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014 - Das Haus der boesen Puppen

014 - Das Haus der boesen Puppen

Titel: 014 - Das Haus der boesen Puppen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Walker
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bedeutungslos.
    »Karlie.«
    Die Frau kam herein und umarmte mich. »Sag mir, wie du geschlafen hast.«
    »Gut«, sagte ich automatisch. »Tief.«
    »Fein. Wie fühlst du dich?«
    »Wie im Traum«, antwortete ich.
    Sie sah nicht anders aus als am Vorabend. Sie betrachtete mich liebevoll und mitleidig.
    »Gib mir einen Kuss«, sagte sie.
    Ich tat es ohne Zögern.
    »Guter Junge«, murmelte sie und strich mir übers Haar, wobei sie mich forschend ansah.
    Ich mochte es nicht, dass mir jemand übers Haar strich; ich hatte es nie gemocht. Aber ich machte keine Geste der Abwehr.
    Sie nickte befriedigt.
    »Könntest du nur immer so bleiben«, seufzte sie.
    Ich verstand nicht, was sie meinte. Wie war ich?
    »Aber diesmal wird es leichter sein. Ich verspreche es dir«, fuhr sie fort.
    Wovon sprach sie nur?
    »Setz dich!«
    Wie ein kleiner, folgsamer Junge gehorchte ich ihr.
    »Erinnerst du dich noch immer an nichts? An gar nichts?«
    Ich schüttelte verneinend den Kopf.
    »Und wer ich bin – weißt du auch noch nicht?«
    Auch das verneinte ich.
    »Was spürst du jetzt?« fragte sie mit plötzlicher Eindringlichkeit.
    Ich versuchte die vagen Gefühle in mir zu deuten. Nichts berührte mich wirklich.
    »Ich bin verwirrt«, murmelte ich.
    »Ich weiß, mein Junge«, erwiderte sie. »Aber abgesehen von dieser Verwirrung – tiefer innen, ist da noch ein anderes Gefühl?«
    Ich lauschte tiefer in mich hinein, versuchte das Chaos zu durchdringen. Nichts. Leere. Oder? Doch, da war etwas!
    »Hunger«, flüsterte ich.
    Undeutlich sah ich sie nicken.
    »Heute werde ich dafür sorgen, dass du satt wirst«, sagte sie bestimmt.
    Ich wusste nicht, was sie meinte, aber ihre Worte klangen beruhigend. Es war einfach, nicht denken zu brauchen geleitet zu werden.
    »Sieh in den Spiegel«, verlangte sie und deutete auf die gegenüberliegende Wand.
    Ich erhob mich und stellte mich davor. Mein Spiegelbild erschien mir ein wenig unscharf, aber die ganze Umwelt war unscharf – ohne Konturen.
    Sie beobachtete mich. »Wir haben noch Zeit. Komm, setz dich! Hab keine Furcht, ich werde bei dir sein, wenn es beginnt.«
    Eine der Puppen trat ein. Lautlos. Dennoch drehte sich die Frau sofort um.
    »Ah, Thaja, mein kleiner Liebling. Was hast du mir zu sagen?«
    Die Kleine blieb stumm, aber die Frau nickte nach einem Augenblick nachdenklich. »Soso. Sie hat uns also gefunden. Dann wird es ihr nicht besser gehen als ihrem Mann. Es wäre ein großer Fehler, sie am Leben zu lassen, meinst du nicht auch, mein Junge? Du wärest keine Sekunde mehr sicher. Das darf nie und nimmer geschehen.«
    Ich nickte unbewusst. Da war dieser liebende Blick wieder, mit dem sie mich ansah. Sie hatte recht.
    Sie wandte sich an die Puppe: »Fangt sie mir! Ich werde sie euch aufspüren. Und schont eure süßen Zähnchen nicht!«
    Die Kleine verschwand. Entspannt sah ich den seltsamen Vorbereitungen der Frau zu. Zuerst wählte sie eine der Wachspuppen aus eine weibliche. Dann nahm sie das Kleiderbündel und breitete es aus. Es war ein hellgrünes Kleid, das mir bekannt vorkam.
    »Sind sie nicht geschickt, meine kleinen Lieblinge?« fragte sie. »Erkennst du es wieder?«
    Sie wartete nicht, bis ich antwortete, sondern fuhr fort:
    »Das ist eines von Frau Gilberts Kleidern. Sie holten es aus deiner Wohnung. Erinnerst du dich an Frau Gilbert?«
    »Ja«, sagte ich. »Ich erinnere mich an sie.«
    »Was bedeutet sie dir?«
    »Sie ist schön«, antwortete ich ohne Überlegung.
    »Sie weiß zuviel«, erklärte sie. »Sie hat dieses Haus gefunden. Sie weiß, dass du hier bist. Sie ist draußen im Wald. Bald wird sie alles sehen und wissen. Deshalb muss sie sterben.«
    Ich gab keine Antwort. Ich wartete, dass sie weiter sprach.
    »Meine kleinen Lieblinge haben sie aus den Augen verloren, aber das hier wird sie aufspüren.« Sie deutete auf die Puppe.
    Während ich ihr gleichgültig zusah, schnitt sie ein Stück Stoff aus dem Kleid Carlottas und hüllte die Puppe darin ein. Dann schritt sie zu dem Regal und nahm eine Handvoll graues Pulver aus einer der Schalen. Auf dem Rückweg ergriff sie die Kerze und stellte sie auf den Tisch. Schließlich setzte sie sich neben mich und streute ein wenig von dem Pulver über die Kerzenflamme. Es verbrannte zischend, und schwer duftender Rauch verbreitete sich im Raum. Mehrmals wiederholte sie die Prozedur, während ihr Gesicht immer angespannter aussah. In ihren Augen loderte ein inneres Feuer. Ihre Lippen bewegten sich lautlos, als redete sie beschwörend

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