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014 - Das Haus der boesen Puppen

014 - Das Haus der boesen Puppen

Titel: 014 - Das Haus der boesen Puppen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Walker
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erneut auf die Wanderschaft, und allmählich wurden mir die Gänge und Passagen, die Stiegen und Hallen und Zimmer vertraut. Ich ging nicht mehr ziellos umher, sondern begann systematisch jeden einzelnen Raum zu untersuchen. Es gab nur wenig zu sehen. Der überwiegende Teil der Räume war leer, in vielen standen alte Möbel. Manche wirkten modrig und verstaubt, als wäre seit Jahren niemand mehr drin gewesen.
    Ein Hungergefühl machte sich bemerkbar.
    Entmutigt kehrte ich in meine Kammer zurück. Zur Flucht musste sich ein besserer Augenblick finden. Die Nacht vielleicht.
    Mein rechtes Bein juckte an der Wade, und ich sah nach unten und entdeckte eine Spur von Blut an der Hose. Rasch schob ich das Hosenbein hoch und bemerkte vier winzige Einstichnarben und die blau unterlaufenen Abdrücke von kleinen Zähnen.
    Mit einem Schlag kam die Erinnerung an den Vorabend zurück. Die Puppen. Die Zigeunerin … Alles wirkte aber mehr wie ein Traum. Da war dieses irrationale Gefühl der Liebe und die Vertraulichkeit. Sie hatte mich Karlie genannt und geküsst.
    Konnte es sein, dass sie eine wesentliche Rolle in meiner Vergangenheit gespielt hatte? So unwahrscheinlich es mir auch schien, es musste wohl so sein.
    Ich verfluchte meinen leeren Schädel wie schon tausendmal zuvor während dieser sechs Monate. Doch vielleicht konnte ich hier endlich etwas über meine Vergangenheit erfahren.
    Die Erinnerung an das seltsame Verhalten der Frau hatte die nagende Furcht verwischt. Ich fühlte mich zwar nicht unbedingt sicher – aber auch nicht mehr bedroht.
    Als ich in die Kammer zurückkam, stand Essen auf dem Tisch, das ich hungrig hinunterschlang.
     

     
    Eine der Puppen, ein Mädchen mit blonden Locken, stand plötzlich in der Tür und sah mich stumm an.
    Ich nickte ihr zu und sagte: »Kommst du nicht rein?«
    Sie gab keine Antwort.
    »Wo ist deine …«, setzte ich an, aber ich wusste nicht, wie ich es nennen sollte. Meisterin? Herrin? Oder einfach Frau? Alles klang unbefriedigend. Ich wusste nicht einmal ihren Namen.
    Die Kleine winkte mir, zu folgen, und verschwand. Ich erhob mich und eilte hinter ihr her. Am Ende des Korridors wartete sie auf mich.
    Sie berührte die Wand mit ihren harten Plastikfingern. Es gab ein schabendes Geräusch, das mich schaudern ließ. Die Anwesenheit der Puppe schien die alte Nervosität in mir neu zu wecken, die Angst vor dem Unheimlichen, Unerklärlichen.
    Eine Tür öffnete sich, die vorher nicht da gewesen war, und gab den Weg in einen dunklen Gang frei.
    Die Puppe streckte ihre Hand aus, griff nach der meinen, und ich ließ sie gewähren. Ich hätte selbst den Weg in der Finsternis niemals gefunden. Die Tür fiel zu. Absolute Schwärze umgab uns.
    Mein Unbehagen wurde durch die Berührung der Puppenhand noch verstärkt.
    Im nächsten Augenblick stach etwas in meinen Arm. Mit einer wilden Bewegung versuchte ich die Puppe abzuschütteln, aber das vergrößerte nur den Schmerz. Ich verfluchte mein Vertrauen. Dann gaben mich die harten Lippen und die spitzen Zähne frei.
    Ich schleuderte das kleine Luder zur Seite. Das Geräusch von Plastik auf Stein gab mir einen Moment das Gefühl der Befriedigung. Dann spürte ich, wie meine Sinne sich trübten, wie die Realität zum Traum wurde.
    Meine Wut, mein Widerstand schmolzen. Ich war dankbar, als gleich darauf die Puppenhand wieder nach meiner Griff und meine kleine Freundin mich durch die Dunkelheit geleitete.
    Es ging endlose Stufen nach unten, und wenn ich stolperte oder taumelte, hielt die Hand mich fest.
    Schließlich wurde es hell. Kerzen und Öllampen brannten ringsherum. Wir traten in einen düsteren Raum, der mit seltsamen Dingen vollgestopft war. Es roch nach Wachs und Öl und nach allerlei Kräutern. Getrocknete Pflanzen hingen an Schnüren im Hintergrund über einem großen Regal, auf dem sich Gefäß an Gefäß mit altertümlichen Aufschriften reihte. Wermüde, Pappel, Mater, Pestwurz. In einem Kamin brannte ein Feuer.
    Auf einem Tisch lagen eine Reihe roh geformter Wachspüppchen, nicht größer als meine Faust.
    Die Puppe ließ mich los und verschwand.
    Neugierig trat ich an den Tisch und betrachtete die Figuren.
    Einige der unproportionierten Körper waren mit Stofffetzen verhüllt. Deutlich unterscheidbar waren weibliche und männliche Figuren an den winzigen, grob gekneteten Brüsten.
    Daneben lag ein Kleiderbündel, das mir bekannt vorkam. Aber es war so schwierig, nachzudenken, beinahe unmöglich, sich zu konzentrieren. Auch war es

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