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0104 - Wir und das Wachsfigurenkabinett

0104 - Wir und das Wachsfigurenkabinett

Titel: 0104 - Wir und das Wachsfigurenkabinett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Ernst Fackenheim
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Geschwister hat er nicht. Natürlich wird weiter nachgeforscht, aber es sieht so aus, als ob auch die so genannten Familienangelegenheiten aufgelegter Schwindel seien.«
    »Ist das alles?«
    »Ja, leider. Es ist nichts Belastendes über ihn bekannt. Im Gegenteil. Er verkehrt mit einwandfreien Leuten und ist wohlhabend.«
    Sackgasse, dachte ich erneut. Alles lief sich tot. Brix war ein unbeschriebenes Blatt und Pullham desgleichen. Keiner von beiden hatte auch nur das geringste Fleckchen auf der Weste. Gott weiß warum Pullham Pete beauftragt hatte. Er war trotz seines Alters ein gut aussehender Mann, und der Begriff Familienangelegenheit ist sehr dehnbar. Es blieben nur noch Milly übrig und die Razzia in der Palmtree Bar. Während meiner ganzen Laufbahn hatte ich etwas Derartiges noch nicht erlebt. Ich hätte nicht gezögert, Kopf und Kragen zu riskieren, wenn ich damit ein Resultat hätte erzielen können.
    Das Telefon klingelte, und ich griff begierig zum Hörer.
    »Hier ist das-Taubstummen-Institut von New York City. Die Generalstaatsanwaltschaft hat mich angewiesen, mich mit ihnen in Verbindung zu setzen. Es handelt sich um einen gewissen Fred Norris, der uns vor zwei Tagen zur Beobachtung eingeliefert wurde. Es ist einwandfrei festgestellt, dass der Mann kein Simulant ist. Soll ich ihnen den genauen Befund geben, oder genügt es, wenn ich Ihnen sage, dass er auf keinen Fall im Stande ist, zu hören oder zu sprechen.«
    »Das reicht mir«, sagte ich doppelsinnig.
    Es reichte mir wirklich. Im Stillen hatte ich etwas anderes erwartet, aber in diesem Falle schienen alle meine Erwartungen wie Seifenblasen zu zerplatzen.
    »Dagegen glaube ich etwas anderes festgestellt zu haben«, fuhr der Arzt fort. »Ich habe den Eindruck, dass der Mann lesen und wahrscheinlich auch schreiben kann. Ich möchte mich nicht festlegen, will Ihnen aber einfach dieTatsache berichten. Als Norris eingeliefert und von mir untersucht wurde, spuckte er ungeniert auf den Fußboden. Er tat das nicht, um mich zu ärgern, sondern schien es nicht besser zu wissen. In dem Einzelraum, indem er untergebracht ist, hängt neben der Hausordnung ein kleines Schild mit dem Satz: ›Es wird gebeten, nicht auf den Boden zu spucken, sondern sich des Spucknapfes zu bedienen, der unter dem Kleiderspind steht.‹ Dieser Spucknapf, das muss ich hinzufügen, ist nicht zu sehen, wenn man nicht weiß, wo er sich befindet. Nun behauptet der Wärter nicht nur, er habe durch den Spion an der-Tür beobachtet, wie Norris die Hausordnung studierte, sondern auch den Spucknapf in Benutzung nahm. Das führt natürlich zu dem Schluss, er habe den Anschlag gelesen und verstanden. Im Übrigen bemüht sich der Mann um ein ordentliches Betragen. Es hat bisher nicht die geringsten Schwierigkeiten mit ihm gegeben.«
    »Vielen Dank, Doktor. Bitte versuchen sie, das Gesagte irgendwie zu erhärten. Wie, muss ich ihnen überlassen. Sie sind der Eachmann. Glauben Sie, es hätte Zweck, wenn einer meiner Kollegen oder ich hinkommen und versuchen, ihn zwar nicht zum Reden, aber zum Schreiben zu bringen?«
    »Ich würde Ihnen raten, das Experiment noch aufzuschieben. Vielleicht kann ich ihn irgendwie fangen. Wie Sie ja eben andeuteten, haben wir in diese Dingen Übung.«
    »Bitte, halten Sie mich auf dem Laufenden, Doktor.«
    »Selbstverständlich.«
    Damit waren wir wieder ein winziges Stückchen weitergekommen, aber was nutzte das schon. Seit Rovellis Tod waren schon fünf Tage vergangen, und je kälter eine Spur wird, umso schwieriger ist es, sie zu verfolgen.
    Um fünf Uhr meldete sich Wilkinson, der Kollege, den Phil in die Palmtree Bar geschickt hatte. Ronny und seine Bande hatten sich nicht sehen lassen. Ich bat Wilkinson, auf dem Posten zu bleiben, bist er abgelöst werde, und schickte Clive More mit den nötigen Instruktionen los.
    Um sechs Uhr hatten wir beide es satt, noch länger zu warten. Ich nahm Phil mit in meine Wohnung. Wir aßen zu Abend und setzten uns dann zu einer Flasche Scotch und einer Partie Schach.
    Schon beim Auslosen der Färben hatte ich Pech. Ich zog Schwarz, das ich absolut nicht mag. Ich eröffnete mit einem Bauern und zog Springer und Läufer nach. Dann brachte ich meinen König durch eine Rochade in Sicherheit, aber Phil war an diesem Abend besonders auf der Höhe. Ich wehrte mich verbissen, war aber nach einer kleinen halben Stunde schon hoffnungslos im Hintertreffen. Dann dauerte es nicht mehr lange, bis Phil meinen König zu hetzen anfing, und

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