0129 - Nur über meine Leiche
stand majestätisch, die imponierende Silhouette der Golden-Gate-Bridge.
Die Straße war wie ausgestorben. Ich betrat den Hausflur.
Ich lugte um einen Mauervorsprung. Die Flurbeleuchtung brannte nicht, aber für den Bruchteil einer Sekunde sah ich im Schein einer Hoflaterne, der durch das breite Flutfenster fiel, einen Mann.
Ich hielt den Atem an.
Nicht nur, weil das Gesicht des Mannes mich an die Beschreibung des Barkeepers erinnerte, die dieser von dem Gast gegeben hatte, der sich in der Bar nach Judy erkundigte.
Nein, nicht nur deswegen. Der Mann hatte nämlich etwas in der Hand, was verteufelte Ähnlichkeit mit einem Schießeisen hatte.
Er schlich sich Stufe für Stufe die Treppen hinauf.
Er musste jetzt etwa das erste Stockwerk erreicht haben.
Ich löste mich aus dem Schatten des Mauervorsprunges und setzte meinen Fuß auf die erste Stufe.
Schritt für Schritt langsam und vorsichtig schlich ich nach oben.
Der Unbekannte wurde, je höher er kam, immer unbekümmerter. Nur einmal, im dritten Stock, wo ein Lichtstreifen durch eine Tür fiel, war er etwas vorsichtiger.
Auf dem letzten Treppenabsatz blieb ich stehen. Ich drückte mich in den Schatten des Fensterpfeilers.
Ich hörte, wie der Fremde oben einen Klingelknopf drückte.
Nichts rührte sich.
Der Unbekannte klingelte noch einmal. Ich vernahm leise Schritte.
»Wer ist denn da?«, fragte eine Frauenstimme, die mir nicht unbekannt vorkam.
Der Mann flüsterte irgendetwas. Ich konnte es nicht genau verstehen.
Dann wurde ein Riegel zurückgeschoben. Ein Schlüssel knirschte im Schloss, eine Tür quietschte in den Angeln.
Patsch - patsch - patsch.
Ohrfeigen wurden verteilt.
Langsam schlich ich mich höher.
»Hab ich die endlich aufgestöbert, Herzchen«, zischte der Besucher.
Genau die gleiche Stimme hatte mich auch schon mal angezischt. Vor gar nicht allzu langer Zeit. Nämlich:
»Halt’s Maul, G-man. Du bist gar nicht gefragt.«
Ja, es war Ted mit der Maschinenpistole. Ted Stephen, Mitglied der Brooter-Gang.
Er war so erregt und wütend, dass der mich erst bemerkte, als sich der Lauf meiner Smith & Wesson in seinen Rücken bohrte. Vor ein paar Tagen hatte er mir eine Tommy-Gun in den Rücken gebohrt, jetzt hatte sich das Blatt gewendet.
Ich nahm ihm die Pistole aus seiner Kinderhand und gab ihm einen Stoß nach vorn. Er fiel in die Arme von Judy Hope, die ihn aber gar nicht haben wollte. Sie gab ihm ebenfalls einen Schubs, und er landete wieder bei mir.
Ich hatte jedoch wenig Zeit und Lust, Fangball zu spielen. Ich stellte das Federgewicht auf die Beine und schloss die Tür hinter mir.
»Gehen Wir erst mal ins Zimmer«, schlug ich vor.
Die beiden starrten mich fassungslos an.
Das Mädchen, es hatte sich einen Hausmantel übergeworfen, bequemte sich schließlich, voranzugehen. Ted trottete hinterher wie ein gut erzogener Stubenhund.
Das Wohnzimmer war dürftig möbliert. Ich placierte die beiden auf der Couch und zog mir einen Stuhl heran.
»Sie werden vorläufig hinter Gitter kommen«, begann ich. »Ist Ihnen das schon restlos klar geworden?«
Sie nickten beide stumm. Man hätte nicht sagen können, wer von ihnen ein bleicheres Gesicht hatte.
»Was wollen Sie von ihr, Stephen?«, fragte ich den Hohlwangigen.
Er schwieg und zuckte die Achseln.
Da kam mir unvermutet das Mädchen zu Hilfe.
»Kaltmachen wollte er mich.«
»Du spinnst ja«, sagte Ted Stephen frech.
»Natürlich wolltest du das«, rief Judith Hope.
Wenn ich nicht dazwischengefahren wäre, sie hätten sich wohl gegenseitig die Haare ausgerauft.
»Führt hier kein Schauspiel auf.«, herrschte ich sie an. »Ich will jetzt nur noch einige Fragen beantwortet haben und dann machen wir uns auf die Strümpfe. Seid beide vernünftig, vielleicht findet ihr dann milde Richter. Also, was habt ihr mit Patricia Bradley gemacht?«
»Wir haben gar nichts mit ihr gemacht«, sagte Ted Stephen. »Da haben schließlich noch andere ihre Finger drin.«
»Wer?«
»Drei Mann sind’s, die das organisiert haben.«
»Die Namen will ich wissen, Ted.«
»Die kenne ich doch nicht. Ich weiß auch nur, dass die drei bei den Bradley-Werken angestellt sind. Mehr weiß ich nicht. Brooter ist ja der Boss, nur er weiß Bescheid.«
»Ist Brooter auch in Frisco?«
»Aber woher denn… Der geht doch nicht aus dem schönen New York raus. Er hat einen Tick bekommen.«
»Wie soll ich das verstehen?«
»Der ist stolz, dass ihr ihn nicht geschnappt habt. Er war bei demselben Doc, der Judy ’ne
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