0138 - Flucht in die Schädelwelt
magische Kreide«, schlug ich vor.
Suko hatte sich bereits auf den Weg gemacht. Er öffnete die Kofferraumhaube.
Ich schaute mich inzwischen um.
Von den Ratten waren nur noch die Skelette übriggeblieben.
Dicht neben meinem rechten Fuß lagen solche Knochen. Ich kickte sie über die Kante in den Abgrund. Den Aufprall hörte ich nicht, so tief war der Canyon. Dann drehte ich mich wieder zu Suko um.
Und da traf es mich wie ein Hammer!
Der Bentley und auch Suko lösten sich auf. Ich sah nur ein letztes Flimmern – dann nichts mehr.
Die beiden waren verschwunden!
***
Im ersten Augenblick war ich zu keiner Reaktion fähig, sondern starrte nur dorthin, wo auch der Bentley gestanden hatte. Die Reifenabdrücke waren noch zu sehen und auch die Spuren des Kampfes, mehr jedoch nicht.
In nahezu hilfloser Geste hob ich die Schultern. Ich begriff das einfach nicht. Warum war Suko verschwunden, weshalb hatte man mich nicht genommen?
Wollte Asmodina mich allein haben?
Höchstwahrscheinlich, und ich fragte mich auch, wohin sie Suko hatte schaffen lassen?
In eine andere Dimension vielleicht? Oder wieder in die normale Welt?
Für mich war es unmöglich, schnell eine Antwort zu finden, aber was sollte es? Ich mußte jetzt an mich denken und nicht an Suko.
Ich schaute mich um.
Niemand war zu sehen. Schweigen, düster und irgendwie drohend lag über diesem geheimnisvollen Land mit seinen kargen Ebenen, den Wüstenstrichen, den tiefen Canyons und dem seltsamen Himmel, der nie richtig hell, aber auch nicht richtig dunkel wurde.
Diese Welt war mehr als seltsam, und sie war gefährlich, wie ich am eigenen Leibe gespürt hatte.
Ein Geräusch schreckte mich auf.
Im ersten Augenblick wußte ich nicht, wo es aufgeklungen war, dann aber stellte ich fest, daß es aus den Tiefen des Knochencanyons heraufschallte.
Vorsichtig näherte ich mich dem Rand des kleinen Plateaus und schaute in die Schlucht.
Die Gebeine bewegten sich.
Sie gerieten in regelrechte Strömungen, wallten aufeinander zu, fielen übereinander und wurden hochgehoben. Es sah aus, als würden gewaltige Hände in dem Berg von Gebeinen und Totenschädeln herumwühlen. Wie Fußbälle sprangen die Totenschädel in die Höhe, fielen wieder zurück und wurden von neuem in die Luft geworfen.
Warum das alles?
Was war dort in Bewegung geraten? Irgend etwas mußte diese Wandlung zu bedeuten haben, auch in dieser Welt hier geschah nichts ohne Grund.
Ja, die Wandlung hatte etwas zu bedeuten. Auf der anderen Seite des Canyons war, von mir fast unbemerkt, etwas Unheimliches, Makabres entstanden.
Ein riesiger Totenschädel!
Ich stand einen Augenblick starr. Dieser Schädel war mir nicht unbekannt. Ich hatte ihn schon gesehen. Auf der Straße dicht bei London. Mit dem Wagen waren wir in ihn hineingerast.
Und nun stand er hier.
Mir lief ein Schauer über den Rücken.
Genau schaute ich ihn mir an. Da waren die riesigen Augenhöhlen, in deren Innern ich das mir schon bekannte rötliche Glosen entdeckte. Unter den leeren Augen und genau zwischen ihnen sah ich das klaffende Dreieck der Nase, doch am gewaltigsten und eindrucksvollsten war das Maul.
Wie der dunkle Eingang zu einem Bergwerk gähnte es mir entgegen, und ich glaubte die Kälte zu spüren, die von der Öffnung ausging und mich wie der Atem eines Riesen streifte.
Dieser Schädel strahlte eine fremde Bedrohung aus. Gleichzeitig wußte ich, daß sich in dem gewaltigen Totenkopf das Geheimnis dieser Welt verbarg.
Ja, so mußte es sein.
Und ich spürte das Locken, das von dem gebirgshohen Totenkopf ausging. Komm her, schien er zu sagen. Komm her…
Ich wäre zu ihm gegangen, doch mich trennte der tiefe Canyon mit seinen fahlen Gebeinen auf dem Grund. Die Schlucht konnte ich nicht überspringen, selbst mit einem guten Reitpferd hätte ich es nicht geschafft.
Was also tun?
Die Entscheidung wurde mir abgenommen. Der unsichtbare Lenker im Hintergrund nahm die Sache in die Hand. Er baute mir eine Brücke. Dies im wahrsten Sinne des Wortes.
Wieder wurden die Knochen auf dem Grund der Schlucht hochgewirbelt. Ich hörte das hohle Klappern, als die Gebeine gegeneinander schlugen und langsam nach oben schwebten.
Es war schon interessant, wie dies geschah. Diese Faszination nahm mich für einen Augenblick gefangen.
Knochenteile schwebten allen Gesetzen der Schwerkraft zum Trotz an den Canyonwänden hoch und formierten sich noch während ihres Flugs zu einem Steg.
Plötzlich klebten sie aneinander, bildeten einen
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