0122 - Der Knochenthron
ich ihn, wo er war.
Die Dämonenpeitsche hatte ich nicht mitgenommen. Suko wollte sie behalten, er sollte in London schließlich nicht unbewaffnet herumlaufen. Deshalb entschied ich mich für die Standardausrüstung.
Kreuz, Beretta, Dolch.
Die Ersatz-Pistole und die Gnostische Gemme wollte ich Bill Conolly überlassen.
Ich hatte noch ein paar Minuten Zeit und legte mich aufs Bett.
Schlafen konnte ich nicht, dafür war die Ungewißheit viel zu groß.
Auf diese Geisterstadt war ich wirklich mehr als gespannt…
***
Wir nahmen den Leihgolf. Bill hatte ihn aufgetankt.
»Finden wir in Frisko überhaupt einen Parkplatz?« fragte ich meinen Freund.
»Klar, am Hafen immer.« Er war Optimist.
Bill fuhr wie ein Alter; es schien so, als würde er schon monatelang in der Stadt leben. Nach einer Viertelstunde hatte ich den Trick raus. Da es in Frisco sehr viele Einbahnstraßen gibt, konnte man sich kaum verfahren.
Wir landeten schließlich auf der breiten Uferstraße, die dicht an den Piers entlangläuft und den schönen Namen The Embarcadero führt. Der Hafen war schon faszinierend. Es herrschte ein ungewöhnliches Leben und Treiben. Da wurde be- und entladen. Da liefen Schiffe ein und wieder aus. Signalhörner dröhnten ebenso wie Hupen und Sirenen. Das Geschäft blühte.
Wir bogen schließlich ab in die 200th Avenue. Und sofort befanden wir uns in einer anderen Welt.
Chinatown.
»Und der Parkplatz?« fragte ich.
»Moment«, sagte Bill, stoppte, drehte und fuhr rückwärts in eine schmale Hauseinfahrt.
Ein uralter Chinese kam uns entgegen. Dienernd und lächelnd blieb er neben dem Wagen stehen.
Bill hatte den Golf in einen Hof gefahren. Dort standen noch mehrere Wagen. Der alte Chinese, dem das Gelände gehörte, vermietete es als Parkplatz. Auch eine Idee, um reicher zu werden.
»Wie lange, Sir, wollen Sie parken?« erkundigte er sich.
Bill schaute mich an. »Was meinst du, John?«
»Keine Ahnung. Du bist doch der Fachmann.«
Bill und der Chinese einigten sich schließlich auf fünf Dollar. Dafür konnte der Reporter die ganze Nacht den Wagen abstellen. Zu Fuß ging es weiter.
Ich erlebte eine fremde Welt. Auch bei uns in London gibt es ein Chinesenviertel, mit diesem jedoch war es überhaupt nicht zu vergleichen. Man kam sich wirklich vor wie in Hongkong. Da waren ungeheuer viel Geschäfte auf engstem Raum zusammengepfercht.
Die Händler boten über gebratene Ratten bis hin zu Seidenstoffen alles an. Viele hatten ihre Stände auf den sowieso schon schmalen Bürgersteigen aufgebaut, sprachen die vorbeischlendernden Touristen an und wollten ihren Kram loswerden.
Und dann die zahlreichen Lokale. Aus jedem duftete es anders.
Manchmal konnte man das Wort Duft auch durch den Begriff Gestank ersetzen.
Hunger bekam ich keinen, wenn ich das roch.
Es gab auch Garküchen auf der Straße. Hier standen die weniger begüterten Chinesen und aßen.
Bill grinste. »Wäre das nicht was für dich, mal eine gebratene Ratte zu probieren?«
»Danke, von Ratten habe ich die Nase voll.« Damit spielte ich auf ein Abenteuer an, das noch gar nicht weit zurücklag.
»Die Soßen sind besonders gut.«
»Dann iß du doch zuerst.«
»Ich habe schon die Ratten probiert. Lecker, ausgezeichnet«, lobte Bill.
»Als ich nicht da war, wie?«
»Genau.«
So hatte ich mir das gedacht. Ein breitschultriger Mulatte stieß mich an und zischte: »Stoff, Sir? Ich habe reinen Schnee!«
»Dann paß auf, daß er dir nicht taut!« gab ich zurück und ging weiter.
»Wollte der dir Rauschgift verhökern?« fragte Bill.
»Ja, Heroin.«
»Das findet man hier oft. Leider. Aber auch Opium. Du wirst es sehen.«
Nicht nur Chinesen bevölkerten die Straßen und Gehsteige. Hier waren sämtliche Nationalitäten vertreten. Mulatten, Neger, Weiße und Menschen indianischer Abstammung.
Über die Straßen schoben sich die Wagen. Sie konnten nur im Schrittempo fahren.
An einer Kreuzung blieben wir stehen. Rechts lag ein großer Vergnügungspalast. Man konnte dort alles haben, von der Peep Show bis zum exzellenten Essen.
Bill schaute sich um.
»Haben wir uns verlaufen?« fragte ich.
Mein Freund rieb sich das Kinn. »Nein, aber wir müssen nach rechts.«
Wir gingen in die Richtung und tauchten 50 Yard weiter in eine schmale Gasse ein.
Hier war eine ganz andere Welt. Von dem Touristengewimmel war nichts mehr zu spüren, denn hier gingen meist nur Einheimische einkaufen.
»In dieser Straße ist die verdammte Rattenhöhle«, sagte Bill
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