0110 - Auf den Spuren der Antis
verfügte, das ihm, Emery, als wichtig erschien, dann war es nur eine Frage der Zeit, bis sich Emery in den Besitz des Gegenstandes seiner Wünsche gesetzt hatte. Manchmal war in der Flotte versucht worden, Emerys „Hobby" nachzueifern. Verschiedentlich gab es sogar einige Männer, die davon sprachen, sich ebenfalls ein Lager zuzulegen, aber verglichen mit Emery waren das Amateure.
John Emery arbeitete dagegen mit einer unwiderstehlichen Beschwingtheit. Das konnte nicht von seiner körperlichen Beschaffenheit herrühren, denn er wog über zwei Zentner und besaß keine einzige knochige Stelle. Emery wirkte auch nicht charmant und arbeitete ohne Galanterie. Es war einfach „das gewisse Etwas", das ihn zu dem machte, was er war.
Die Legende - und Emery war bereits Legende - berichtete, daß in seinem Lager alles zu finden war: vom abgeschnittenen Zopf eines Chinesen aus der Mandschu-Ära bis zur elektromagnetischen Zahnplombe eines Ferbador-Eingeborenen.
Was Emery nicht am Lager hatte, konnte er immerhin besorgen. Ausgefallene Wünsche wurden von ihm prompt erledigt. Sein Honorar war ebenso exklusiv wie seine Arbeit: Er verlangte stets ein seltenes Stück, das sich im Besitz seines Auftraggebers befand.
So war John Emery, Sergeant einer Eliteeinheit der Solaren Flotte, im Laufe der Jahre zu einer Handelsmacht innerhalb seines Bereiches geworden. Seine Freunde behaupteten, daß nichts auftauchen könne, was einen John Emery zu verblüffen vermochte.
Es war der 9. April 2103, als Emery einen bösen Schock erlebte.
Er lag in seinem einfachen Bett und dachte darüber nach, wie er wohl Eduard Gooding, den Mann aus Nigeria, dazu bringen könne, sich von der geschnitzten Totenmaske zu trennen, die er aus seiner Heimat mitgebracht hatte. Emery lag persönlich nichts an Totenmasken, aber der junge Bergotta war wie verrückt danach. Da sich Gooding bisher sturer als ein Wasserbüffel gezeigt hatte, war Bergotta zu Emery gegangen, um ihm von seinen Mißerfolgen zu berichten.
Emery grübelte so intensiv nach einer Methode, mit der er den Afro-Terraner überreden konnte, daß er das leise Summen erst beim dritten Male hörte.
Der Sergeant wälzte sich aus seinem Bett. Er hatte ganz bestimmte Vorstellungen von einem gemütlichen Urlaubsmorgen. Ein Anruf zu so früher Stunde gehörte nicht dazu.
Emery schaltete den Videoschirm ein, der eine persönliche Konstruktion von ihm war, und wartete ergeben, daß sich das Gerät erwärme.
Schließlich wurde das grimmige Gesicht eines Mannes sichtbar, der allem Anschein nach keine gute Meinung von Emerys Eigenkonstruktionen hatte. „Dauert das bei Ihnen immer so lange?" fragte er empört.
Der Sergeant betrachtete ihn mit einer Mischung schlecht verhüllter Gereiztheit und schwachen Humors. „Manchmal schon", erwiderte er. „Sie müssen Ihren Urlaub abbrechen", erklärte der Mann.
Emery sah jetzt, daß er uniformiert war. Er unternahm einen schwachen Versuch, seinem Schlafanzug ein erträgliches Aussehen zu geben, indem er ihn mit der Faust über dem Bauch zusammenzog. Dann begann er, mit dem Zeigefinger im Ohr herumzustochern. „Juckt Sie da was?" erkundigte sich der Uniformierte frostig. Emery hätte ihm gern erklärt, daß es ihn an verschiedenen Stellen jucken könne, ohne, daß es andere Leute etwas anginge. Er beschränkte sich jedoch auf ein deutliches Gähnen. „Melden Sie sich sofort bei Ihrem Kommandanten", wurde ihm befohlen. „Ihre Einheit muß innerhalb von drei Stunden auf dem Raumflughafen versammelt sein."
Emerys erster Gedanke galt seinem Lager. Den zweiten widmete er dem unglücklichen Bergotta, der nun für eine bestimmte Zeit ohne Totenmaske bleiben mußte. Der dritte schließlich galt seinem kurzen Urlaub. „In Ordnung", knurrte er. Er stellte eine neue Verbindung her und beauftragte einen seiner Freunde mit der Überwachung des Lagers. Während seiner Abwesenheit sollte es nicht ohne Aufsicht sein. Dann versuchte er, Bergotta zu erreichen, was ihm jedoch nicht gelang.
Eine Stunde später begab er sich zum riesigen Raumflugfeld von Terrania. Er wußte nicht, daß er zu einem Einsatzkorps von 5000 Mann gehörte, die mit der IRONDUKE starten würden. Das war eine Neuigkeit, die er ertragen konnte.
Was er aber ebenfalls nicht wußte, war, daß man ihn mit einem sozusagen fossilen Maschinenkarabiner ausrüsten würde, den er seit Jahren vergeblich seinem Lager einzuverleiben versuchte.
*
Emery warf einen mißmutigen Blick zum wolkenverhangenen
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