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0133 - Der Mumienfürst

0133 - Der Mumienfürst

Titel: 0133 - Der Mumienfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Joachim von Koblinski
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umhängen. Nicole trug den Koffer, in dem sich Zamorras übrige Abwehrwaffen befanden. Denn es wäre immerhin möglich gewesen, daß diese Gegenstände nicht mehr da waren, wenn sie zurückkamen.
    Stundenlang streiften sie durch die Berge, wanderten durch enge Canyons und breite Schluchten, kletterten wie Gemsen über Geröllhalden, ruhten sich auf schmalen Plateaus aus, beobachteten einen Kondor und mehrere Adler und kamen endlich am Nachmittag zu ihrem Camp zurück. Nichts hatte sich verändert. Niemand war hier gewesen. Nichts fehlte. Alles machte einen friedlichen Eindruck.
    Doch Professor Zamorra ließ sich nicht täuschen. Solange Tage war, würde nichts geschehen. Das würde jedoch anders werden, wenn es dunkel geworden war. Er hatte die Warnung des Mumienfürsten mißachtet, war geblieben. Und das würde Konsequenzen haben.
    Irgendwie wunderte sich Zamorra, daß er überhaupt gewarnt worden war. Bisher war es, abgesehen von einigen Ausnahmen, immer so gewesen, daß seine mächtigen Gegner aus dem Schattenreich gar nicht daran gedacht hatten, ihm eine Chance zu geben.
    Als er mit Nicole über dieses Phänomen sprach, meinte sie: »Er wollte seine Macht demonstrieren und erwartete vielleicht, daß du sofort nach Urubamba zurückkehrst und den Leuten dort erzählst, was du erlebt hast. Damit sie noch mehr Angst bekommen und die Berge meiden.«
    Zamorra nickte. »Du bist doch wirklich ein kluges Kind. Vielleicht hast du recht! Und jetzt habe ich Hunger! Mach uns also etwas, ja? Danach worden wir uns ausruhen. Ein paar Stunden, bis die Nacht kommt!«
    Nicole seufzte. »Na gut, du Quälgeist!«
    ***
    Inez Ruiz hatte einen Apfel und etwas von dem Gebäck gegessen. Wenig später war sie in tiefen Schlaf gefallen. Sie merkte nicht, daß jene Mumie, die das Zwiegespräch mit Zamorra geführt hatte, an ihr Lager trat und sie lange musterte.
    Plötzlich hob die schauerliche Gestalt beide Arme, streckte sie vor und bewegte sie so, daß die Rechte über der Linken schwebte. Sekunden vergingen, dann plötzlich zerfiel die Kleidung des Mädchens zu Staub. Inez lag nackt vor der Mumie, die ihr nun einen telepathischen Befehl übermittelte.
    Inez Ruiz setzte sich aufrecht hin, kreuzte die Arme vor den vollen Brüsten, stand dann auf, blieb steif wie ein Brett stehen.
    Der nächste stumme Befehl erreichte ihr Hirn. Sie setzte sich in Bewegung, aber sie ging nicht, sondern schwebte hinter der Mumie her. Eine Tür, die vorher nicht zu sehen gewesen war, öffnete sich. Dicke Quadern schwangen zur Seite, ein Felsengang wurde sichtbar. Überall hingen Fackeln, warfen mit ihrem zuckenden Licht bizarre Schatten.
    Es war ein gespenstisch anmutendes Bild. Der Mumienfürst setzte Fuß vor Fuß. Bei jedem seiner Schritte knisterte es unheimlich. Und ihm folgte schwebend das hochgewachsene, nackte Mädchen. Inez’ Augen waren geschlossen. Die Lider bewegten sich nicht, zuckten nicht einmal.
    Sie passierten eine Art Saal. Der Boden war spiegelglatt, als wäre er abgeschliffen worden. Die Felswände waren blutigrot gestrichen und mit Zeichnungen verziert, ausschließlich Schlangen und Jaguare. Rechts erhob sich ein fast zwei Meter hoher Steinsockel, zu dem einige Stufen hinaufführten.
    Inez sah weder nach links noch nach rechts, ihre Augen blieben geschlossen.
    Die Mumie blieb plötzlich stehen. Das Mädchen hielt im gleichen Moment an, rührte sich nicht. Es blieb in der Schwebe.
    Sechs große Quadern schwangen zur Seite. Drei nach links, drei nach rechts. Der Mumienfürst setzte sich wieder in Bewegung. Inez Ruiz folgte.
    Fackeln wiesen den Weg. Es ging durch einen breiten Gang, dessen Wände golden leuchteten. Das Mädchen sah es nicht.
    Sie betraten ein riesiges Gewölbe. Inez Ruiz kannte es, obwohl sie noch niemals hier gewesen war. Weiter nördlich, in Machu Picchu, hatte man Zeichnungen gefunden. Von Künstlerhand farbig auf Pergament gemalt, Ansichten des Sonnentempels, den man bisher vergeblich gesucht hatte. Nun stand Inez in diesem weitläufigen und hohen Kuppelgewölbe, ohne es zu wissen. Denn sie sah und hörte noch immer nichts.
    Weit oben drang indirektes Licht in den Tempel. Den Himmel sah man nicht, das Sonnenlicht wurde durch steinerne Schächte und mit Hilfe von Goldplatten geführt.
    Mitten in dieser heiligen Halle stand ein breiter Altar aus Stein, der mit Edelsteinen förmlich zugedeckt war. Dazwischen sah man goldene Tierfiguren: Schlangen, Jaguare, Tiger. Neben dem Altar gab es eine breite Opferschale, groß genug,

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