0138 - Flucht in die Schädelwelt
einen wirbelnden blauen Sog, der inmitten des rötlichen Schimmers genau auszumachen war.
Auf ihn rasten wir zu.
»Das wird noch lustig«, murmelte ich.
Es wurde nicht lustig, sondern verdammt schlimm. Kaum hatte der Sog meinen Wagen erfaßt, als er auch schon herumgeschleudert wurde, so daß ich das Gefühl hatte, in einer Zentrifuge zu hocken.
Ein mörderischer Wirbel packte uns. Gleichzeitig fiel der Bentley auch nach vorn ab, überschlug sich, und aus dem Kreisel wurde ein wirbelndes Chaos.
Wir waren angeschnallt, hielten uns aber trotzdem fest. Ich wußte schon längst nicht mehr, wo oben oder unten war, die Orientierung hatte ich verloren.
In meinem Kopf befand sich ein gewaltiges Räderwerk.
Unheimliche Kräfte zerrten an meinem Körper, wollten ihn zerreißen, ich schrie, bäumte mich im Gurt auf und mußte doch sitzenbleiben, ohne etwas unternehmen zu können.
Suko erging es ebenso.
Wir bewegten uns mit ungeheurer Geschwindigkeit auf den totalen Blackout zu.
Und der kam.
Blitzschnell und ohne Übergang.
Auf einmal merkte ich nichts mehr. Weder von den Drehungen, noch vom Kreisel.
Ich war einfach nicht mehr existent, so komisch sich das anhört, aber anders kann ich es nicht beschreiben.
Bis zu dem Zeitpunkt, als ich wieder erwachte. Und auch Suko neben mir schlug seine Augen auf.
Wir schauten uns an, blickten aus dem Fenster, sahen uns wieder an und hoben die Schultern.
Ratlosigkeit.
Und nichts mehr war von dem gewaltigen Schädel zu sehen.
Aber wir saßen noch im Wagen. Und der stand auf einer Felsplatte, direkt am Ende, wo es wenige Schritte weiter senkrecht in die Tiefe ging.
»Dann wollen wir mal«, sagte ich, löste den Gurt und stieg aus.
Sofort spürte ich die Wärme. Sie fiel ebenso auf wie das Licht. Es war nicht Tag und auch nicht Nacht. Es herrschte ein seltsames Zwielicht in dieser fremden Welt.
Auch Suko war ausgestiegen. Er blieb bei mir vor der Kante stehen und schaute in die Tiefe.
Unter uns befand sich ein mit Sand gefüllter Canyon. Wenigstens sah dies von hier oben so aus. Und der Sand lag nicht ruhig. Er bewegte sich, floß in eine Richtung wie ein Strom.
Minutenlang standen wir am Fleck und hingen unseren Gedanken nach, bis wir plötzlich ein jaulendes Geräusch hörten, das uns an irdischen Wind erinnerte.
Es war auch Wind.
Und wie, kann man nur sagen.
Urplötzlich wurden Suko und ich von einer Bö gepackt. Wir waren nicht darauf gefaßt. Ich sah noch, wie Suko die Arme hochriß und zu Boden geschleudert wurde, dann riß es auch mir die Beine weg.
Allerdings fiel ich nicht wie Suko nur zur Seite, sondern nach vorn. Genau auf den Abgrund zu!
Der Wind packte mich, zerrte mich hoch und schleuderte mich herum. Plötzlich hatten meine Beine keinen Halt mehr. Ich rutschte über die Kante.
In einer verzweifelten Bewegung warf ich beide Hände hoch und krallte mich an der Kante fest.
Der Sturm fauchte über mich hinweg. Er drang in den tief unter mir liegenden Canyon ein, wirbelte dort den Sand zu langen Fontänen hoch und trieb ihn als gewaltige Schleier quer durch die enge Schlucht. Der Boden wurde abgedeckt, der Canyon leergefegt.
Und ich hing an der Kante.
Auch ich merkte den Wind. Meine Beine schaukelten, verzweifelt klammerte ich mich fest. Das scharfe Gestein riß Wunden in meine Hände, ich mußte die Zähne zusammenbeißen und versuchte, mich mit einem Klimmzug hochzuziehen.
Es war unheimlich schwer.
Nur millimeterweise kam ich voran. Ich keuchte und hustete, denn der Sand wurde wie feiner Schnee zu mir hochgewirbelt und hüllte mich als gewaltige Wolke ein.
Dann hatte ich es geschafft.
Ich lag wieder auf der Felsplatte. Der Sturm allerdings war nicht abgeflaut. Er heulte und pfiff nach wie vor, trieb Berge von Sand vor sich her und hüllte auch den Bentley ein.
Ich kam mir vor wie beim Sandsturm in einer Wüste. Noch wärmer wurde es, atmen war kaum noch möglich, aber in meiner Lage bot ich dem Sturm zum Glück so gut wie keinen Widerstand.
Plötzlich sah ich eine Hand.
Sie gehörte Suko. Mein Partner hatte einen sicheren Platz gefunden. Er war unter den Bentley getaucht und winkte mir von dort aus zu.
Wenn auch ich unter dem schweren Wagen lag, war das die halbe Miete. Ich begann zu kriechen. Es wurde eine verdammte Plackerei, denn der Wind kam von vorn und trieb mir den Staub und den warmen Sand ins Gesicht. Beides stach wie Nadeln in meine Haut. Der Sand drang in jede Ritze. Er knirschte zwischen meinen Zähnen und scheuerte unter der
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