0132 - Wir und der Raketenprofessor
die Hände aus.
»Vielleicht ist es auch gar kein Fisch, sondern ein Angler, der den Fisch fangen will«, meinte ich.
»Kann sein, aber bitte entschuldige mich jetzt. Ich muss in die Redaktion. Ich habe noch nichts für die Morgenausgabe getan.«
Während ich weiterfuhr, überlegte ich. Es gab also mächtige Leute, die nicht wollten, dass die Geschichte breitgetreten wurde. Ich fuhr die kurze Strecke bis zur Edgewoodstreet und sah schon von Weitem die lange Reihe von Wagen, die am Straßenrand parkten.
Als ich bremste und mir eine Lücke suchte, in die ich meinen Chrysler klemmen konnte,überholte mich ein Pontiac, der anscheinend dieselbe Absicht hatte, denn auch er verminderte sein Tempo. Als ich stoppte, hielt auch er, aber zu meinem Erstaunen blieben die beiden Männer sitzen, sie machten keine Anstalten, ihren Wagen zu verlassen.
Ich glaubte übrigens, diesem Pontiac schon einmal begegnet zu sein, als ich Enid Burns besuchte. Sollte es tatsächlich Leute geben, denen ich wichtig genug war, um mich zu beschatten? Leider konnte ich von meinem Platz aus die Nummer nicht erkennen und ich wollte mir auch nichts anmerken lassen. So ging ich erst einmal ins Haus.
Ein schwarzes Mädchen mit weißer Schürze und Häubchen nahm mir die Garderobe ab und öffnete eine Tür zur Rechten. Einen Augenblick blieb ich stehen und sah mich um. Es war die übliche Cocktailparty, und es ging bereits recht lebhaft zu. Jeder redete auf jeden ein, und niemand hörte zu. Die meisten standen herum und balancierten ihr Glas in der Rechten, während sie mit der Linken die Zigarette hielten.
Hinter der Bar stand ein Schwarzer und schwang einen großen Shaker.
»Hallo, Mister…Oh! Seien Sie mir nicht böse, ich vergaß Ihren Namen.«
»Decker, Phil Decker«, antwortete ich und sah dem blonden Wirbelwind, den ich bei Enid kennengelernt hatte, in die grünen Augen.
Sie schien in der kurzen Zeit, die sie hier sein konnte, bereits einiges getrunken zu haben. Mit einem Blick auf ihr leeres Glas drehte sie sich um und rief mit heller Stimme:
»Sam! -Wo ist denn dieser blöde Kerl? -Sam, gib mir noch einen Drink.«
Sie ging plötzlich davon in einen Nebenraum. Meine Existenz schien sie vergessen zu haben.
Ich lehnte mich gegen den Bartresen und fragte den Mixer, ob er mir einen Scotch auf Eis geben könne. Er nickte, hielt einen Augenblick in seiner Beschäftigung inne und machte mir das Gewünschte zurecht. Ich ließ die Eiswürfel im Glas klingeln und nahm einen ordentlichen Zug. Es tat verflixt gut.
Ich musterte die sehr gemischte Gesellschaft. Ungefähr ein Drittel waren Offiziere in Zivil, denen man ihren Job sofort ansah. Der Rest bestand aus Regierungsangestellten und Typen von Geschäftemachern und Schnüfflern aller Art, die hier entweder ein paar Drinks oder Informationen, vielleicht auch beides, suchten. Auch eine Anzahl weiblicher Gäste war vorhanden. Auf einen der wenigen Sitzgelegenheiten, einem Rokokosofa, das vielleicht sogar echt war, saß ein langer, dünner Mann mit einer randlosen Brille.
Er blickte missmutig in das Getümmel ringsum und umklammerte mit beiden Händen sein halb geleertes Glas. Plötzlich schien er aufzuwachen. Seine Augenbrauen zogen sich zusammen, und er rief:
»Shirley! Komm hierher!«
Enids blonde Freundin, die am Arm eines Offiziers hing und diesem verliebt in die Augen sah, machte sich los und kam mit unsicheren Schritten herüber. Sie winkte mir zu.
»Hallo, G-man!«
Dann setzte sie sich neben den Dünnen, der mir einen wütenden Blick zuwarf, und zirpte:
»Wie geht es dir, Darling? Hast du auch nicht zu viel getrunken?«
Er antwortete leise. Sie zog die Brauen hoch, lachte spöttisch, fasste ihn um die Schultern und sprach auf ihn ein. Ich hatte den Eindruck, dass die beiden ein Ehepaar waren, obwohl ich mir absolut nicht darüber klar werden konnte, was sie gemeinsam hatten.
»Mr. Decker?«, fragte ein Mann in meinem Rücken.
Ich sah mich um und blickte in das Gesicht eines Uniformträgers, den ich als Ordonnanz einschätzte.
»Ja, der bin ich.«
»Major Fowler möchte Sie sprechen.«
Er zeigte mir den Weg quer durch den Raum und öffnete die Tür zu einem Nebenzimmer. Der Hausherr saß, den Kopf in die Hand gestützt, vor seinem Schreibtisch. Neben sich hatte er eine Flasche Scotch, eine Schale mit Eis und zwei Gläser.
»Nehmen Sie Platz, Mr. Decker. Lamont hat Sie mir angekündigt. Wie gefällt Ihnen meine kleine Gesellschaft?«
»Genauso gut wie alle Cocktailpartys, die
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