0105 - Die Bestie von Soho
hatte uns zusammen gesehen. Hoffentlich schwebte sie nicht in Gefahr, denn die Kuttenträger würden kurzen Prozeß mit ihr machen.
Wirklich eine miese Situation, in der ich mich befand.
Langsam schritt ich den dunklen Gang zurück. Die kleinen Wunden hatten sich geschlossen. Die Blutung war gestillt.
Jetzt suchte ich die Wände ab. Irgendwo mußte es doch noch Licht geben. Dieser Teil der Halle war zwar von der anderen isoliert, doch ich sah keinen Grund dafür, daß die Leitungen gekappt wurden.
Yard für Yard tastete ich die Wände ab. Ich fühlte rauhes Gestein, manchmal feucht und moosig, und ich näherte mich immer mehr der Brüstung, über die man mich geworfen hatte.
Ich brauchte kein Licht mehr zu machen.
Es wurde von ganz allein hell.
Wie im Kino.
Erst langsam, dann schwoll es immer mehr an. Aus einem nur zaghaften Glimmen wurde ein leichtes Strahlen, und einen Herzschlag später riß die Helligkeit die Konturen und Umrisse aus dem Finstern der Halle.
Jetzt erst konnte ich die gesamten Ausmaße der Halle in Augenschein nehmen.
Sie war wirklich gewaltig. Dieser Teil kam mir sogar noch größer vor als der Ausstellungsraum. Ich ging vor bis zum Geländer und schaute in mein Gefängnis hinunter.
Noch jetzt rann mir eine Gänsehaut über den Rücken, als ich die zahlreichen Drahtrollen sah, die verknäult und ineinander verdreht in der Grube lagen. Der Draht war blank, und er schillerte im Licht der Deckenlampen.
Wie tief die Grube war, konnte ich nicht erkennen. Hinter ihr schloß sich ein weiterer Hallenteil an, der völlig leergeräumt war.
Es gab kein Werkzeug mehr, keine Maschinen, nur noch die Sockel, auf denen die Apparate gestanden hatten. Sie wirkten auf dem dunkleren Boden wie helle Inseln aus Beton.
Doch woher kam das Licht?
Es fiel von der Decke her in die Halle hinein. Dort oben waren starke Lampen angebracht worden. Schienen zogen sich quer durch die Halle. Sie hielten die Lampen.
Weitere Türen oder Ausgänge sah ich nicht. Es gab nur den einen, und der war abgeschlossen.
Aber was bezweckte die Gegenseite mit dieser Festbeleuchtung?
Bliesen Golo Gulerian und seine Diener jetzt zum großen Sturm?
Ich mußte mich darauf einstellen!
Plötzlich hörte ich Musik.
Fremde Klänge, etwas orientalisch angehaucht, nicht gerade meinem Geschmack und meiner Mentalität entsprechend. Es schwangen zu viele Disharmonien mit.
Doch ich war sicher, daß diese Musik in Verbindung mit Rauschmitteln auf gewisse Leute ihre Wirkung bestimmt nicht verfehlen würde.
Langsam wurde ich unruhig.
Es paßte mir überhaupt nicht, hier untätig eingeschlossen zu sein.
Wenn ich irgendein Werkzeug finden konnte, war mir schon viel geholfen. Vielleicht eine Brechstange oder etwas Ähnliches.
Die Entscheidung wurde mir abgenommen.
An der Decke begann es.
Ihre Grundfarbe verschwand. Konturen zeichneten sich dort ab, und wie auf einem gewaltigen Fernsehschirm erschien ein Bild.
Ich hatte den Kopf in den Nacken gelegt und hielt den Atem an.
Denn das Bild dort oben zeigte die Bestie von Soho!
Der Anblick traf mich wie ein Schock.
Ich wußte ja, daß Golo Gulerian diese Bestie war, und nun zeigte er sich mir in seiner gesamten Scheußlichkeit. Weit hatte er sein Maul aufgerissen. Ich sah sein mörderisches Gebiß, und ich sah den Umhang, der hinter seinem nackten Körper herflatterte.
Das war nicht alles.
Die Bestie von Soho hockte auf einem gewaltigen, geflügelten Pferd, aus dessen Nüstern gelber Dampf quoll. Das Bild war geprägt von einer absoluten Scheußlichkeit, doch mir war inzwischen klargeworden, daß es zwischen dem Bild und der Realität keinen Unterschied gab.
Die Bestie von Soho existierte tatsächlich, auch wenn sie hier nur als Gemälde zu sehen war.
Warum zeigte sie sich so? Welche Kräfte waren in Gang gesetzt worden?
Darüber brauchte ich mir keine Gedanken mehr zu machen, denn die einzige Tür flog plötzlich mit einem gewaltigen Ruck auf.
Ich kreiselte herum.
Mein Blick fiel durch die Tür, ich hörte das Heulen des Sturms und glaubte, in das Innere der Hölle zu schauen…
***
Sofort verstummten alle Gespräche. Jetzt war es endlich soweit.
Doch Golo Gulerian, der Meister, kam noch nicht! Er machte es spannend.
Glenda Perkins drängte sich eng an Suko. Der Chinese spürte ihr Zittern. Er konnte verstehen, daß sie Angst hatte, denn was auf sie beide zukommen würde, war zum Fürchten.
An mehreren Stellen schwangen Türen auf.
Sie wurden nicht von Geisterhänden bewegt,
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