0120 - Jerry Cottons letzter Fall?
den armen, unschuldigen Verbrechern das Leben zur Hölle machen. Als ob es nicht genau umgekehrt wäre.«
Wir sagten nichts weiter. Wir starrten nach vorn durch die Windschutzscheibe. Rechts und links rollten Hunderte von chromblinkenden Wagen an uns vorbei.
New York lebte sein hektisches Leben. Millionen harmloser Leute saßen in den Büros, standen in den Fabriken, rollten mit ihren Wagen durch die Straßen. Die Hitze war für den frühen Vormittag schon recht drückend.
Und sechzehn G-men fuhren einer Gangsterbande entgegen. Würden auch sechzehn von ihnen wieder lebend zurückfahren, wenn alles vorbei war? New York ist groß. Man hat zuviel Zeit zum Nachdenken, wenn man einer solchen Sache entgegenfährt.
»Da vom ist es!« rief Phil plötzlich.
Ich trat zweimal auf die Bremse, um den nachfolgenden Wagen hinter mir das verabredete Signal durch mein aufflammendes Bremslicht zu geben. Schon sahen wir, wie der erste Wagen nach links abbog und die Einfahrt gewann. Ich fuhr den Jaguar rechts an den Bürgersteig heran.
Wir sprangen heraus und überquerten schnellen Schrittes die Straße, um in Deckung der Hauswand zu kommen.
Von der rechten Hausecke ertönte ein Pfiff. Ein Kollege winkte kurz. Das Zeichen, daß dort alle Leute wie besprochen aufgestellt waren. Schon kamen der Pfiff und das Winken von links.
»Gehen wir«, sagte ich zu den beiden Kollegen, die wartend bei uns standen.
Wir hatten uns links von der Haustür an die Wand gedrückt. Rechts standen die sechs Mann, die Lifts und Treppen abriegeln sollten. Sie hatten Maschinenpistolen in den Händen.
Zwei vorbeigehende Maurer blieben erschrocken stehen, und einer öffnete den Mund weit. Wahrscheinlich wollte er um Hilfe rufen.
»Gehen Sie weiter!« rief ich ihm leise zu. »Wir sind G-men! Los, gehen Sie weiter, bevor das Theater losgeht!«
Das brachte die beiden rasch in Bewegung.
Ich winkte den sechs Kollegen. Sie nickten. Wir vier marschierten in das Gebäude. Eine Wolkenkratzerhalle wie in -zig anderen Häusern auch. Rechts der lange Tisch mit den verschiedenen Schaltern. Eigene Poststation fürs Haus, Auskunft, Beschwerdeabteilung, Portier, Hausverwalter. Links zwei große Glasschwingtüren, die in einen Speisesaal führten. Genau gegenüber dem Hauptportal die Lifts. An den Glastüren ein Schild ›Heute geschlossen‹. Phil mit einem Kollegen stellte sich links von den Glastüren auf. Ich mit dem anderen rechts davon. Wir zogen Zeitungen hervor und lasen. Plötzlich wurde es totenstill in der Halle.
Zum Portal kamen die sechs Kollegen mit den Maschinenpistolen herein. Sie gingen schnellen Schrittes zu den Aufzügen. Ich warf meine Zeitung beiseite, zog meine Kanone und sagte mit ruhiger Stimme:
»Wir sind G-men vom FBI! Hier unten befindet sich eine Gangsterbande, die verhaftet werden soll. Es muß damit gerechnet werden, daß geschossen wird. In Ihrem eigenen Interesse rate ich Ihnen, das Gebäude sofort zu verlassen und sich auch draußen nicht zu nahe heranzuwagen. Kein Grund für eine Panik! In ein paar Minuten ist hier alles vorbei. Aber solange sollten sie in Deckung gehen.«
Eine gewisse Unruhe war natürlich nicht zu vermeiden. Ein paar Frauen kreischten auf, ein Köter kläffte, nervös geworden wie die Leute, und ein paar Männer fluchten auf uns. Wir sollen die guten Bürger immer vor den Verbrechern schützen, aber wir dürfen sie dabei nicht belästigen.
Mit einem Blick vergewisserte ich mich, daß unsere Leute hinten auf dem Posten waren. Jeder ankommende Lift fuhr mit allen Leuten sofort wieder empor. Die Halle war schon fast leer.
»Gehen Sie! Ich kann keine Verantwortung mehr übernehmen!« rief ich den letzten drei Männern und einer alten Tante zu, die neugierig gafften.
Sie rührten sich nicht. Sollte ich von den wenigen Leuten, die ich hatte, auch noch einige abziehen, um Neugierige wegbringen zu lassen? Man kann aus der Haut fahren, wenn man auf so etwas Dickfelliges stößt.
»Nun verschwinden Sie doch schon!« rief ich wütend.
»Hören Sie mal, junger Mann«, sagte die alte Tante mit spitzen Lippen. »Ich kann stehen, wo es mir paßt!«
»Die Gangster werden dahin schießen, wohin es ihnen paßt!« rief ich ärgerlich. »Jack, bringen Sie die Leute nach hinten zu einem Lift und dann hinauf mit ihnen. Meinetwegen auf den Dachgarten oder sonst wohin. Nur hier weg! Wenn die eine herumschwirrende Kugel abkriegen, zerreißen uns die Zeitungen morgen.«
Der Kollege hinter mir nickte und ging zu den Leuten. In
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