Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
012 - Freie Seelen

012 - Freie Seelen

Titel: 012 - Freie Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: STAR GATE - das Original
Vom Netzwerk:
festbeißen konnte.
    Sollte er es doch, durchstieß er die integrierte Folie, welche knapp unter der Oberfläche saß und sofort Alarm geben würde.
    Doch Uli John Roth hatte einen Trumpf, den kein Einbrecher vor ihm gehabt hatte. Er besaß chemische Pakete in seinem Körper, die eine extreme Leistungsfähigkeit ermöglichten, wenn auch für kurze Zeit und auch mit unangenehmen Nebenwirkungen.
    Dreißig Meter betrug die Höhe, in der Kramerts Büro lag. Dreißig Meter, die er dank seiner besonderen Fähigkeiten zu überbrücken gedachte.
    Er aktivierte per Nervenstrang die Beinpakete und sprang in die Höhe. Er drehte sich im Sprung.
    Als er den Scheitelpunkt in vier Metern Höhe erreichte, streckte er Arme und Beine aus und presste sich somit im Gang fest.
    Jetzt bildete sein Körper ein X, Arme und Beine waren fast voll ausgestreckt, er hielt sich vor allem über die Muskulatur von Fingern und Zehen.
    Er aktivierte weitere Chemikalien und hangelte sich nach oben. Jeder Muskel im Körper wurde angespannt, die Finger und Zehen immer ein Stück weit verschoben. Sein kompletter Körper war ein einziges Muskelpaket, das gleichzeitig gegen die Wände presste und sich Schritt für Schritt, Hand um Hand, nach oben hangelte, das Ganze in einem irren Tempo, immer den Körper gestreckt. Eine kleine Schwäche und er würde viele Meter weiter unten, mit zerschmetterten Gliedern am Boden liegen.
    Schweiß lief seine Stirn herunter. Schweiß trat auch in die Handflächen und erschwerte den Halt. Sein Atem ging schnell und tief, sein Herz pumpte in großer Menge Blut durch den Körper und versorgte die Muskeln. Trotzdem merkte er, wie diese immer schwächer wurden, wie seine Kraft nachließ. Er biss die Zähne zusammen und hangelte weiter.
    Dann hatte er die restlichen sechsundzwanzig Meter hinter sich gebracht und sank ausgepumpt in den horizontalen Schacht, der direkt in die Höhle des Löwen führte.
    Dort blieb er mit brennenden Muskeln und schwerem Atem liegen. Sterne flimmerten in seinem Gesichtsfeld, der Schacht drehte sich und ihm wurde übel. Minutenlang war er nicht fähig, auch nur den kleinsten Finger zu rühren.
    Mühsam unterdrückte er den Impuls, sich zu übergeben und atmete langsam und tief. Stellenweise kämpfte er damit, bei Bewusstsein zu bleiben.
    Langsam ging es wieder. Er verschnaufte noch ein paar Minuten, da er immer noch nicht in der Lage war, einen Finger zu rühren.
    Sie hatten ihn vor den Folgen gewarnt, doch so schlimm hatte er es sich nicht vorgestellt. Er nahm die Kohlenhydratkonzentrate, füllte seine Energiereserven und sammelte Kraft. Kurz dachte er an den bevorstehenden Muskelkater. Dann konzentrierte er sich auf die vor ihm liegende Aufgabe und nahm das letzte Stück in Angriff.
     
    *
     
    21. Februar 2063
     
    Ich sehe in den Spiegel. Kurz habe ich das Gefühl, diese Situation schon einmal erlebt zu haben. Dann vergeht es wieder.
    Ich bin bleich, weiß wie die Wand, die Wangen eingefallen.
    Das Haar hängt fettig und lang um meinen Kopf und spottet dem Begriff Frisur. Ich trage einen Bart, er ist wie das Haar mehr grau als braun, meine eigentliche Haarfarbe.
    Mein Blick wandert an mir herunter. Ausgemergelt, die Rippen stechen hervor, an unzähligen Stellen färbt sich die Haut blau und grün und gelb.
    Ich versuche zu lächeln. Ein mieser Versuch. Mein Zahnfleisch kommt langsam wieder auf die Beine. Zähne sind Fehlanzeige. Ich bekomme neue, das haben sie versprochen. Sobald ich durch bin.
    Durch! Ich habe den Eindruck, dies wird mir nie gelingen. Die Zeit dehnt sich ins Unermessliche. Sekunden zu Minuten. Minuten zu Stunden. Stunden zu Tagen.
    Eine Ewigkeit, ein immer wiederkehrender Kreislauf aus Schmerz, Wut, Hilflosigkeit und Verzweiflung. Eine nicht endend wollende Tortur, die Fegefeuer des Entzugs.
    Ich hebe meine mageren Hände, sie zittern. Dann fühle ich es erneut. Der Krampf kommt, kalter Schweiß rinnt meine Stirn herunter. Mein Magen verkrampft, die bittere Flüssigkeit steigt auf …
     
    *
     
    7. Juni 2063
     
    Kramerts Büro befand sich in einem rotierenden Turmgebäude und genau das war sein Problem.
    Uli robbte den senkrechten Schacht bis zum Ende, dann entfernte er auch dort das abschließende Gitter. Diesmal konnte er sich das anschließende Befestigen sparen.
    Hier würde niemand das fehlende Gitter bemerken, höchstens, er würde sich die Mühe machen und ebenfalls hier hinauf klettern, das war allerdings sehr unwahrscheinlich. Hier kam nie jemand hin. Es müsste

Weitere Kostenlose Bücher