011 - Der grüne Brand
entstand eine peinliche Pause. Doch dann schaute sie Pfarrer Mint plötzlich voll ins Gesicht.
»Ja«, sagte auch sie.
Mint war inzwischen herangetreten und legte die Hände der beiden ineinander. Die Ehe war geschlossen.
»Sehr hübsch«, sagte plötzlich eine Stimme.
Beale zog mit einem Ruck seine Pistole aus der Tasche.
»Lassen Sie Ihr Schießeisen ruhig stecken, Mr. Beale.«
Harding stand in der Mitte des Zimmers, und hinter ihm war die breite Gestalt Milsoms zu sehen.
»Das ist ja sehr romantisch«, fuhr Harding fort. »Wir wollten die Zeremonie eigentlich gar nicht stören. Vielleicht werden Sie sich jetzt ins Haus bemühen, Mr. Beale, ich habe Ihnen nämlich einiges zu sagen.«
Beale, der die Pistole in der Hand behielt, ging um das Haus herum zur Tür und winkte Pfarrer Mint, ebenfalls mitzukommen.
Harding erwartete sie in der Halle.
»Es steht Ihnen frei, Ihre Frau mitzunehmen«, sagte er. »Ich habe nämlich inzwischen die Absicht aufgegeben, sie zu heiraten. Übrigens wird es Ihnen ja klar sein, daß Ihre Trauung nicht legal ist, obwohl Sie sich sicher mit einer Sonderlizenz bewaffnet haben.«
»Weshalb sollte sie illegal sein?« fragte Beale.
»Weil keine Zeugen zugegen waren«, antwortete Harding triumphierend.
Pfarrer Mint lachte laut.
»Sie selbst haben doch eben zugegeben, daß Sie der Zeremonie beigewohnt haben, ebenso Ihr Freund dort hinten.«
Mr. Milsom machte ein böses Gesicht.
»Ich habe Sie schon längst erkannt, Mint«, entgegnete er wütend. »Und ich kann auch den Grund sagen, meine Herren, weshalb diese Ehe ungültig ist. Dieser Mann hier ist ein Verbrecher, der schon vor fünfzehn Jahren aus der Kirche ausgestoßen wurde. Ich habe im Gefängnis von Portland neben ihm gearbeitet.«
Mint verzog das Gesicht zu einem süßsauren Lächeln.
»Sie haben nur teilweise recht, Milsom«, antwortete er. »Durch ein Versehen bin ich nämlich niemals ausgestoßen worden und somit vor dem Gesetz auch heute noch Pfarrer der anglikanischen Kirche.«
»Um Himmels willen!« stieß Beale hervor. »Dann ist die Trauung ja legal?«
»So legal, wie nur möglich«, sagte Pfarrer Mint unerschüttert.
21
»Soll man das alles nun eine Tragödie oder Komödie nennen?« fragte Rechtsanwalt Kitson, der aufgeregt im Zimmer hin und her ging.
Stanford Beale saß auf einem Stuhl, hielt den Kopf in die Hände gestützt und machte einen niedergeschlagenen Eindruck.
»Ich bin Ihnen gar nicht böse, wenn Sie mich ausschimpfen«, sagte er ohne aufzublicken. »Ich weiß selbst am besten, was für eine Dummheit ich gemacht habe.«
Kitson schaute den jungen Mann ernst an.
»Sie wissen ganz genau, daß ich von Anfang an gegen Ihren Plan war. Auch jetzt kann ich noch nicht verstehen, warum Sie sich nicht Polizeiunterstützung gesichert haben und einfach in das Haus eingedrungen sind, um Miss Cresswell zu befreien, die doch schließlich gegen ihren Willen festgehalten wurde.«
»Meinen Sie vielleicht, das hatte ich mir nicht auch überlegt?« entgegnete Beale leise. »Ich habe aber auch daran gedacht, daß in dem Haus vier oder fünf Männer waren, die vor nichts zurückschreckten - denen es gar nicht darauf angekommen wäre, Miss Cresswell zu beseitigen, wenn sie in die Enge getrieben worden wären. Verstehen Sie denn nicht, daß ich Margaret nicht in Gefahr bringen wollte?«
»Und glauben Sie, daß Sie jetzt etwas gegen Harding unternehmen können?«
Beale zuckte die Achseln.
»Vorerst muß ich warten, bis Miss Cresswell vernehmungsfähig ist.«
»Mrs. Beale«, murmelte Kitson, und der andere errötete.
»Bitte nennen Sie die junge Dame auch weiterhin Miss Cresswell, Mr. Kitson«, erwiderte Beale scharf. »Was sagt der Arzt?« »Er hat ganz entschieden verboten, sie aus ihrem todesähnlichen Schlaf zu wecken. Sie liegt wie unter einer Art Narkose -wahrscheinlich die Nachwirkung irgendeines Betäubungsmittels. Ist Ihnen eigentlich klar, daß Miss Cresswell noch gar nichts davon weiß, daß sie mit Ihnen verheiratet ist? Die ganze Sache gefällt mir überhaupt nicht.«
»Sie können sich darauf verlassen, daß sie auch mir kein Vergnügen bereitet«, knurrte Beale.
»Was haben Sie denn nun eigentlich vor?« fragte Kitson wieder.
»Was haben Sie denn vor?« entgegnete Beale wütend. »Schließlich sind Sie doch ihr Anwalt.«
»Und Sie ihr Gatte«, sagte Kitson grimmig, »und das erinnert mich . . .« Er ging zum Schreibtisch und holte ein Blatt Papier heraus. »Ich habe dies für Sie ausgestellt -
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