0129 - Der Zyklop aus der Hölle
müssen, aber der größte und härteste Kampf stand mir noch bevor.
Der Zyklop lebte.
Ich verließ das Zimmer.
Da vernahm ich schon die Schreie. Sie drangen aus dem Keller.
Ich hörte sie deshalb so gut, weil der Einstieg offenstand.
»Satan, nimm dieses Opfer!« schrie Karl Merkens. Und als ich diese Worte hörte, da wußte ich, daß es zu spät für mich war. Ich hatte es nicht rechtzeitig geschafft.
***
»Willst du dich an deinem eigenen Fleisch und Blut vergreifen?« vernahm Karl Merkens hinter sich eine dumpfe Stimme.
Er zuckte zusammen. Sein zum Schlag erhobener Arm schien in der Luft von unsichtbaren Händen festgehalten zu werden.
Sein riesiger Körper zuckte zusammen, er zog den Kopf in den Nacken und schien plötzlich zu schrumpfen.
»Willst du sie töten?«
Die Stimme schien aus einer finsteren Gruft zu stammen, so hohl und schaurig klang sie.
Aber er kannte die Stimme, hatte sie schon oft genug in seinem Leben gehört.
Damals – vor dem Mord…
»Bernadetta!« flüsterte er rauh.
»Ja, ich bin es!«
Es war eine schaurige Szene, die sich in dem Keller abspielte. Auf dem runden Teufelsaltar hockte das halbnackte Mädchen, hinter ihm stand der Zyklop mit dem schlagbereiten Schwert, und rechts von dieser Bestie erhob sich eine Tote.
Der perfekte Horror – fürwahr.
Der Zyklop drehte sich. Vergessen war seine Tochter, vergessen waren auch die anderen beiden Gefangenen. Er sah nur die Person, die einmal seine Frau gewesen war und die er vor einigen Jahren umgebracht hatte.
Jetzt lebte sie.
Auf welche Weise auch immer.
Eine grinsende, halbskelettierte Gestalt stand vor ihm. Mit erhobenem Arm, den knochigen Zeigefinger ausgestreckt, als wollte sie ihn wieder belehren.
Wie damals…
»Nein!« brüllte und röhrte er gleichzeitig. »Nein, du nicht, Weib. Du gehörst dem Teufel, du wirst ihm immer gehören, ich will dich nicht mehr sehen!«
Er schlug zu.
Und diesmal traf die Machete.
Sie trennte mit einem Schlag den Kopf vom Rumpf der Horror-Gestalt, die einmal seine Frau gewesen war. Es war ein Hieb, in den er all seine Kraft und seinen Haß mit hineingelegt hatte.
Der häßliche Totenschädel knallte gegen die Wand und fiel von dort zu Boden, wo er liegenblieb.
Der Zyklop aus der Hölle war von der Wucht seines eigenen Schlages herumgewirbelt worden. Er hatte sich förmlich gedreht, so daß er mit dem Gesicht zu mir gewandt stand.
Und ich kauerte noch am Rand der Luke.
Er sah mich.
Ich sah ihn.
Merkens brüllte auf und hob seine verdammte Machete. Ich hatte Angst, daß er dem Mädchen doch noch den Kopf abschlagen wollte, stieß mich ab und sprang…
***
Es war ein gefährlicher Sprung, doch ich ging bewußt das volle Risiko ein. Wäre ich auf dem Boden gelandet, so hätte er noch die Chance gehabt, Alceste zu töten, so aber wuchtete ich mit beiden Beinen zuerst gegen seine Brust.
Obwohl der Zyklop stämmig war, hatte er diesem Aufprall kaum etwas entgegenzusetzen.
Merkens wurde zurückgeschleudert.
Für den Bruchteil einer Sekunde funkelte die Klinge der Machete dicht vor meinen Augen. Dann fiel sein Arm nach unten und mit ihm die Waffe, ohne mich auch nur geritzt zu haben.
Ich fiel zu Boden.
Bevor Merkens sich fangen konnte, rollte ich schon herum und kam auf die Füße.
Jetzt standen wir uns gegenüber.
Ich hatte mein Kreuz, er die Machete.
Gegen das Kruzifix würde er nicht ankommen, das wußte ich, und ein hartes, aber auch siegessicheres Grinsen glitt über mein Gesicht.
»Komm nur«, flüsterte ich, »komm.« Dabei hob ich das Kreuz über meinen Kopf, um es gegen ihn zu werfen.
Doch so leicht gab der Satan seinen Diener nicht her. Er griff auf eine andere, schreckliche Weise ein.
Ich hörte das Mädchen schreien!
Blitzschnell wandte ich mich um – und hatte das Gefühl, von einem Elektroschock getroffen zu werden.
Die runde Altarplatte, auf der Alceste saß, begann zu glühen.
Deutlich zeichneten sich die Linien der Teufelsfratze nach. Es war ein düsteres Rot, ähnlich, wie ich es im Auge des Zyklopen gesehen hatte.
Die Hölle aktivierte ihre Kräfte.
Was sollte ich tun?
Da schlug Merkens zu.
Ich sprang zurück, und die verdammte Machete verfehlte mich.
Aus den Augenwinkeln nahm ich die nach Schwefel und Pestilenz stinkenden Dämpfe wahr, die die Altarplatte absonderte.
Sie hüllten das Mädchen ein, das verzweifelt seinen Kopf hinund herwarf.
Es gab nur noch eine Möglichkeit.
Ich warf das Kreuz!
Es landete zwischen den Knien der
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