0122 - Der Knochenthron
Blick aus den Augen des Chinesen traf meinen Freund. »Nein, er hat genug.«
»Okay, Fettwanst.« Quincy hatte die Worte aufgefangen und rutschte vom Hocker. »Ich gehe jetzt.«
»Das ist auch am besten.«
Quincy würdigte uns keines Blickes mehr. Er ging tatsächlich, jedoch nicht auf den Ausgang zu, sondern hinter unserem Rücken vorbei steuerte er die Treppe an.
Er wollte nach oben.
»Das ist die Chance!« flüsterte Bill.
Mein Freund wollte schon gehen, doch ich legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Nicht so auffällig, Bill, die beiden Keeper haben uns im Auge. Und nicht nur die.«
Das stimmte. Auch die anderen Gäste bekundeten für uns reges Interesse. Hier schienen alle zusammenzuhalten, für einen Fremden ist es immer gefährlich, in solch eine Phalanx einzubrechen.
Und wir waren Fremde. Außerdem hatten wir noch Fragen gestellt, was keinem gefiel.
Hinter uns hörten wir Quincys Schritte. Sie wurden leiser und verstummten völlig.
Ich trank noch einen Schluck Reiswein.
Vier neue Gäste kamen.
Bill dachte mit. Er warf dem Keeper einen Schein zu und winkte ab, als der das Wechselgeld herausgeben wollte.
Dann kümmerten sich die beiden um die neuen Gäste.
Wir rutschten von den Hockern und stiegen die Treppe hoch. Es waren Holzstufen, sie knarrten erbärmlich, doch die Laute gingen in der Geräuschkulisse unter.
Nach dem ersten Absatz führten die Stufen in einen kleinen Flur.
Er war noch mieser beleuchtet als der Gastraum in der Kneipe.
»Was machen wir?« wisperte Bill.
»Weitergehen.«
Ich hatte mein Jackett geöffnet. Wenn es erforderlich war, konnte ich blitzschnell die Beretta ziehen.
Der Opiumgeruch wurde stärker. Ich blieb stehen und peilte um die Ecke nach links.
Mein Blick fiel in einem langen, schmalen Gang. An einer Seite zweigten Türen ab. Das erinnerte mich an das Umkleidehaus in einem Freibad.
Links, wo die Wand verlief, sahen wir nur Bilder. Sie zeigten erotische Motive aus der chinesischen Geschichte. Eindeutige Zeichnungen, aber gut gemacht.
Eine Tür klappte auf.
Das fast nackte Girl war bestimmt nicht älter als 16. Es hielt die Tür auf und ließ einen Mann heraus, der dreimal so alt war wie die Kleine. Es war ein Weißer. Er drückte ihr die lange Opiumpfeife in die zierliche Hand und ging. Der Mann schwankte an uns vorbei, ohne uns überhaupt wahrzunehmen.
In mir kochte es.
Ich gehöre zu den Leuten, die alle Rauschgiftarten hassen. Ob Hasch, Heroin, Kokain oder Marihuana – alles ist lebensgefährlich.
Sollten wir den Fall heil hinter uns bringen, würde ich dem FBI oder der Narcotic Squad einen Tip geben.
Das Mädchen hatte uns gesehen. Fragend schaute es uns an.
Bill schüttelte den Kopf und meinte: »Später.«
Das Mädchen lächelte, nickte, schloß die Tür und ging. Es verschwand hinter einem dunkelroten Vorhang am Ende des Ganges.
Mich wunderte nur, daß man uns so einfach hatte gehen lassen.
Das gefiel mir überhaupt nicht. Irgendwann würde das dicke Ende kommen.
Das teilte ich auch Bill mit.
Der Reporter war der gleichen Meinung. »Aber wir sind zu zweit«, meinte er, »leicht machen wir es ihnen nicht.«
»Du hast Humor.«
Nach dem Auftauchen des älteren Mannes war niemand mehr erschienen. Im Gang blieb es ruhig. Es war eine eigenartige Atmosphäre. Eine brisante Mischung aus Angst, Entspannung und in der Luft liegender Gewalt.
Zudem war es heiß. Der Schweiß lief mir in Strömen über Gesicht und Nacken. Er rann auch den Rücken hinab.
Bill brachte seine Lippen dicht an mein Ohr. »Sehen wir uns die einzelnen Kabinen einmal an.«
»Okay.«
Die Türen waren nicht verschlossen. Man hatte hier wohl großes Vertrauen in seine Gäste gesetzt.
Wir öffneten die erste.
Die Kammer dahinter war klein und länglich gebaut. Auf der der Tür gegenüberliegenden Seite gab es ein schmales Fenster, das sehr einer Luke glich. Darunter stand eine Liege, auf der ausgestreckt ein dunkelhaariger Mann lag. Die Opiumpfeife hielt er in der linken Hand. Der Schein einer winzigen Lampe fiel auf sein Gesicht, das einen entrückten Ausdruck zeigte.
Dieser Knabe war high.
Hinter den nächsten Türen das gleiche Spiel. Auch hier lagen die Raucher auf pritschenähnlichen Liegen und schwebten im siebten Himmel. Wenn danach der große Katzenjammer kam, war es die Hölle.
Wieder eine Tür weiter fanden wir dann ein Mädchen, das dem Raucher Gesellschaft leistete. Die Kleine war ebenfalls noch jung.
Wir schlossen die Tür rasch.
Die letzte Kammer war
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