0116 - Der Tod stand neben uns

draußen stehen, nun, mit drei Mann werden sechzehn Tommy Guns auch noch fertig…
    Er schrak auf. Von hinten war ein tierisches Stöhnen gekommen.
    Peer Loger blickte in die Richtung.
    Unwillkürlich wandten auch die anderen ihre Köpfe dahin. Es hörte sich schrecklich an, dieses dumpfe, schmerzverzerrte Stöhnen aus einer menschlichen Kehle.
    Jetzt sah man, dass sich Slim Cull leise regte. Er musste doch noch am Leben sein. Ein paar Sekunden zögerte der Gangsterchef. Dann blickte er zu seinen Leuten. Zwei waren bereits fertig und zogen die prall gefüllten Geldtaschen über den Tisch zu sich heran.
    Er wartete. Jetzt wurde die dritte Tasche zugeklappt, über den Tisch geworfen, gleich darauf die vierte.
    »Na los!«, fauchte Loger zum fünften hin.
    »Moment, Boss, hier lohnt es sich«, erwiderte der Gangster ungerührt. Und zum Schalterbeamten gewandt fuhr er kaltblütig fort: »Komm, das Päckchen Scheine hinten aus der Ecke auch noch!«
    Loger trat ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. Gleich waren die vierzig Sekunden um, die er ihnen als letzte Frist eingeräumt hatte. Langsam wurde die Lage brenzlig.
    Da - endlich flog die fünfte Tasche über den Tisch.
    »Los, Boys, weg!«, sagte Loger in seiner gewohnten Art.
    Genau in der ausgemachten Reihenfolge zogen sich die Gangster zurück. Als Loger an der Reihe gewesen wäre, ging er ein paar Schritte bis zum Ausgang, dann drehte er sich noch einmal um und fauchte: »Hinlegen! Alles hinlegen! Oder ich mähe euch mit der Feuerspritze ab!«
    Seufzend und knurrend ließen sich Männer, Frauen und ein paar Halbwüchsige nieder. Loger sah triumphierend über sie hin. Es tat gut, sich im Besitz einer solchen Macht zu wissen.
    Langsam hob er seine Tommy Gun.
    »Wer schreit, kriegt auch eine Kugel!«, warnte er.
    Dann drückte er ab. Slim Cull wurde von sechzehn Kugeln zersiebt. Von seinem Herrn und Meister. Das unerbittliche Gesetz der Unterwelt erfüllte sich an einem, der es seinerseits an einem anderen vermutlich ebenso bedenkenlos vollstreckt hätte.
    Eine halbe Minute später heulten die Motoren von vier Fahrzeugen auf und preschten in rasender Fahrt um die nächste Straßenecke.
    Der zweite Überfall war gelungen.
    ***
    Man schickte mir noch sechs Leute aus dem Bereitschaftsdienst. Gerade als sie eintrafen, rief draußen ein Cop der Stadtpolizei durch die Tür herein: »Unsere Zentrale verlangt dringend Agent Cotton!«
    »Ich komme!«, rief ich.
    Draußen zeigte mir der Cop einen Streifenwagen der City Police und sagte: »Dieser Wagen Sir. Der Hörer liegt auf dem vorderen Sitz.«
    »Danke.«
    Ich kletterte hinein und drehte das Fenster hoch. Die Neugierigen auf dem Bürgersteig brauchten nicht unbedingt zu hören, wovon gesprochen wurde.
    »Hallo! Hier spricht Cotton!«
    »Funkleitstelle der Stadtpolizei. Sie werden von der FBI-Zentrale dringend verlangt, Sir. Ich verbinde… FBI-Funkleitstelle. Hallo Jerry?«
    »Am Apparat.«
    »Hier ist Joe. Wo steckst du denn? Ich habe zwei Minuten lang versucht, dich im vierten Postamt zu erwischen.«
    »Da bin ich ja.«
    »Ja, mag sein, aber die Leitung des Postamtes ist dauernd besetzt. Jedenfalls die Nummer, die fürs vierte Postamt im Telefonbuch steht.«
    »Vielleicht ist das der Apparat vom Vorsteher«, sagte ich. »Da haben die Kollegen den Hörer abgenommen, weil sie Fingerabdrücke suchen.«
    »Na ja, ist ja auch gleichgültig.«
    »Was ist denn los?«
    »Postamt 6 wurde vor zwei oder drei Minuten überfallen. Wir haben gerade den Anruf des Amtes erhalten. Es waren angeblich zehn oder noch mehr Mann. Da es sich wieder um einen Postfall handelt, sollst du die Sache mit übernehmen. Der Einsatzleiter hat schon zehn Mann dorthin in Marsch gesetzt.«
    »Postamt 6?«
    »Ja. Zwei Tote blieben zurück. Ein Gangster und der Vorsteher. Ein anderer Mann ist schwer verletzt und bewusstlos.«
    Ich atmete tief durch. Das hatte uns gerade noch gefehlt.
    »Okay, ich komme mit Phil.«
    Ich stieg aus und knallte die Wagentür zu.
    Das war doch das Unglaublichste, was ich je gehört hatte. Während die Polizei sich um den ersten Fall kümmert, wiederholten die Banditen das gleiche Manöver an einer anderen Stelle.
    Inzwischen waren an die dreißig Cops von der Stadtpolizei eingetroffen und bemühten sich, die Straße einigermaßen für den Verkehr frei zu halten.
    Auf den Bürgersteigen allerdings war es dunkel von Menschen. Die Nachricht von dem verübten Überfall schien sich in Windeseile im ganzen Viertel herumgesprochen zu