0115 - Heiße Eisen - kalte Duschen
allen Kräften dagegen sträubte. Patrick Grouch war alles andere als ein angenehmer Mitmensch. Er hätte sie sicherlich nicht besser behandelt als einen Dienstboten, wahrscheinlich noch schlechter. Sie hatte also ein Motiv und außerdem die Gelegenheit. Das Gift konnte sie zu Hause gefunden haben. Ihr Mann hatte ja dasselbe benutzt, wenn er wirklich Selbstmord begangen hat. Aber auch das war jetzt mehr als zweifelhaft. Dorothy hatte, wie sie selbst eingestand und wie Patrick bestätigte, Streit gehabt und war wütend aus dem Haus gegangen. Sie hatte gelogen, als sie angab, sie sei im Kino gewesen. In diesem Augenblick neigte ich zu der Annahme, sie selbst habe die Blausäure in die Ginflasche geschüttet, um den Mann, der sie so schamlos betrogen hatte und den wiederzuerobern ihr nicht gelungen war, loszuwerden.
Nur mit dem Mord an Ellen hatte sie meiner Meinung nach nichts zu tun. Der hatte andere Ursachen. Hätte ich nicht den anonymen Anruf erhalten, so wäre ich sicherlich geneigt gewesen, ihr auch diesen zur Last zu legen.
»Ich wollte Sie noch etwas fragen«, wandte ich mich wieder an sie. »Sie haben mir vorgestern abend erzählt, Sie seien im Capitol-Theater gewesen und hätten einen Film mit der Dietrich gesehen. Dieser Film jedoch war bereits abgesetzt. Vorgestern lief einer mit Brigitte Bardot. Sie waren also gar nicht im Kino.«
»Nein«, sagte sie, »ich habe die Unwahrheit gesagt. In Wirklichkeit bin ich voller Wut von einer Bar und von einem Restaurant in das andere gelaufen. Sie hätten mir das ja doch nicht geglaubt.«
»Wenn Sie mir keinen Zeugen dafür bringen können, so glaube ich es auch jetzt noch nicht.«
»Ich habe keinen. Ich bin nur einfach herumgelaufen. Ich wollte mich betrinken, aber ich schaffte es nicht. Der Alkohol ekelte mich an.« Sie senkte den Kopf.
»Denken Sie einmal gut nach! Wenn Ihre Angaben stimmen, so erinnert sich doch vielleicht ein Kellner an Sie, oder jemand, mit dem Sie zusammen am Tisch gesessen haben.«
»Ja.« Plötzlich kam etwas wie Hoffnung in ihre apathischen Züge. »Ich traf jemanden, den ich kenne, aber ich weiß nicht, wie er heißt. Ich weiß nur seinen Vornamen, Percy. Vor längerer Zeit lernte ich ihn einmal zufällig durch Ellen kennen, und vorgestern abend grüßte er mich plötzlich irgendwo. Ich weiß nicht mehr, wo es war.«
Percy… und sie hatte ihn durch Ellen Grouch kennen gelernt!
»Wie sieht dieser Percy aus?« fragte ich.
»Gut«, sagte sie spontan. »Er ist blond, fast genauso wie Frank, aber er ist größer, hat ein regelmäßiges, gebräuntes Gesicht und dunkle Augen. Er muß irgendetwas mit diesem Club zu schaffen haben, in dem Ellen verkehrte. Er sprach davon, und wir unterhielten uns eine halbe Stunde so gut, daß ich fast meinen ganzen Kummer vergaß. Dann mußte er weg.«
»Das könnte Percy Margard gewesen sein, der Freund von Yvonne Casco. Erwähnte er den Namen?«
»Ich glaube ja. Er sagte so etwas von einem Job, den er bei dieser Frau habe und den er gerne aufgeben möchte.«
»Wir werden das nachprüfen, aber vorläufig müssen Sie mich einmal begleiten«, antwortete ich.
Sie stand auf, zog ihren Mantel an und stieg zu mir in den Wagen.
Captain Harper empfing uns in der Haustür. Er winkte einem seiner Leute, der Dorothys Fingerabdrücke festlegte. Dann führte er uns in ein Zimmer zur linken Hand. Patrick Grouch lag auf einem kleinen Sofa. Seine Beine hingen auf den Fußboden, und die Scherben eines Glases lagen am Boden. Sein Gesicht hatte dieselbe rote Farbe wie das Frank Weavers.
»Kommen Sie näher, Mrs. Weaver, und sehen Sie sich das genau an«, forderte der Captain.
Mit kleinen Schritten ging sie auf die Leiche zu. Ihr Gesicht war von Entsetzen und wohl auch Furcht verzerrt, ihre Augen starr, und auf der Unterlippe, in die sie die Zähne gegraben hatte, perlte ein Blutstropfen. Dann blieb sie stehen, drehte sich um, als ob sie flüchten wolle, und fiel mir in die Arme.
»Wasser!« rief Harper.
Ich setzte sie auf einen Stuhl, einer der Detektive wusch ihr das Gesicht, und schneller, als ich geglaubt hatte, war sie wieder bei Bewußtsein.
»Wollen Sie gestehen, Ihren Schwager vergiftet zu haben?« fragte der Captain kalt. »Wir wissen es auch ohne das, und Sie können Ihre Lage durch ein Geständnis nur verbessern.«
Sie gab keine Antwort. Ihr Blick war der eines gehetzten Tieres.
Diese Vernehmungsmethoden sind mir von jeher zuwider gewesen. Ich finde es unfair, jemand, der am Ende seiner Kräfte ist,
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