0123 - Wir zertraten die Hafenratten
sah uns groß an, blieb aber auf seinem Stuhl sitzen, der von der Barriere einige Schritte entfernt war. Ich hätte schreien müssen, damit er es hören sollte.
Also winkte ich, dass er näher kommen sollte.
Er grinste und blieb sitzen.
Phil sah mich kurz an, dann stieß er eine Schwingtür in der Barriere auf und marschierte hin. Ich folgte ihm.
»FBI«, sagte Phil leise und ließ seinen Ausweis sehen. »Bleiben Sie sitzen, machen Sie kein Aufsehen. Wir wollen lediglich eine Auskunft.«
»Aye-aye, Sir«, versicherte der Neger auf einmal sehr zuvorkommend. »Alles, was ich weiß, Sir.«
»Eins genügt uns schon«, meinte Phil. »Wo finden wir Mort Stupply?«
»Stupply? Augenblick, Sir, ich sehe nach. Hier wohnen dreihundert Leute und mehr. Ich kann nicht alles auswendig wissen. Ich sehe nach, Sir.«
Er suchte eine Kladde aus einem Flach seines Schreibtisches, der überall Brandstellen von Zigaretten aufwies, blätterte eine Weile und sagte dann: »Elfter Stock, Sir! Flur C, Sir! Apartment 423«, wiederholte Phil. »Okay. Wir fahren mal rauf. Wenn Sie auf den Gedanken kommen sollten, rein zufällig mit demselben Mann zu telefonieren, könnte es mächtig viel Ärger geben -okay, Boy?«
Der Neger rang die Hände und schwor bei einigen Heiligen, dass er nicht im Traum daran dächte, einen Verbrecher zu warnen. Wir hofften es für ihn.
Im elften Stock herrschte ein Betrieb wie auf einem Rummelplatz. Im Flur spielten an die zwanzig Kinder schreiend etwas, wobei viel Wasser mit Wasserpistolen verspritzt werden musste. Als Erwachsenem geht einem der tiefere Sinn solcher Spiele ja selten auf.
Phil stieß mich an, während wir stehen blieben und den Betrieb musterten.
»Wir müssen vorher die Kinder wegkriegen. Aber wie?«
Ich kratzte mir das rechte Ohrläppchen. Man hat als G-man schon manchmal recht komische Situationen zu meistern. Aber am schwierigsten wird es immer, wenn Kinder ins Spiel kommen.
»Sehen wir uns erst einmal an, wo Stupply überhaupt residiert«, sagte ich leise zu Phil.
Er nickte.
Behutsam stiegen wir über einen dreijährigen Knirps, der mit einer Wassermaschinenpistole hantierte, die ebenso groß war wie er selbst. Dann suchten wir die Türen der einzelnen Apartments ab.
Plötzlich ging drei oder vier Türen weiter eine Tür auf, und ein Mann trat heraus in den Flur. Er starrte auf uns. Ich starrte auf ihn.
Es war zweifellos Stupply, denn sein Erschrecken sprach für ein schlechtes Gewissen.
Er sprang zwei Schritte vor und riss ein vier- oder fünfjähriges Mädchen an sich.
Ich warf Mantel und Maschinenpistole weg und sprang ebenfalls vor. Mit der Rechten hielt er mir eine Pistole entgegen, mit der Linken presste er das Mädchen gegen seine Brust.
Er hatte den Arm mit der Waffe noch nicht ganz erhoben, als ich bei ihm war, und das war mein einziger Vorteil.
Ich schlug ihm die gestreckte Handkante mit aller Wucht auf das Gelenk. Er schrie auf und ließ die Pistole fallen. Ich riss ihm den linken Arm weg und fing die Kleine auf, die jetzt in lautes Weinen ausbrach.
Inzwischen war auch Phil herangekommen. Er bückte sich nach der Waffe des Verbrechers.
Phil sah es nicht. Ich hatte das Kind auf dem Arm, wollte trösten und sah wie in einer Großaufnahme plötzlich das Schnappmesser vor mir, das Stupply aus der Rocktasche herausgerissen hatte.
»Phil«, schrie ich.
Er warf sich aus seiner gebückten Stellung einfach in einem Hechtsprung nach vorn, sodass er ein Stück über den blanken Flur schlidderte. Stupplys Arm zischte hernieder, stieß ins Leere und riss seinen Oberkörper nach vorn.
Ich stellte das Mädchen zur Seite, warf mich herum und erwischte seinen Arm. Während ich mich abermals herumwarf, drehte ich seinen Arm mit und schlug ihn auf mein hochgerissenes Bein.
Er ließ das Messer fallen. Ich behielt sein Handgelenk, drehte es ihm auf den Rücken und zwang ihn so, vor mir herzugehen in sein Zimmer. Phil kam nach und schloss die Tür.
Der Bursche hatte ein ziemlich feudal eingerichtetes Apartment. Er konnte unmöglich einer der kleinen Revolverhelden sein die eine Rackettbande als Leute in der vordersten Linie braucht. Bei dem Luxus, der diese Wohnung ausfüllte, musste er schon einer der oberen Dienstgrade in der Gang sein.
Ich ließ ihn los.
Er warf sich herum und keuchte: »Was wollt ihr?«
Ich musterte ihn kalt. Dann sagte ich langsam.
»Ich bin Rose Millers Bruder.«
»Wer ist Rose Miller?«, fragte er, wurde schon sicherer und demzufolge frecher.
»Das
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