0129 - Die Vampir-Lady
helle Mondschein drang herein. Blanquet hatte das Licht im Raum gelöscht, um nach draußen sehen zu können. Er brauchte einige Sekunden, um sich an die Helligkeitsverhältnisse draußen zu gewöhnen. Dann sah er die beiden schwarzen Flieger auftauchen.
»Fledermäuse«, brummte er. »Und?«
»Achten Sie mal auf die Größe«, empfahl Zamorra.
»Stimmt, sie sind etwas groß geraten. Aber das kommt schon mal vor«, versetzte Blanquet gleichmütig. »Wahrscheinlich stehen sie gut im Futter. Es ist eine mäusereiche Gegend hier. Fledermäuse fressen doch Mäuse, nicht wahr?«
»Wenn Sie meinen…« murmelte der Professor. »An Ihrer Stelle würde ich nachsehen, ob im Schrank nicht ein Kreuz oder eine Bibel liegt.«
»Sie spinnen ja, Monsieur«, rief jetzt Verdier. »Hören Sie endlich mit diesem Aberglauben auf!«
Nicole erhob sich jetzt mit einem Ruck aus dem Sessel. »Sie sind ein Ignorant, Monsieur James Bond«, stellte sie fest. »Hoffentlich müssen Sie sich nicht gewaltig wundem.«
Es knallte dumpf. Unwillkürlich war Blanquet ein paar Schritte zurückgesprungen und prallte gegen Nicole, die ihn unwillig beiseite schob. »Immer diese plumpen Annäherungsversuche«, kommentierte sie trocken. »Ich sagte Ihnen doch, daß ich in festen Händen bin.«
»Die Fledermaus«, erklärte Blanquet betroffen. »Sie ist mit Volldampf gegen das Fenster gedonnert.«
»Kamikaze«, grinste Verdier. »Na, wo liegt denn das liebe Tierchen jetzt?«
Doch das liebe Tierchen lag nicht betäubt unter dem Fenster. Es kreiste schon wieder und nahm Tempo auf.
Rumms! Die zweite Fledermaus krachte ebenfalls gegen die Scheibe. Etwas knirschte. Zamorra sah aus sechs Metern Entfernung, wie der Vampir von der Scheibe abglitt und sofort wieder zu kreisen begann. Gleichzeitig sah er den zweiten Schatten größer werden und rasend schnell herankommen.
»Die Rollos runter!« schrie Nicole auf. Auch sie hatte begriffen, was jetzt kommen mußte.
Und es kam!
Diesmal war die Geschwindigkeit hoch genug.
Von einem Moment zum anderen barst die Scheibe klirrend auseinander. Die Glassplitter flogen meterweit. Flügelschlagend, flappend torkelte die riesige Fledermaus in den Raum. Blanquet packte entschlossen zu. »Mistvieh!« keuchte er und hielt den Vampir an den Flughäuten fest. Doch das Tier entwickelte eine enorme Kraft, riß sich los und feuerte dem Kommissar die Flughäute um die Ohren. Blanquet schrie auf und taumelte gegen den großen Schreibtisch.
Jetzt war auch der zweite Vampir da.
»Aufpassen!« schrie Zamorra. Er war an das Gitter gesprungen und begann, an den Stäben zu rütteln und zu zerren. »Nicole - flieh!« rief er laut.
Doch das Mädchen schien ihn nicht zu hören.
Verdier hatte seine Dienstwaffe in der Hand. Krachend schmetterten ein paar Schüsse. Deutlich sah der Agent, wie die Kugeln in den Körper der zweiten Riesenfledermaus einschlugen, aber keine Wirkung erzielten.
»Das sind Vampire, begreifen Sie doch endlich!« schrie Zamorra. »Ein Kreuz, rasch!«
Immer noch rüttelte er an den Stäben. Nicole wieselte ungeachtet der Gefahr um den Schreibtisch herum, riß eine Schublade auf. Darin lagen die Zellenschlüssel.
Vor dem Schreibtisch lag Blanquet am Boden, über ihm schwingenschlagend der erste Vampir. Der Kommissar keuchte und stöhnte. Verdier schlug mit der nutzlosen Pistole um sich und versuchte, sich seines Angreifers zu erwehren.
Jetzt hatte Nicole den Schlüsselbund in der Hand und eilte auf die Zellentür zu. Aber trotz seiner Bedrängnis behielt Verdier, wie er annahm, die Übersicht. Er vermutete nichts anderes, als daß die hübsche Sekretärin den Überfall ausnutzen wollte, um ihrem Komplizen zur Flucht zu verhelfen. Er holte einmal kurz aus, der Pistolengriff traf Nicoles Hinterkopf. Mit einem Stöhnlaut brach das Mädchen zusammen. Der Schlüsselbund entglitt ihrer Hand, rutschte über den Fußboden zwischen den Gittern hindurch - in die dritte Zelle, unerreichbar für Zamorra!
Augenblicke später war alles vorbei. In ohnmächtigem Zorn mußte der Professor zusehen, wie die beiden Vampire sich verwandelten, größer wurden und menschliche Gestalt annahmen. Höhnisch grinsten sie ihn an. Die spitzen Reißzähne blitzten auf.
Doch sie kümmerten sich nicht um Zamorra, wußten ihn ja in sicherem Gewahrsam. Und ihr Blutdurst war bereits gestillt. Auch Nicole ließen sie unbeachtet liegen. In dem Professor verdichtete sich mehr und mehr der Verdacht, daß die Vampire einen klar umrissenen Auftrag
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