0117 - Der Rattenkönig
Ratten hatten ihre große Stunde. Sie hockten überall. Sie waren ausgeschwärmt und hatten den Strand überrollt.
Peter suchte nach Menschen.
Er sah ein Paar Beine.
Es ragte aus einem Strandkorb hervor, und in dem Korb bewegte sich eine graue Masse.
Peter Harding schluckte.
Schnell ging er weiter.
Ein paar Ratten schauten ihn und seine Frau an. Sie ließen die beiden allerdings in Ruhe, weil sie anderweitig beschäftigt waren.
Der Strand hatte sich fast völlig geleert. Und doch war es nicht allen Menschen gelungen, zu entkommen.
Einige lagen im weichen Sand.
Tot?
Peter Harding wußte es nicht genau. Sie konnten auch verletzt sein, er hoffte, daß letzteres zutraf.
Doch wo steckte Sweety?
Gesehen hatte er die Kleine nicht. War es ihr wirklich gelungen, zu entkommen?
Peter hatte lange nicht mehr gebetet, doch in diesem Augenblick sandte er einen stummen Hilfeschrei zum Himmel hoch. Sweety mußte doch gerettet werden. Sie war so jung, die Ratten konnten sie einfach nicht…
Der Mann weigerte sich, weiterzudenken.
Die Hälfte der Strecke hatten sie geschafft. Ihre Füße versanken im weichen Sand. Peter glaubte auch, weit entfernt das Heulen von Polizeisirenen zu hören.
Hilfe nahte.
Falls es nicht zu spät war.
Plötzlich blieb Joyce stehen. Sie stemmte sich gegen den Griff ihres Mannes und wollte nicht weiter.
Peter funkelte sie an. »Mach keinen Unsinn!«
Sie schüttelte den Kopf. Dabei hielt sie die Augen gesenkt, ihre blonden Haare flogen. »Ich… ich kann nicht mehr, Peter. Bitte …«
»Wir müssen!« zischte er.
»Nein…«
Da griff Peter Harding zum Radikalmittel. Er schlug seiner Frau zweimal ins Gesicht, obwohl ihm diese Schläge selbst wehtaten.
Joyce’ Kopf wurde hin und hergeworfen. Sie schaute ihren Mann an, öffnete den Mund, wollte etwas sagen, doch Peter kam ihr zuvor.
»Können wir weiter?«
»Ja, sorry.«
»Schon gut.«
Sie konnten nicht geradewegs auf das Hotel zulaufen, sondern mußten einen Bogen schlagen. Die verdammten Ratten waren überall. Vor, neben und hinter ihnen.
Peter warf einen Blick über die Schulter zurück. Einige Menschen befanden sich noch im Wasser. Sie trauten sich nicht, das Meer zu verlassen.
Hoffentlich wurden sie nicht angegriffen.
Dann erschien die Polizei.
Peter und Joyce sahen die Uniformen weiter oben, wo auch die Hotels lagen. Es waren mindestens 20 Polizisten. Sie hielten unförmige Waffen in den Händen und stürmten in einer langen Kette auf den Strand.
Die Ratten witterten das Unheil.
Sie rotteten sich zusammen. Auf einmal hatten sie einen neuen Gegner.
Als hätte jemand einen Befehl gegeben, so bildeten sie mehrere Gruppen, die sich zum Kampf stellten.
Joyce schrie, als die Tiere über ihre nackten Füße huschten und Kratzer hinterließen. Eine sprang sie sogar an, biß sich aber nicht fest, sondern fiel wieder in den Sand, wo sie sofort weiterrannte.
Die Ratten machten jetzt Front gegen die Polizisten. Joyce und Peter sahen, daß sich die Beamten Gasmasken über die Gesichter gestülpt hatten. Jetzt wußten sie, wie die Leute der Rattenplage Herr werden wollten.
Sie rannten wieder. Peter tat instinktiv das richtige, in dem er seine Frau schräg an den kämpfenden Gruppen vorbeizog. Aus den Augenwinkeln konnte er beobachten, was geschah.
Die Ratten griffen an!
Zu Hunderten stürmten sie auf die Polizisten los, die sich niedergekniet hatten, und feuerten.
Sie hielten mitten zwischen die grauen Leiber. Kaum hatten die Gasgranaten den Boden berührt, da detonierten sie schon.
Urplötzlich breitete sich dichter Qualm aus. Er umhüllte die Ratten wie eine Wolke, die Fliehenden sahen nur huschende Schatten, mehr nicht.
Erste Schüsse fielen.
Ratten wurden von den Kugeln gepackt, hochgeschleudert und überschlugen sich. Die Mehrzahl jedoch tauchte aus dem Qualm lebend auf und jagte auf die Männer zu.
Das Gas hatte ihnen nichts anhaben können. Sie waren immun dagegen.
»Das darf doch nicht wahr sein!« schrie Joyce. Ihr Mann kümmerte sich nicht darum. Er riß seine Frau fort, ihr eigenes Leben stand auf dem Spiel.
Endlich lag der Strand, auf dem noch immer geschossen wurde, hinter ihnen.
Sie hetzten über die Strandpromenade und jagten auf das erstbeste Hotel zu. Joyce taumelte. Sie konnte nicht mehr.
Das Hotel besaß eine große Glastür, hinter der sich die Menschen drängten und angsterfüllt nach draußen schauten.
Erschöpft fielen Peter und Joyce gegen die Tür. Der Mann trommelte mit den Fäusten dagegen, als
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