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0119 - Königin der Seelenlosen

0119 - Königin der Seelenlosen

Titel: 0119 - Königin der Seelenlosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franc Helgath
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hatte Professor Zamorra in der Tat. Für seinen Geschmack erholten sich die wilden Gestalten, die von allen Seiten auf sie einstürmten, viel zu schnell von ihrem Schrecken. Es wurde erkenntlich, daß es dieses Volk mit dem Wahlspruch »Angriff ist die beste Verteidigung« hielt. Einige richteten altertümliche Vorderlader auf sie, andere zogen ihre handlichen Krummschwerter. Einer baute sogar eine Muskete auf seine Gewehrgabel. Wenn er Bleischrot geladen hatte, konnte er auf diese Entfernung ein fürchterliches Blutbad anrichten, und der Mann schien entschlossen zu sein, seine spätmittelalterliche Kanone auch zu zünden.
    Professor Zamorra zeigte den Ankommenden seine Handflächen; eine internationale Geste der Unterwerfung und der Freundschaft.
    Er sprach ein paar Brocken Arabisch, und die wurde er bei dieser Gelegenheit los. Er gab einen ungeheuer blumigen Stuß von sich, aber seine Ansprache schien den Leuten zu gefallen. Er lobte sie über den Schellen-König, verteilte Komplimente haufenweise und würdigte die Tapferkeit und Unerschrockenheit der Männer, sagte noch, daß sie eine Notlandung hätten machen müssen und daß sie sich freuen würden, auf so tapfere und ausgesucht zuvorkommende Menschen zu stoßen.
    Er appellierte an ihre Gastfreundschaft und landete damit einen Volltreffer. Das Mißtrauen verschwand aus den dunklen Mienen. Allmählich nur. Aber dann auch das erste scheue Lächeln in diesem oder jenem bartverwucherten Gesicht. Scheu wurden Hände gereicht und vorsichtig geschüttelt. Dann begannen die Händler alle auf einmal zu plappern, und man verstand sein eigenes Wort nicht mehr. Eine dichte Menschentraube bildete sich um das Flugzeug und seine Insassen, während die ersten Berber damit begannen, die Maschine daraufhin zu untersuchen, was sich ohne größere Mühen abmontieren ließ.
    Vermutlich wäre von dem Vogel nicht allzuviel übriggeblieben, wenn in diesem Moment nicht eine Polizeisirene aufgeheult hätte. Vom südlichen Stadttor her zog sich eine unübersehbare Staubfahne. Eine Garbe aus einem Maschinengewehr knatterte auf, und die Berber, die die Moran umringten, zogen die Köpfe ein und nahmen ihre suchenden Hände wieder an sich. Die Krummschwerter verschwanden in ihren Scheiden. Plötzlich war kein einziges Gewehr mehr zu sehen. Die Männer bildeten eine Gasse.
    Durch die preschte ein verstaubter Jeep. Vier Männer saßen darin. Über die Rücksitze war das MG aufgebockt. Zwei Männer in Khakiuniformen bedienten es. Ein dritter steuerte den Wagen, doch wirklich sehenswert war der vierte Mann.
    Sein fülliger Körper steckte in einer französischen Kolonialuniform. Nur die Kokarden waren abgetrennt und durch die Embleme der Regierung in Rabat ersetzt. Man sah dem Mann an, wie wichtig er sich nahm. Er trug seinen ovalen, olivfarbenen Kopf mit dem pechschwarzen, in der Mitte gescheitelten Haar hoch, als wolle er damit an die nichtvorhandenen Wolken kratzen. Um seine aufgeworfenen Lippen ein arroganter Zug. Keuchend kletterte er aus dem Jeep, zog die Uniformschöße glatt und warf sich in die Brust. Stolz wie ein Pfau stolzierte er auf das Flugzeug und die vier Leute, die ihm entstiegen waren, zu.
    Er war kein reinrassiger Araber. Zamorra tippte auf einen Mischling zwischen Franzosen und Beduinen und kam der Wahrheit dabei ziemlich nahe. Etienne Omar el Koassa de Pertignon war der Sohn einer Hure aus Casablanca und eines reichen Haschischhändlers mit ebenfalls gemischtrassigem Elternpaar.
    Der Halb- oder Dreiviertelfranzose stellte sich vor. Den Beruf seiner Mutter verschwieg er, aber er legte Wert auf die Feststellung, daß er gebürtiger Franzose und damit besser als diese Wüstenaffen um ihn herum sei. Seine Intelligenz und seine Lebensart hätten ihn dafür prädestiniert, zum Polizeichef dieser herrlichen Stadt Tafraoute zu werden.
    Dabei ließ er Nicole die ganze Zeit über nicht aus den Augen. Es war sonnenklar, was er mit seinem Auftritt bezweckte.
    Nicole lächelte den »Pfau« auch gewinnend an, übernahm sofort die Wortführung und wickelte den Polizeichef innerhalb von Sekunden ein, ohne daß der Mann es bemerkte. Er überschlug sich förmlich vor lauter Artigkeiten, und als Zamorras Sekretärin sich zu der Feststellung verstieg, nie damit gerechnet zu haben, hier in Tafraoute auf einen Mann von solchem Glanz und solcher Bildung zu stoßen, kannte die Freude des Polizeichefs keine Grenzen mehr. In einem Anflug von Größenwahn legte er Nicole Duval die ganze Stadt zu

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