012 - Das Schloß des Schreckens
mordete.«
»Genug, genug«, sagte Professor Malveillance ungeduldig, »mit meiner Hilfe gehört das alles der Vergangenheit an. Gestern schon konntest du zum ersten mal das Gewölbe verlassen, konntest das Mädchen beherrschen, Glorya Glanton, das ich durch die Gehirnoperation als Trägerkörper hergerichtet habe. — Bald werden wir am Ziel sein.«
Das Totengerippe in dem hellen Umhang verneigte sich.
»Ja, Meister«, sagte die unirdische Stimme.
Dann ging davon, schritt durch die Wand und verschwand. Der Professor sah seinem unheimlichen Verbündeten bis zum letzten Augenblick nach. Ein böses Lächeln spielte um seine Lippen.
***
Am späten Nachmittag suchten drei Männer das Felsenschloß auf. Der Regisseur Hal B. Wyman, der amerikanische Gehirnspezialist Dr. Manning Roxley und Dean Warren. Der Professor empfing sie sehr höflich am Tor der Burg.
»Es tut mir leid, dass Gabriel heute Morgen so unfreundlich zu Ihnen war«, sagte der Professor aufgeräumt zu Dean Warren. »Aber so ist er nun einmal. Ein ungehobelter Klotz mit einem goldenen Herzen.«
Er führte die Besucher durch den OP-Raum in Glorya Glantons Krankenzimmer. Dr. Roxley blieb in der Tür zum Krankenzimmer stehen, sah bewundernd zurück.
»Um diese Ausrüstung würde sogar die Mayo-Klinik Sie beneiden, Professor«, sagte er. »Diese Sachen müssen eine Menge Geld gekostet haben.«
Professor Malveillance zuckte die Achseln.
»Ich war immerhin einmal die Kapazität auf dem Gebiet der Gehirnforschung und Gehirnoperation. Politiker, Herrscher und Wirtschaftsmagnaten ließen sich von mir behandeln und zahlten fürstlich. — Bis dann eines Tages meine neidischen Kollegen in meinen parapsychologischen Forschungen und in meinen Experimenten, mit denen ich in ein Neuland vorstoßen wollte, den lange gesuchten Grund fanden, mich zum Scharlatan abzustempeln und unmöglich zu machen.«
»Aber, aber, das ist doch schon lange her und vergessen«, sagte Dr. Roxley. »Das sind doch alte Geschichten.«
»Für mich nicht«, erwiderte Professor Malveillance feindselig. »Wir alle wissen, dass nur vierzig Prozent des menschlichen Gehirns genutzt sind. Was aber ist mit den restlichen sechzig Prozent? Welche Kräfte und Fähigkeiten schlummern da noch?« Er warf einen schnellen Seitenblick auf Dean Warren. »Vielleicht enthalten diese sechzig Prozent die Möglichkeit, die Atome und Moleküle des menschlichen Körpers so zu kontrollieren, dass wir durch eine feste Wand gehen oder eine Kugel oder ein Messer durch uns hindurchlassen können. — Wer weiß?«
Hal B. Wyman und Dr. Manning Roxley sahen sich an. Diese Reden ließen ihre schlimmsten Befürchtungen aufleben.
»Wo ist die Patientin?« fragte Dr. Roxley schroff.
Professor Malveillance deutete auf das zweite Bett, das in der düsteren Ecke am Fenster stand. Dr. Roxley trat hinzu. Die Neonröhren an der Decke flammten auf. Warren musste zweimal hinsehen. Dieses blasse Gesicht mit dem kahlrasierten Schädel hatte wenig Ähnlichkeit mit der lebenslustigen Glorya Glanton, die er kennengelernt hatte.
Dr. Roxley untersuchte Glorya Glanton’ rasch und gründlich. Er ließ sich von dem Professor die Unterlagen und Elektroenzephalogramme zeigen. Lange und skeptisch betrachtete er die aufgezeichneten Linien der Hirnströme. Dann wandte er sich an den Professor.
»Meinen Glückwunsch, Professor Malveillance. Das war die präziseste und rascheste Operation dieser Art, von der ich je gehört habe. — Und die Operationsnarben sind schon fast völlig verheilt und vernarbt. — Sie arbeiten mit Laserstrahlen, sagten Sie?«
Professor Malveillance nickte. Dr. Roxley bombardierte ihn mit Fachfragen, doch der bucklige Professor seil wieg, lächelte nur sein maliziöses Lächeln. Mehr denn je erinnerte er Dean Warren an einen Geier mit seiner großen, gebogenen Nase und dem scharf gezeichneten Gesicht.
»Man tut, was man kann«, sagte der Professor, nachdem er keine einzige von Dr. Roxleys Fragen klar beantwortet hatte, »und gelernt ist gelernt. Ich bin immer noch einer der besten Gehirnchirurgen der Welt, Dr. Roxley, obwohl Ich nicht mehr die Routine und Übung habe, die ein Mann meiner Graduation haben sollte.«
Dean Warren verabschiedete sich knapp. Die Dämmerung brach schon herein. Wie zuvor mit Elvira Saba verabredet, fuhr Dean Warren den Chrysler aus dem Schlosshof, raste mit aufröhrendem Motor bergab. Bereits nach der nächsten Kurve verminderte er sein Tempo und parkte den Wagen hinter einer
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