0125 - Wir stutzten ihm die Krallen
nicht auf eine der von ihm so großartig ausgelegten Spuren…
Wir hielten vor einem netten Speiserestaurant und nahmen das versäumte Abendbrot heißhungrig ein. Danach fuhr ich selbst nach Hause. Phil nahm sich ein Taxi. Müde und nicht ganz zufrieden mit der Entwicklung der Dinge gingen wir fast zur gleichen Minute ins Bett. Wir schliefen beide tief und traumlos, bis uns am nächsten Morgen der Wecker in den Kampf des Alltags zurückholte.
Im Office erkundigten wir uns sofort bei der Zentrale nach einem Anruf der beiden Kollegen, die Johnny in seinem Atelier hatten erwarten sollen. Ein solcher Anruf war noch nicht eingegangen.
Wenige Minuten später standen die beiden Kollegen in meinem Office. Ihre Gesichter sahen übermüdet aus.
»Na?«, fragte ich gespannt. »Was ist los? Ihr solltet doch auf Johnny warten. Ist was passiert?«
»No. Überhaupt nichts ist passiert. Und dieser Johnny ist vor einer halben Stunde noch nicht zu Hause gewesen.«
Ich sah, wie Phil unruhig an der Unterlippe nagte.
»Okay«, nickte ich. »Geht frühstücken! Ich regle eure Ablösung.«
»Danke, Jerry.«
»Schon gut.«
Ich telefonierte mit dem Einsatzleiter und erreichte, dass zwei Kollegen aus der Bereitschaft des Tagdienstes sofort zu Johnny in Marsch gesetzt wurden. Ich bat alle drei Stunden um ihren Anruf, wenn Johnny nicht kommen sollte. Im anderen Fall erbat ich sofortige Verständigung.
Es war neun Uhr früh, als wir zur Dienstbesprechung in Mr. Highs Arbeitszimmer gingen. Und bis zu dieser Minute fehlte uns von Brocksons Mördern und von Johnny jede Spur.
***
Porty Cell kam am nächsten Morgen pünktlich wie immer zur Arbeit. Sie hatte es nicht so schwierig wie andere Büroangestellte, wenn sie pünktlich sein wollte, denn Professor Holder hatte den Beginn ihrer Arbeitszeit für neun Uhr festgesetzt, sodass man auch nach einem langen Abend immer noch ein paar Stunden Schlaf finden konnte, während die geplagten Kollegen und Kolleginnen in den Büros der Fabriken und Geschäfte schon um acht oder noch früher hinter ihrem Schreibtisch sitzen mussten.
Es war ein schöner Tag oder es versprach jedenfalls, einer zu werden, als Porty das breite Fenster in ihrem Arbeitszimmer öffnete, um frische Luft hereinzulassen. Auf der Straße unter ihrem Fenster spielten ein paar Kinder. Ihr fröhliches Geschrei drang bis zu Portys Ohr herauf.
Ja, dachte sie, ein Kind müsste man sein. Wie schmutzig und grausam ist doch diese Welt der Erwachsenen. Bis gestern Abend wusste ich gar nicht, wie schmutzig und grausam sie sein kann. Sicher, ich habe manchmal Filme gesehen, in denen Gangster vorkamen. Aber das war Kino, nicht Leben. Nach zwei Stunden leichtem Gruseln ging man lachend hinaus und hatte alles vergessen, noch bevor der Tag zu Ende war. Gestern Abend aber war es nackte, brutale Wirklichkeit.
Ich sollte die Polizei verständigen, dachte Porty seufzend. Aber dann werden natürlich auch Polizisten die Bilder sehen. Und ich würde mich zu Tode schämen. Es war schon schlimm genug, dass sie der eine Gangster sah.
Anwaltsfirma Smith & Millerl Wie hatte sie nur auf diese beiden Allerweltsnamen hereinfallen können? Wie hatte sie nur auf diesen plumpen Trick reagieren können? Als ob nicht jeder echte Anwalt ihr einen Brief geschrieben und sie um einen Besuch in seinem Office gebeten hätte!
Sie blätterte im Telefonbuch. Es gab eine unwahrscheinlich große Zahl von Smiths in New York. Einige waren auch tatsächlich Rechtsanwälte. Aber ein Büro von Smith & Miller gab es überhaupt nicht.
Nun, das war ihr schon klar gewesen, als man ihr die Bilder vorgezeigt hatte. Sie hatte sich nur noch einmal vergewissern wollen.
Porty sah auf die Uhr. Es war kurz nach neun. Wenn Professor Holder pünktlich war, würde er sie jeden Augenblick zur Postdurchsicht bitten.
Ob sie mit ihm einmal darüber sprach? Eigentlich konnte man doch mit Professor Holder über alles sprechen. Er hatte ihr gegenüber noch nie den Chef herausgekehrt, sondern war eigentlich eher eine Art freundlicher Mitarbeiter gewesen. Ja, vielleicht sollte sie doch mit ihm sprechen…
Sie schrak aus ihren Gedanken auf. Der Summer ertönte. Professor Holder wünschte, den Posteingang mit ihr durchzusprechen. Sollte sie es ihm sagen? Es klang alles so unwahrscheinlich, so märchenhaft; vielleicht würde er sie auslachen und glauben, sie hätte alles nur erfunden, um sich interessant zu machen.
Porty nahm den Stenogrammblock und ging hinein.
»Guten Morgen, Sir«, sagte
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