0120 - Die Stunde der Vampire
Gemeinde aus. Saint-Louis, ein Mann wie ein schwarzer Stier, war Mitglied der Geheimpolizei, unmittelbar dem Präsidenten der Republik unterstellt. Geboren und aufgewachsen in Desirée, war seine Verbundenheit mit den Dorfbewohnern aber vielleicht größer als die mit seinem großen Chef in Port-au-Prince. Trotzdem warf er stets die geballte Macht seiner gefürchteten Institution in die Waagschale.
»Dies ist kein Fall für die Zivilmiliz«, fuhr er fort. »Meine Leute müssen ran.«
»Nein«, widersprach Cedric. »Damballah hat gesagt…«
»Meine Leute glauben an die Weisheit Damballahs«, redete der Mann von der Geheimpolizei dazwischen. »Vergiß nicht, daß Papa Doc, als er noch lebte, ein Oberpriester des Voodoo war.«
»Darum geht es nicht, Baptiste. Damballah hat nicht gesagt, daß wir gegen die, die da kommen werden, kämpfen sollen. Die Macht der Menschen ist zu schwach, um ihnen zu trotzen, hat sie gesagt. Damballah hat uns einen anderen Rat gegeben.«
Der Bürgermeister hob hilflos die Arme. »Willfährige Opfer, die an unsere Stelle treten! Kann mir jemand sagen, wo die herkommen sollen?«
»Nun«, sagte Baptiste Saint-Louis nnd lächelte kalt, »da gibt es schon gewisse Möglichkeiten.«
»Ich möchte das nicht«, sagte Janvier sofort, der die Rücksichtslosigkeit und Härte des Geheimpolizisten und seiner Truppe zur Genüge kannte. »Unschuldige Menschen! Wir können doch nicht…«
»Doch!« beharrte Cedric Cedric. »Damballah hat es gesagt!«
»Es gibt vielleicht noch eine andere Möglichkeit«, warf ein anderes Mitglied des Gemeinderats ein. »Wir könnten Desirée evakuieren, bis die Gefahr vorbei ist,«
Sofort griff Janvier nach dem Strohhalm. »Ja, das wäre eine Möglichkeit.«
Baptiste Saint-Louis lächelte spöttisch. »Wirklich? Wo sollen wir denn hin? Nach Tiburon oder Les Anglais vielleicht? Unsere Nachbarn werden sich bedanken. Sie haben selbst nicht genug zu essen, um uns mit durchzuschleppen. Wir wissen nicht, wann die Gefahr vorbei ist. Es kann Wochen dauern, bis Desirée wieder sicher ist. In der Zeit sind unsere Felder verdorrt, und das Vieh ist verhungert.«
»Die Regierung muß für unseren Lebensunterhalt aufkommen«, versuchte der Bürgermeister noch einmal, der Vernunft zum Siege zu verhelfen. Aber er drang nicht durch mit seinen Worten.
»Das hatten wir schon, Janvier«, sagte der Mann von der Geheimpolizei. »Der Priester hat vollkommen recht: der Präfekt wird uns auslachen, wenn wir ihm von Damballahs Weissagung berichten. Der Mann hat studiert. Er glaubt nicht an Voodoo. Und er wird auch nicht an die glauben, die da kommen werden. Nein, wir können nur eins tun. Wir können uns nur selbst helfen!«
»Wir müssen tun, was Damballah gesagt hat«, pflichtete Cedric bei.
Zustimmendes Gemurmel kam von Mitgliedern des Gemeinderats. Sie murmelte fast immer zustimmend, wenn Saint-Louis oder Cedrie etwas sagten.
Auch der Bürgermeister gab schließlich seinen Widerstand auf.
Ich wasche meine Hände in Unschuld, sagte er. Aber er sagte es nur zu sich selbst, denn er wußte, daß Pontius Pilatus nicht sehr beliebt war in Haiti. Er tröstete sich damit, daß Damballah in der Tat den Weg aufgezeigt hatte, der zu beschreiten war. Und außerdem - Jacke war näher als Hose.
»Wie gehen wir vor?« fragte er geschäftsmäßig.
Baptiste Saint-Louis hatte sofort einige Vorschläge parat.
***
Langdon Croce erwies sich in der Tat als ein Mann, der bestens informiert war. Er hatte gute Quellen bei der Polizei, und es war ihm darüber hinaus gelungen, einige der persönlich Betroffenen trotz strengster Abschirmung zu interviewen.
Zamorras böse Ahnungen bestätigten sich. Alles sprach dafür, daß wirklich Kreaturen aus der Welt der Finsternis für die Attacken verantwortlich waren. Wie es aussah, waren die Angreifer an fünf verschiedenen Stellen in und um Cypress Springs sozusagen aus dem Nichts gekommen, wobei ein silbernes Feuer eine wichtige Rolle gespielt zu haben schien. Die unheimlichen Täter - die Beschreibungen, die es von ihnen gab, gingen weit auseinander - hatten dann fünf Menschen in die Kehle gebissen und regelrecht ausgesaugt. Drei der Opfer waren daraufhin gestorben. Nach ihren blutigen Untaten waren die Unholde wieder auf demselben geheimnisvollen Weg verschwunden, auf dem sie gekommen waren, nicht ohne dabei mehr als dreißig Menschen mitzuschleppen.
Dreißig Menschen und… jede Menge Konserven aus einem Supermarkt.
Und gerade die Sache mit den
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