0117 - Der Rattenkönig
meinte Suko:
»Knackiger Knabe, der Captain.«
Ich grinste. »Kann das Militär nicht verleugnen.«
Wir starteten noch nicht, sondern schauten erst auf der Karte nach, um den richtigen Weg auf Anhieb zu finden. Ein Hotelangestellter hatte uns zwar die Richtung erklärt, aber so konfus, daß keiner von uns etwas damit anfangen konnte.
Mit dem Bleistift zeichnete ich den Weg nach und legte Suko die Karte auf die Knie.
»Immer ich«, maulte der Chinese.
»Warst du nicht mal Pfadfinder?«
»Kann mich nicht erinnern.«
Wir starteten. Langsam ließ ich den Bentley in Richtung Ortsausgang rollen.
Überall sahen wir Polizisten. Sie standen an den Straßenecken oder patrouillierten über die Gehsteige. Es war ein Bild, das mich irgendwie störte. Ich mag keine Städte, die von Polizei wimmeln. Sie haben immer etwas Autoritäres an sich.
Die Bewohner und auch die restlichen Gäste hielten sich zurück.
Sie blieben in den Häusern oder Hotels. Allen steckte noch die Angst vom letzten Überfall in den Knochen.
Am Ortsende wurden wir angehalten. Diesmal von zwei anderen Polizisten.
Wieder verschaffte mir mein Ausweis freie Bahn.
»Ich bin froh, wenn wir es hinter uns haben«, meinte Suko.
Da konnte ich meinem Partner nur zustimmen.
Ein Stück mußten wir noch über die Hauptstraße fahren, danach ging es rechts ab ins Gelände.
Der Weg war schmal, aber gut asphaltiert. Vor uns lagen die Berge, oder vielmehr die Hügel. Und wir sahen auch die Burg auf einem der Hügel.
Aus der Entfernung gesehen, wirkten die Gemäuer wie ein paar hingeworfene Steine, doch als wir näher heranfuhren, kristallisierten sich der Turm und die Mauer heraus.
»Sie scheint noch ziemlich okay zu sein«, meinte Suko. »Nicht so wie die Drachenburg.«
Mein Partner spielte damit auf das Abenteuer bei den grausamen Rittern an.
»Die hier ist ebenfalls bewohnt«, sagte ich.
»Auf den Knaben bin ich gespannt.«
»Vielleicht erwartet dich gar kein Mensch.«
Suko schaute mich an. »Du meinst eine Ratte?«
»Ja.«
Der Chinese klopfte gegen den Stiel der Dämonenpeitsche.
»Dieser Ratte werden wir den Zahn schon ziehen, darauf kannst du dich verlassen.«
Eine Kreuzung tauchte auf.
Rechts oder links, das war die Frage. Suko schaute auf die Karte, wir entschieden uns für links.
Der Weg wurde schlechter. Schlaglöcher, Querrillen, tiefe und hartgewordene Reifenspuren schwerer Trecker machten der Federung des Wagens zu schaffen.
Wir hatten inzwischen hohen Nachmittag, und ganz allmählich neigte sich die Sonne nach Westen.
Würden die Ratten mit der Dämmerung kommen? Wir wollten das verhindern, denn ein zweiter Überfall durfte einfach nicht stattfinden. Doch wer sagte mir, daß alle Ratten die Stadt verlassen hatten? Sie konnten sich ebensogut in Hunderten von Schlupfwinkeln versteckt halten.
Das war unser Problem.
Ich dachte auch an die beiden zurückgebliebenen Frauen. Hoffentlich machten Jane und Shao keinen Ärger und verhielten sich ruhig. Nur nichts provozieren.
Rechts und links der Fahrbahn standen so hohe Büsche, daß sie uns die Sicht auf die Burg nahmen. An einer Seite des Wegs gluckerte ein Bach.
»Sollen wir gemeinsam hoch zur Burg?« fragte Suko.
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, wir trennen uns.«
»Einverstanden.«
Das Gelände wurde wieder übersichtlicher. Wir sahen ein paar Scheunen aus den Weiden wachsen. Dahinter lagen Getreidefelder.
An ihnen vorbei führte der Weg, den wir nehmen mußten.
Danach waren wir fast am Ziel.
Ich ließ den Bentley in Deckung einiger Bäume stehen. Wir stiegen aus.
Stille umgab uns.
Hier war nichts mehr vom frischen Küstenwind zu spüren. Die Sonne schien heiß vom Himmel.
Ich nickte Suko zu. »Komm.«
Wir schritten quer über eine große Wiese. Sogar ein paar Kühe weideten darauf. Sie hoben nicht einmal die Köpfe, als wir vorbeigingen, sondern rupften weiter das Gras aus dem Boden.
Über den Burgmauern flirrte die Luft. Sie schien regelrecht zu kochen.
Auch mir war der Schweiß auf die Stirn getreten. Mit dem Handrücken wischte ich ihn ab.
Von Ratten sahen wir nichts.
Suko blieb stehen und deutete auf die Burg. »Ich werde sie umrunden und komme dann von der Rückseite.« Er schaute auf seine Uhr. »Gib mir 20 Minuten Vorsprung.«
»Okay.«
Nach einem Händedruck trennten wir uns. Der Chinese lief schnell. Bald entzog eine Buschreihe ihn meinen Blicken.
Ich gab Suko die Zeit, bevor ich mich auf den Weg machte. Mit dem Wagen hätte ich nicht bis an das Gemäuer
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