann.
    »Speditionsfirma Pullham«, warf er über die Schulter zurück und zog den Kinnriemen seines Stahlhelms fester.
    Jetzt fiel mir erst ein, dass Pullhams Lagerschuppen hier in Harrison Street standen. Ob auch dieses Feuer vielleicht auf »Familienangelegenheiten« zurückzuführen war? Aus mindestens zwanzig Schläuchen ergossen sich dicke Wasserstrahlen in die Glut. Sie verzischten. Dampfwolken und Rauch ballten sich zusammen, ein merkwürdig süßlicher Geruch lag in der Luft, ein Geruch, den ich nicht zu deuten wusste und der mir doch seltsam bekannt vorkam. Es dauerte fast eine Stunde, bis das Feuer unter Kontrolle war.

Weitere Kostenlose Bücher