0111 - Unter falscher Flagge
Regal. „Whisky?"
„Eh - vielleicht einen Liquitiv. Sie haben doch sicher noch einige Kubikzentimeter da?"
Rascall schüttelte verwundert den Kopf.
„Das ist die Höhe! Sagte ich Ihnen nicht, man hätte das Zeug gestohlen? Ja, auch die paar Flakons, die unter der Theke standen. Man hat nicht eine einzige zurückgelassen. Ich muß noch heute in die Stadt, um den Vorrat zu erneuern, sonst schlagen mir die Mitglieder das Dach über dem Kopf ein."
Phil Morris hielt es für angebracht, dem Manager allmählich reinen Wein einzuschenken. Zusammen ließ sich vielleicht eher etwas erreichen.
„Sie können sich darauf verlassen, daß Sie in Florida oder ganz Amerika keine einzige Flasche von dem Zeug erhalten, selbst nicht gegen doppelte oder zehnfache Bezahlung. Es kommt fast kein Liquitiv mehr herein. Es sieht so aus, als plane die Regierung eine Gewaltkur in Form einer radikalen Entwöhnung. Die Folgen können wir uns ausrechnen. In vier Wochen werden zweihundert Millionen Süchtige entweder die Zivilisation zertrümmern - oder man muß sie einsperren."
Rascall sah Morris von der Seite an. „Wußten Sie das schon vorgestern abend, als ich Rengall die hundert Flaschen besorgte?
Wußte Rengall es?"
Morris nickte ein wenig beschämt, aber Rascall grinste plötzlich.
„Dann sind Sie also genauso hereingefallen wie ich? Ausgezeichnet. Und was nun? Sehen Sie als Mediziner keinen Ausweg?"
„Man fand in Terrania keinen, wie sollte ich einen wissen? Wir müssen noch irgendwo Liquitiv auftreiben, das ist der einzige Weg.
Ich habe keine ist, den Rest meiner Tage im Irrenhaus zu verbringen. Ich kann noch neun oder zehn Jahre leben. Und ich will sie leben."
„Ich auch", nickte Rascall. „Wo finden wir Liquitiv?"
„In der Stadt. Sperren Sie Ihren Laden ab und kommen Sie mit.
Der Ansturm hat noch nicht eingesetzt, und offiziell wurde auch noch nichts bekannt. Nur wenige Menschen werden Verdacht schöpfen. Wir müssen versuchen, eventuelle Vorräte aufzukaufen.
Haben Sie eine Waffe?" Rascall nickte verwundert. „Ja - natürlich.
Wozu brauchen Sie sie?"
„Wir nehmen sie mit!" Rascall sah auf den erbrochenen Schrank und begriff. Aus einer Schublade nahm er einen sechsschüssigen Revolver und schob ihn in die Tasche seiner Jacke.
„Nehmen wir den Lieferwagen?"
„Er fällt weniger auf", stimmte Morris der Idee zu. „So haben wir überall Grund, nach Liquitiv zu fragen, ohne besonders aufzufallen.
Wir fahren zuerst zu Ihrem Großhändler.
Noch bevor sie die Außenbezirke der Stadt erreichten, begannen sie zu ahnen, daß ihr Versuch zum Scheitern verurteilt war. Eine johlende Menge hielt sie auf, als sie den Wagen des Clubs erkannte. Ehe Rascall sich nach dem Grund des Aufruhrs erkundigen konnte, wurde er aus der Führerkabine gezogen und gezwungen, den Laderaum zu öffnen. Die Suchenden aber stießen Schreie der Enttäuschung aus, als sie feststellen mußten, daß nur leere Flaschen und Kisten mitgeführt wurden.
„Wo habt ihr das Zeug versteckt?" fragte einer und rüttelte Rascall am Kragen. „Rede schon, oder wir bringen dich um!"
„Welches Zeug?" ächzte Rascall und versuchte unauffällig, mit der Hand an seine Waffe zu gelangen. „Ich weiß nicht, wovon ihr sprecht." Er wußte es wirklich nicht, aber er ahnte es. Genau wie Morris, den man in Frieden gelassen hatte.
„Liquitiv, du Esel!" brüllte der Kerl wütend und gab dem Manager einen Stoß, daß er taumelte und stürzte. „Du weißt genauso gut wie ich, daß man nichts mehr bekommt. Nirgends in der Stadt!
Also raus mit dem Zeug, oder wir..." Er kam nicht weiter. Rascall war es gelungen, den Revolver aus der Tasche zu ziehen. Er sprang auf die Füße und richtete den Lauf auf den Rädelsführer der Aufrührer. Die Männer wichen zurück.
„Motor anlassen, Morris!" rief er und zog den Hahn der Waffe zurück. Mit einem Knacken war der Revolver gespannt und schußbereit. „Gib den Weg frei", sagte er zu dem Kerl, der ihn so hart angepackt hatte. „Wir haben kein Liquitiv. Man wird schon dafür sorgen, daß es bald wieder auf den Markt kommt.
Durchlassen, sage ich!"
Drohend fuchtelte er mit dem Revolver, um sich Platz zu schaffen. Morris hatte inzwischen den Motor angelassen und war auf den Führersitz gerutscht. Er legte den ersten Gang ein und öffnete die rechte Tür.
Rascall sprang auf das Trittbrett und hielt sich mit der linken Hand fest. Der Anführer der Tobsüchtigen ließ jede Zurückhaltung und Vorsicht fallen und griff nach dem
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