0133 - Schiffe, Schätze, scharfe Schüsse
Decke, und durch den schmutzig-grünen Porzellanschirm fiel ein trübseliges Licht auf das Metallbett, auf dem ich lag. Das Fenster war weit offen und ließ herrliche Luft ins Zimmer, die die Klarheit des frühesten Morgens und den herben Duft des Meeres mit sich trug.
Ich setzte mich aufrecht, schwang die Beine über den Bettrand und sah Phil und Dr. Cresskül vor mir stehen. Ich trug einen Anzug, den ich nicht kannte.
Ich musste eine Miene machen, wie ein Sternbewohner, der aus Versehen auf die Erde fällt.
»Was ist denn los?«
Dr. Cresskill gab mir behände eine Injektion. Er tat es so gekonnt, dass ich kaum den Einstich der Nadel verspürte.
»Sie brauchen sich keine Sorgen machen. Sie sind gleich wieder auf dem Damm.«
»Was haben die denn mit mir angestellt in dem Laden?«, fragte ich.
»Ja, das wissen wir selbst nicht genau.« Phil reichte mir eine Zigarette. »Am besten, du erzählst mal, was du noch weißt.«
Ich kratzte mich hinterm Ohr.
»Was ich weiß? Nicht viel. Sie haben mich aus der Klinik herausgebracht. Ein Arzt im weißen Kittel, Dr. Larne nannte er sich, und zwei Helfer. Sie gaben mir eine Spritze, und als ich wieder erwachte, war es dunkel. Ich hatte eine Binde vor den Augen, die mir erst jetzt abgenommen wurde.«
»Das meinst du«, sagte Phil lachend. »Wenn es nicht um dein Leben gegangen wäre, handelte es sich um einen Riesenspaß, was du da aufgeführt hast.«
Ich sah Phil an. »Was soll das?«, brummte ich.
Er winkte ab. »Na, du wirst es gleich hören. Ich glaube, jetzt bin ich dran, zu erzählen. Es war ein Kinderspiel dem Krankenwagen zu folgen, der dich entführte. Sie fuhren vorsichtig, als hättest du wirklich einen gebrochenen Schädel, und ich war zunächst vergnügt darüber, dass unser Plan so gut anlief. Ich folgte dem Wagen immer in respektvollem Abstand. Wir fuhren am Hudson-River entlang durch Manhattan und Bronx hindurch. Dann bogen wir ab, durchquerten-Yonkers, Tuckahoe und Scarsdale. Dort in der Nähe liegt, auf einer breiten Waldlichtung versteckt, das ›Home of Peace‹, die Heimat des Friedens. Ich hatte drei Leute bei mir. Steamer, Dudley und Smith. Dudley pfiff nachdenklich durch die Zähne, als wir sahen, dass der Wagen, in dem du transportiert wurdest, in den Hof der ›Heimat des Friedens‹ einfuhr, und du dort entladen wurdest.«
»Kennen Sie das Haus?«, fragte ich Dudley.
»Kennen ist zuviel gesagt«, knurrte Dudley. »Vor ein paar Jahren hatte ich einen dicken Fäll, Rauschgiftsache. Die Spur führte hierher, aber es war leider nichts zu machen.«
»Was ist das für ein Laden?«, wollte ich von Dudley wissen, während ich den Wagen unter eine Baumgruppe lenkte, die uns Deckung gewähren sollte.
»Hm, da ist alles dran. Eine Entziehungsabteilung für Süchtige. Eine Abteilung für Lebensmüde, und ich fress’ einen Besen, wenn da nicht auch eine Abteilung für solche ist, die gar nicht lebensmüde sind und dennoch sterben sollen. Dann natürlich einige harmlose Narren für die Gartenarbeit, ein paar komplette Idioten… Das Ganze läuft irgendwie unter Wohltätigkeit. So was wie eine großzügige Stiftung. Aber unter diesem Mantel geschieht viel, was die Öffentlichkeit nie erfahren darf.«
»Aber weiter«, sagte Phil. Wir standen im Schutz der Bäume, und ich wurde das Gefühl nicht los, dass wir ziemlich in der Patsche saßen.
Ich beobachtete das Gebäude. Es war so weitläufig und verzweigt, dass selbst ein Mensch von mittlerer Intelligenz dazu in der Lage sein musste, einen Menschen darin unauffindbar zu verstecken. Sie hätten dich nur von Zimmer zu Zimmer tragen müssen, immer genügend weit vor uns her, und wir hätten dich ein Jahr lang suchen können.
Ich beschloss, mich offiziell anzumelden. Ich wollte mit Dudley zusammen eintreten,nach dem verschwundenen Mr. Steiner fragen, ich wollte andeuten, dass seine Fährte hier herführe. Wir wollten ein paar Räume besichtigen, wenn man es uns anbot, sonst nicht. Alles sollte nur den Anschein erwecken, dass wir die Suche im ›Home of Peace‹ aufgaben. Eine falsche Spur, weiter nichts, das kommt vor.
Inzwischen gab ich Großalarm und forderte von Mister High alle Männer an, die uns zur-Verfügung standen. Der Chef war verzweifelt über meinen Bericht. Er machte sich Vorwürfe, dass er uns diesen Plan nicht verboten hatte. Er forderte mich auf, mit der Klinik über die Herausgabe von Cotton zu verhandeln. Ich hatte es schwer, ihm das auszureden. Schließlich gab er nach.
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