0124 - Die Mörder-Blumen
er sich um.
»Sind wir hier richtig, John?« fragte er.
»Wahrscheinlich.«
Suko hob die Schultern.
»Kennst du die Geschichte vom Schlaraffenland?« fragte ich ihn.
»Das ist das Land, wo Milch und Honig fließen. Da fliegen dir gebratene Tauben in den Mund.«
»Hoffentlich sind es keine Monster«, murmelte Suko. Das Mißtrauen hatte er ebensowenig überwunden wie ich. Vorsicht war uns zur zweiten Natur geworden.
Wir schauten uns um.
Unter unseren Füßen wuchs das Gras wie ein hellgrüner Teppich.
Es federte bei jedem Schritt.
Es gab keine Wege, sondern nur die Weite eines welligen Hügellandes.
Auch von den Blumen sahen wir nichts. Leer und verlassen lag die Wiese vor unseren Augen.
»Gehen wir«, sagte Suko. Obwohl er leise sprach, klang seine Stimme in der klaren Luft ziemlich laut.
Ich war einverstanden.
Mein Kreuz hielt ich nicht verborgen, sondern hatte es über meinem Hemd hängen. Es sollte und es würde mich in diesem Land beschützen, das sich so einladend und harmlos präsentierte und doch voller Gefahren steckte.
An letzteres glaubte ich fest. Schließlich befanden wir uns nicht auf der Erde, sondern in einer anderen Dimension. Noch nie hatte ich eine kennengelernt, in der es keine Gefahren gab.
Es war nicht besonders hell, aber wir konnten uns orientieren.
Wir schritten über die Wiese. Oft blickten wir zu Boden und suchten nach den geheimnisvollen Blumen.
Nichts.
Ich schaute auf die Uhr. Sie war stehengeblieben. In der Dimension galten andere Zeitgesetze, die wir mit unseren nicht messen konnten. Vielleicht entsprach in diesem Land eine Minute unserer Stunde.
Das war jetzt zweitrangig. Suko deutete plötzlich nach vorn. Sein Zeigefinger wies auf den Horizont, wo er einen helleren Streifen sah. »Dort scheint irgend etwas zu sein«, bemerkte er.
Ich nickte.
Wir beschleunigten unsere Schritte.
Nach wie vor war die Luft fantastisch klar, eine Wohltat für unsere Lungen.
Dann senkte sich das Gelände. Wir blieben am oberen Rand stehen und sahen einen schmalen Bach, der das winzige Tal zerschnitt.
»Honig scheint es nicht zu sein«, brummte Suko, als wir auf den Bach zuliefen.
»Kannst ja mal probieren«, erwiderte ich.
Zwei Sekunden später verging uns der Humor, denn da steckten wir inmitten eines Gefahrenherdes.
Plötzlich begann sich die Erde um uns herum zu bewegen. Der Grasboden wellte hoch, ich kam mir vor wie auf einem Trampolin und wollte zurück, aber hinter uns war das gleiche Phänomen entstanden.
Im selben Augenblick öffnete sich die Erde.
Blumen sprossen hervor.
Herrliche, wild duftende Blumen, groß wie Menschen. Wie Krakenarme bewegten sie sich auf und nieder, gewaltige, bunte Kelche schwebten über unseren Köpfen und öffneten sich.
»Vorsicht!« warnte Suko.
Sein Ruf kam keinen Augenblick zu spät, denn über mir war einer der Blumenkelche dabei, sich um meinen Kopf zu stülpen. Sofort riß ich die rechte Hand hoch, stieß die Faust in den Kelch hinein, und hatte das Gefühl, gegen weiches Wildleder geschlagen zu haben.
Dann wirbelte etwas an meiner linken Schulter vorbei und klatschte gegen den Blütenkelch.
Die Riemen der Dämonenpeitsche. Suko hatte damit zugeschlagen und auch einen Erfolg erzielt.
Die Peitsche schleuderte die Blüten zurück, sie verlor ihre leuchtende grüne Farbe, wurde grau und rieselte als Staub zu Boden. Mir fiel ein Stein vom Herzen. Unsere Waffen waren also auch in diesem geheimnisvollen Land wirksam.
Doch die Gefahr war längst nicht gebannt. Weitere Blumen griffen an. Ja, es war ein regelrechter Angriff, denn sie wollten uns in ihre Gewalt bekommen.
Sie beugten sich von allen Seiten vor, um ein Dach über unseren Köpfen zu bilden, das uns zu Boden drücken sollte.
Ich nahm den geweihten Silberdolch.
Schon vor dem Eintritt in dieses Land hatte er seine Wirksamkeit bewiesen, jetzt würde er es auch schaffen.
Über mir fächerte ein Blütenkelch weit auseinander. Auch er wollte mich fangen. Ich hielt den Dolch in der rechten Hand und führte die Klinge in einem Halbbogen, wobei ich mit der scharfen Seite die Blüte völlig aufriß.
Die Blätter trudelten zu Boden. Aus den Schnittstellen quoll Dampf, dann fiel die Blume in sich zusammen.
Hinter mir kämpfte Suko. Ich vernahm das charakteristische Klatschen, wenn er mit der Dämonenpeitsche zuschlug. Diese aus der Welt der Finsternis stammende Waffe hatte uns schon unschätzbare Dienste erwiesen, wie sich jetzt auch wieder bewies.
Auch mit dem Kreuz kämpfte ich. Ich
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