012 - Freie Seelen
Mathew in höhere Sphären. Die Realität bekam ihre wohlverdiente Pause.
*
17. Juli 2063
Bis jetzt hatte alles wie am Schnürchen geklappt. Uli ging seiner Arbeit nach. Unauffällig, aber fleißig. Seit einem Tag, obwohl es ihm schon so vorkam wie mindestens ein Monat.
Keiner hier kannte Philip Marlowe. Die Rechnung schien aufzugehen: Als Servicetechniker war er nicht wichtig genug, um ihn so stark zu überwachen wie einen der leitenden Wissenschaftler. Allerdings wusste er weniger als ein Bruchteil von dem, was diese wussten. Aber dafür hatte er andere Vorteile: Er kam überall hin. Nun, fast überall hin. Leider nicht bis unmittelbar zum Star Gate. Bislang nicht. Aber er hatte sehr schnell einen Weg gefunden, die Daten über Philip Marlowe so weit zu manipulieren, dass sie nun passten. So lange er sich nicht besonders verdächtig machte, funktionierte das auch. Nur einer speziellen Überprüfung würde die Manipulation natürlich nicht standhalten.
Er arbeitete mit sieben anderen auf einer Schicht, der Personalmanager hatte ihm versprochen, dass er nach zweiwöchiger Probezeit in den eigentlichen Inneren Bereich , dem wirklichen Star Gate-Bereich, kommen würde.
Der dortige Servicetechniker ging auf Grund eines schweren Arbeitsunfalls in vorgezogenen Ruhestand und er war sein Nachfolger. Doch war es das normale Vorgehen von Mechanics Inc., Neulinge im besonderen Überwachungsbereich erst über einen zweiwöchigen Zeitraum zu testen. Allerdings nur, was seine Fähigkeiten betraf und nicht betreffend seine wahre Identität …
Was sie machen würden, sollte er die Testphase nicht bestehen, verrieten sie ihm allerdings nicht. Aber er war sicher, dass sie einen Plan B hatten.
»Hör mal, Philip. Du sollst doch in zwei Wochen in den Inneren Bereich ?«
Uli schreckte aus seinen Gedanken. Bea Blues, einssechzig und ein paar Krümel groß, kleiner Busen, rundes Hinterteil, befand sich auf seiner Schicht.
Uli wusste nicht, wieso, aber die Frau faszinierte ihn vom ersten Augenblick an. Wann hatte er sich das letzte Mal verliebt? Wie lange war das schon her? Jahre? Fest stand außerdem, auch sie hatte ein Auge auf ihn geworfen. Er war nicht abgeneigt, war aber noch unentschlossen, ob eine Affäre nicht ein Risiko bedeutete, die seinen Auftrag gefährden könnte.
»Ja, genau genommen ist es am 1. August soweit. Dann geht Mister Lawrence Fitzgerald Fulton in seinen wohlverdienten Ruhestand, wird den restlichen Lebensabend mit Misses Lawrence Fitzgerald Fulton verbringen und ich werde dann für ihn, tagein, tagaus, die technischen Anlagen von Mechanics Inc. warten, wie mit mir noch weitere dreihundert andere. Allerdings werde ich für die unmittelbare Nähe vom STAR GATE der einzige sein …«
Sie lächelte ihn aus ihren grauen – oder waren es braune, ihre Augenfarbe wechselte je nach Lichteinfall – Augen an. Augen, die mehr versprachen. Augen, die ihm schmerzlich bewusst machten, dass er Nachholbedarf hatte. Großen Nachholbedarf. Er rief sich zur Ordnung.
»Ich gehe auch in den eigentlichen Inneren Bereich . Ich wollte das nicht. Aber es gab da einen Vorfall. Irgend so eine Mieze aus der Servicegruppe hatte ein Techtelmechtel mit einem der Sicherheitsleute. Na, der darf sich auf was gefasst machen … Die Mieze hat seine Passwörter benutzt und geheime Informationen auf einen Datenträger geladen. Und mit dem ist sie dann schnurstracks ins Nirgendwo verschwunden. Die Sicherheitsleute sind natürlich aus dem Häuschen. Da geht richtiggehend der Punk ab, das kannst du glauben.
Fisher tobt. Kennst du Fisher? Ein ganz übler Knochen. Wenn der fies wird, dann wird er richtig fies und wie ich gehört habe, ist Fisher richtig sauer, also wird es richtig fies. Der Verantwortliche kann sich auf ganz schön was gefasst machen. Der hat mehr als nur ein Problem.
Die checken mich ab morgen zwei Tage intensiv durch, dann geht’s ab in die Innere. Na, da dachte ich, wir könnten doch vorher noch was unternehmen. Was meinst du?«
Uli hatte sich schon fast entschlossen, der Versuchung zu widerstehen, aber Beas Offerte überrumpelte ihn. Sie lächelte ein wenig gequält, scheinbar hatte sie Angst vor einer Abfuhr. Aber ihre Augen strahlten trotzdem in einem verführerischen Glanz.
»Machen wir. Sagen wir, ich hol’ dich so gegen Acht ab, ist das in Ordnung?«
Und ob das in Ordnung war. Ihr Lächeln sprach Bände. Fortan arbeitete sie fröhlich pfeifend vor sich her, während Uli sich ein wenig mulmig
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