0116 - Der Tod stand neben uns
Platz, wo er einen ganz bestimmten Gesichtskreis übersehen konnte. Die Kreise waren so, dass sie sich gegenseitig überschnitten. Besser hätte es auch ein Generalstäbler nicht machen können.
Lane sah hin und wieder hinaus zu der großen Uhr.
Bisher war der Zeiger erst einmal weitergerückt, seit sie die Waffen erhoben hatten. Noch herrschte im ganzen Warenhaus das emsige Treiben von vielen Menschen.
Wer auch nur zwei Verkaufsstände weiter stand, konnte die Waffen der Gangster nicht sehen. Erstens wurden sie tief gehalten, zweitens war jeder von einem Verkaufsstand bis an die Brust gedeckt.
»Los, los!«, sagte Lane. »Verdammt, nehmen Sie gefälligst die untere Schublade auch, sonst jage ich Ihnen eine ganze Serie in den hübschen Schädel!«
Das Mädchen schluckte und riss mit zitternden Händen die untere Schublade hervor. Hier lag der größte Teil der Beute, nämlich die Vormittagseinnahmen der oberen sieben Etagen.
Plötzlich kam ein Mann durch einen der Gänge auf die Sammelkasse zu. Lane machte Maetson durch einen kurzen Zuruf aufmerksam.
Meatson sah sich um, dann trat er einen Schritt vor.
Ahnungslos kam der Mann um die Ecke des letzten Verkaufsstandes.
»Was soll denn da…?«, rief er erschrocken.
Da knallte schon der Lauf der Tommy Gun auf seinen Kopf. Er stürzte, wie vom Blitz gefällt. Es hatte kaum ein Geräusch gegeben.
»Weiter, weiter!«, drängelte Meatson.
Zum zweiten Mal rückte der Uhrzeiger vor. Lane fühlte, wie ihm der Schweiß von der Brust über den Bauch lief und alle seine Sachen festklebte. Auf dem Rücken hatte er plötzlich einen übermächtigen Juckreiz, aber er wagte trotzdem nicht, sich zu kratzen.
»Bi-bitte!«, stotterte das Mädchen an der Kasse.
Lane winkte.
Rawley warf sich den Mantel wieder über den linken Unterarm und verbarg damit geschickt seine Maschinenpistole. Dann zog er mit einem kräftigen Schwung die Tasche über den Tisch.
»Hau ab!«, sagte Lane leise.
Rawley nickte.
Mit unauffälligen Schritten ging er den Gang entlang.
»Meaty und Tok, los ab!«, kommandierte Lane, als er sah, dass die Beute bereits an der hinteren Tür und damit praktisch in Sicherheit war.
Die beiden Gangster liefen dem ersten nach. Nur Belleano, der Italiener, und Lane hielten jetzt noch die Verkäuferinnen, Verkäufer und Kunden rings um die Sammelkasse in Schach.
Träge verloren sich die Schritte der anderen hinten im Gang. Lane zählte sich zwanzig Sekunden ab, dann warf er einen kurzen Blick zurück.
Die anderen hatten auch schon fast die Hintertür erreicht.
»Los, Dicker!«, rief er, drehte sich um und hetzte wie von Furien gejagt durch den Gang zwischen den Verkaufsständen.
Der Italiener raste ihm nach.
Ein junger Verkäufer ergriff seine Chance. Mit einem Ruck stieß er eine breite Stoffrolle in den Gang.
Sie flog genau vor die Füße des Italieners. Belleano stolperte, stürzte und 28 riss im Fallen den Abzug der Tommy Gun durch.
Die Waffe schlug auf den Fußboden. Ihr Lauf spie Tod und Verderben, während die Waffe wie ein verrücktes Lebewesen von dem Rückstoß hin und her geworfen auf dem Boden herumtanzte.
Ein gellender Schrei aus mehreren Kehlen löste sich und hallte den breiten Lichtschacht hinauf bis in die siebente Etage. Belleano schrie wie am Spieß. Er hatte drei Kugeln in den Leib bekommen.
Lane war fast an der Hintertür, als hinter ihm der Spektakel losging. Er warf sich herum und drückte ab, ohne zu sehen, was überhaupt geschehen war. Vier Feuerstöße schickte er den Gang hinunter, dann setzte er mit drei gewaltigen Sprüngen zur Hintertür hinaus.
Die anderen hatten draußen gerade in den von Lofty bereitgestellten Wagen Platz genommen, als drinnen die Schießerei losging.
»Ab!«, rief Meatson. »Los ab! Da müssen vorn schon Cops reingekommen sein, sonst würden die doch nicht pausenlos feuern!«
Die Motoren heulten auf. Mit kreischenden Reifen legten sich die Wagen in die Kurve.
Lane sah den letzten gerade um die Ecke biegen, als er zur Hintertür herauskam.
Tränen der ohnmächtigen Wut stiegen in seine Augen. Im Stich gelassen! Verraten und verkauft! Von den Kumpanen sitzen gelassen, denen er den Rückzug gedeckt hatte!
Während drinnen eine Frau verblutete, zwei Männer ihre Beinwunden mühsam mit einem Taschentuch umwanden und Belleano noch immer schrie, als ob er mit allen Raffinessen mittelalterlicher Technik gefoltert würde, empfand es der Gangster Jack Lane als die fürchterlichste Ungerechtigkeit der Welt,
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