0143 - Die Schöne aus dem Totenreich
hatte, wo auch das Herz sitzt. Die Wunde blutete kaum, aber viel Chancen gab ich dem Atlanter trotzdem nicht.
Auch Kara hatte gesehen, was mit ihrem Gefährten geschehen war. Sie sah ihn am Boden liegen, schrie klagend auf und warf sich über ihn.
»Haro… Haro …«
Die Worte drangen stotternd über ihre Lippen. Ich sah Schmerz und Trauer auf ihrem Gesicht, konnte ihr aber nicht helfen, denn der lautlose Tod war bereits wieder unterwegs.
Diesmal sirrte er dicht über meinen Kopf hinweg und hieb in die Seitenwand des Gewürzständers. Das ganze Regal erzitterte, einige kleine Dosen kippten zu Boden.
Hier lagen wir schlecht. Da der letzte Schuß abermals aus einer anderen Richtung gekommen war, stand für mich fest, daß wir es mindestens mit drei Gegnern zu tun hatten.
Wenn nicht mit noch mehreren.
Ich robbte weg.
Auch Myxin war bereits verschwunden. Er hatte einen anderen Weg genommen.
Schräg peilte ich zu den Spiegeln.
Da sah ich einen Todesengel. Er hatte bereits einen Pfeil angelegt und spannte den Bogen.
Allerdings zielte er nicht in meine Richtung, sondern schräg an mir vorbei.
Er hatte ein anderes Ziel im Visier.
Myxin?
Egal, ich wollte diesen weiblichen Dämon nicht zum Schuß kommen lassen.
Blitzartig schnellte ich hoch, zielte und schoß.
Laut krachte der Schuß. Er traf den Todesengel genau in dem Augenblick, als dieser abdrücken wollte.
Die Silberkugel riß ihn herum. Er ließ die Sehne zwar noch los, doch der Pfeil hieb in die Decke. Der Todesengel selbst brach zusammen. Die Verkaufstheken entzogen ihn meinen Blicken. Ich sah nur noch eine grüne Qualmwolke hochquellen.
Einer weniger!
Doch wo steckten die anderen.
»Danke, John!« hörte ich Myxins Stimme.
Also hatte der Todesengel auf den kleinen Magier gezielt.
Ich gab keine Antwort, denn ich wollte auf keinen Fall meinen Standort verraten. Geduckt huschte ich weiter.
Ich hatte ein aufgebautes Karree gesehen, das mit Ginflaschen gefüllt war. Sie wurden im Sonderangebot verkauft. Dort konnte ich eine gute Deckung finden.
Ich erreichte den Platz unbeschadet. Er war sogar so günstig, daß schräg über mir ein Spiegel hing, in den ich blicken konnte und somit die unmittelbare Umgebung gut im Auge behielt.
Von den Todesengeln sah ich nichts.
Dafür aber Myxin.
Wie ein Schatten wischte er durch die schmalen Gänge. Er lief dorthin, wo ich hergekommen war.
Dann war Myxin verschwunden.
Aber wo steckten die Todesengel?
Verräterische Geräusche hörte ich nicht. Es war eine unheilvolle Stille, die aber dann durch ein schlimmes Röcheln unterbrochen wurde.
Das mußte Haro sein.
Mein Magen zog sich zusammen, als ich das Geräusch hörte. Ich vernahm auch eine flüsternde Stimme. Wahrscheinlich sprach Kara mit dem Schwerverletzten, allerdings konnte ich nicht verstehen, was sie sagte. Wenn Haro starb, konnte ihn niemand retten, denn Kara hatte den Trank noch nicht bekommen. Vielleicht hätte er ihm geholfen. So aber mußten wir abwarten.
Fünfzehn Sekunden vergingen.
Nichts rührte sich.
Gemächlich trieben die grünlichen Schwaden durch den großen Verkaufsraum. Sie stanken nach Schwefel. Dieser Höllengeruch reizte meine Nase, ich hatte Mühe ein Niesen zu unterdrücken.
Plötzlich fiel etwas zu Boden.
Dieses Geräusch war hinter mir aufgeklungen und warnte mich.
Ich zuckte gedankenschnell herum. Mein Arm mit der Waffe führ hoch, aber da war nichts.
Im gleichen Augenblick schrillten meine Sinne Alarm. Ich war auf einen Trick hereingefallen.
Blitzschnell wirbelte ich herum!
Ja, sie konnten fliegen, diese verdammten Todesengel. Und einer schwebte genau über mir, hatte den Bogen gespannt, einen Pfeil aufgelegt und zielte auf mich.
Jetzt ließ er die Sehne los.
Ich kam nicht mehr dazu, abzudrücken, denn der verdammte Pfeil war schneller.
Er würde genau meine Brust treffen!
***
Und er traf!
Ich hatte keine Chance mehr, auszuweichen. Ich sah den Pfeil wie ein Schemen, dazu das teuflisch schöne Gesicht des Todesengel und spürte einen Sekundenbruchteil später den ungeheuer harten Aufprall.
Ich wurde zurückgestoßen, wartete auf den Schmerz, der alles zerfraß und mich in das Reich des Todes riß, doch er trat nicht ein.
Zwar schmerzte mir die Brust, aber ich konnte mich bewegen. Und das sogar ziemlich gut.
Auch der Todesengel war überrascht, daß ich nicht tot am Boden lag. Ich nutzte die Zeit aus, hob den rechten Arm, zielte kurz und feuerte.
Wieder peitschte das Echo des Schusses durch den
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