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013 - Der Mann, der alles wußte

013 - Der Mann, der alles wußte

Titel: 013 - Der Mann, der alles wußte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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Pfeife im Mund herunter und sah sich um. Als er um halb zwölf hereinkam, war Cole gerade im Begriff, das letzte Bankbuch in den Privatsafe Mr. Minutes zurückzustellen.
    »Es ist schon sehr spät«, meinte der Direktor, »und Sie haben noch nicht zu Abend gegessen.«
    »Das macht mir nichts aus«, entgegnete Jasper lachend.
    »Na, da sind Sie ja noch ein glücklicher junger Mann!«
    Als Jasper Cole auf die Straße trat, rief er ein vorüberfahrendes Taxi an.
    »Zum Charing-Cross-Bahnhof!«
    An seinem Ziel stieg er aus, ging aber nach einiger Zeit zum Stand zurück und winkte ein anderes Mietauto heran. »Victoria Dock Road«, sagte er leise.

5
    May Nuttall dachte eigentlich mit etwas gemischten Gefühlen an Frank. Sie hatte ihn gern, aber es war ihr unangenehm, seine Überlegenheit anerkennen zu müssen, da sie es nicht liebte, von anderen Menschen abhängig zu sein. Nun werden Frauen, die sich lange überlegen müssen, ob sie einen Mann lieben oder nicht, von ihren Zweifeln gewöhnlich durch die Entdeckung befreit, daß sie sich zu einem anderen Mann noch mehr hingezogen fühlen. Frank war ihr sympathisch, und sie hatte als Zeichen ihrer Zuneigung sogar einen kleinen Goldreif von ihm angenommen. Wenn sie sich dadurch auch nicht direkt verlobt hatte, so waren sie sich doch bedeutend nähergekommen und standen in bestem Einvernehmen miteinander. Und doch alarmierte sie der Gedanke an eine baldige Heirat. Freilich war sie erst einundzwanzig und noch nicht so erfahren und abgeklärt, daß sie genau wußte, was sie wollte.
    Sie saß beim Frühstück und grübelte über das Problem nach. Als sie Jasper Cole und Frank Merril miteinander verglich, fand sie zu ihrem nicht geringen Unbehagen, daß sie sich eigentlich mehr zu Jasper Cole hingezogen fühlte.
    Plötzlich erinnerte sie sich an einen Ausspruch Franks, der ihr jetzt beinahe prophetisch erschien.›Jasper ist eine faszinierende Persönlichkeit‹ hatte Frank gesagt,›das will ich durchaus nicht abstreiten. Auch ich stehe unter seinem Einfluß und mag ihn gern, obwohl mir eine innere Stimme sagt, daß er mein schlimmster Feind auf der Welt ist.‹ Wenn sie sich aber schon nicht über ihre Gefühle Frank gegenüber klarwerden konnte, so gelang ihr das noch weniger bei Jasper Cole. Es war etwas Unheimliches mit seiner Persönlichkeit verknüpft, und sie empfand fast eine geheime Angst vor ihm. Er hatte eine merkwürdige Gewalt über andere Menschen und schien alle Leute beeinflussen zu können, die mit ihm in Berührung kamen. Sie dachte daran, wie oft sie mit dem festen Entschluß in die Bibliothek gegangen war, ein für allemal mit ihm zu brechen, weil er sich stets in ihre Angelegenheiten mischte. Seit ihrem sechzehnten Jahr führte sie ihrem ›Adoptivonkel‹ den Haushalt, aber Jasper äußerte zuweilen, daß man sparsamer wirtschaften müsse. Er hatte immer etwas zu beanstanden, so daß es manchmal zu ernsten Zusammenstößen zwischen ihnen kam. Einmal hatte sie sich mit Freunden zu einem Ausflug an die Küste verabredet, aber Jasper, der ihren abwesenden Onkel vertrat, hatte ihr verboten, an der Partie teilzunehmen. War es Zufall gewesen, daß Frank Merril zu der Gesellschaft gehörte? Er hatte sich für diesen Nachmittag eigens freigenommen.
    Jasper hatte aber tatsächlich seinen Willen durchgesetzt, ja er hatte sie sogar zu überzeugen gewußt, daß er recht und sie unrecht hatte. Als sie ihm sagte, daß er ihr die Teilnahme nur Franks wegen verböte, hatte er ihr das ausgeredet. Seiner Ansicht nach durfte sie nicht mitfahren, weil auch zwei Chansonetten vom Variete eingeladen waren.
    May mußte an diesen Vorfall denken, als sie bei Tisch saß, und es kam ihr zum Bewußtsein, daß Jasper nie um Gründe verlegen war, wenn er etwas erreichen wollte. Merkwürdigerweise hatte er fast immer eine ihrer Meinung entgegengesetzte Anschauung.
    Aber eins rechnete sie ihm hoch an: Er sprach niemals schlecht über Frank.
    Sie wunderte sich, daß er sich in der verrufenen Gegend zeigte, in der sie ihn neulich gesehen hatte. Aber trotzdem betrachtete sie sein geheimnisvolles Erscheinen dort nicht als ein schlechtes Zeichen für seinen Charakter. Sie hielt es höchstens für exzentrisch und dachte kaum weiter darüber nach. Vielleicht war er in ähnlicher Weise wie sie selbst dort tätig. Weitere Neuigkeiten über ihn hatte sie von den Leuten, mit denen sie in Berührung kam, nicht gehört.
    Als sie das Frühstück halb beendet hatte, klingelte das Telefon. Am Apparat

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